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Loretta Chase

Loretta Chase

Titel: Loretta Chase
Autoren: Eine verführerisch unnahbare Lady
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mir
leid, Sir«, sagte sein treuer Diener. »Ich hatte alles mit Mrs. Tyler
abgesprochen. Sie hat sich ein paar Botengänge für den Jungen ausgedacht, worum
ich sie gebeten hatte. Nachdem er den Hund abgeliefert hätte, sollte er die
Sachen erledigen, damit wir ihn von Lithby Hall wegbekämen und dort nicht
unnötig für Aufsehen sorgten. Aber er ist nie am vereinbarten Oil aufgetaucht.
Immer wieder bin ich die Strecke zwischen Beechwood und Altrincham abgegangen.
Überall habe ich ihn gesucht. Dann hieß es, er sei noch auf Lord Lithbys
Anwesen. Keine Ahnung, ob der Junge Wind von der Sache bekommen hat oder was
los war, aber solange er noch dort war, konnte ich ihn mir ja schlecht
schnappen, oder? Soll ich es morgen erneut versuchen, Sir?«
    »Nein«,
erwiderte Colonel Morrell. »Dazu ist es jetzt zu spät.«
    Nachdem Mr.
Carsington fort war, ging Charlotte noch einmal hinauf in das Zimmer ihres
Sohnes. Sie hatte ihm zwar schon einen Gutenachtkuss gegeben, doch zog es sie
abermals zu ihm.
    Obwohl die
Kerze längst gelöscht war, sah sie im hellen Mondschein deutlich sein Gesicht.
Sein blaues Auge hob sich dunkel von der blassen Haut ab.
    Sie beugte
sich über ihn und strich ihm sanft über die Stirn. Eine Träne rann ihr über die Wange.
Sie wollte nicht mehr weinen, aber sie konnte nicht anders. Zehn Jahre der Tränen
hatten sich in ihr angestaut, und wie es schien, hatte sie noch genügend auf Vorrat.
Die Träne fiel auf seine Wange, und im Schlaf hob er die Hand, um sie beiseitezuwischen.
Dann wachte er blinzelnd auf.
    »Tut mir
leid«, flüsterte sie. »Ich wollte dich nicht wecken.«
    »Schon
gut«, murmelte er. »Nicht weinen.«
    »Normalerweise
weine ich nicht andauernd«, versicherte sie ihm. »Du brauchst keine Angst
zu haben, dass ich immer so aus der Fassung gerate.«
    »Mr.
Carsington meinte, Sie wären von Ihren Gefühlen überwältigt«, sagte er.
    »Ja«,
sagte sie. »Ja, das bin ich.«
    Der Junge
stützte sich auf die Ellenbogen. »Sie schreien aber nicht herum«, sagte
er.
    »Das gefällt
mir. So eine Mutter habe ich mir immer gewünscht.«
    »Du
zweifelst also nicht mehr«, stellte sie fest. »Ich bin wirklich deine
Mutter.«
    Er nickte.
»Ich weiß. Es tut mir leid, dass ich erst gelacht habe. Ich hoffe, ich habe Ihre
Gefühle nicht verletzt.«
    »Meine
Gefühle«, sagte sie fassungslos. »Oh, Pip.«
    »Nicht
weinen«, bat er.
    »Ich werde
es versuchen«, versprach sie. »Ich bin einfach so froh, dass ich dich gefunden
habe. Und es tut mir so leid, dich jemals fortgegeben zu haben.«
    Eine ganze
Weile sah er sie schweigend an. Dann fragte er: »Warum? Warum haben Sie mich
nicht behalten? War es wegen meiner Augen?«
    Warum. Die
Frage, vor der ihr gegraut hatte. Die Frage nun tatsächlich zu hören, schmerzte
sie gar noch mehr als erwartet. Es war noch schlimmer, als ihrem Vater die
Wahrheit zu sagen.
    Sie wusste
nicht, wie sie darauf am besten antworten sollte, aber sie würde es versuchen.
    »Damen, die
nicht verheiratet sind, sollten keine Kinder bekommen«, begann sie.
    »Als ich
dann doch eines bekam, hatte ich Angst vor den Schwierigkeiten, die ich allen
bereiten würde. Man wäre furchtbar enttäuscht von mir gewesen, verletzt und ...«
    »Es wäre
viel geweint worden«, schloss er.
    »Ja«,
sagte sie. »Es war kein guter Grund, Pip, das weiß ich. Danach habe ich es sehr bedauert, dich
fortgegeben zu haben, und ich war lange Zeit sehr krank.«
    »Aber Sie
sind nicht gestorben«, stellte er fest. »Ich bin froh, dass Sie nicht
gestorben sind.«
    Weil sie
nicht schon wieder weinen wollte, strich sie ihm zumindest das Haar aus der Stirn. Das
wenigstens war ihr erlaubt. »Nein, ich bin nicht gestorben«, sagte sie.
»Und als es mir wieder gut ging und ich mir wünschte, dich nie weggegeben zu
haben, warst du schon längst bei Mr. und Mrs. Ogden und gehörtest zu ihnen.
Selbst wenn ich es gewagt hätte, dich zu mir zu nehmen, wäre es nicht nett
gewesen, dich ihnen fortzunehmen. Du warst nun ihr Kind, und sie liebten dich
sehr. Ich dachte mir, dass du es bei ihnen besser hast. Ich wünschte, ich hätte
vieles anders gemacht, mein Lieber. Ich wünschte, ich wäre mutiger gewesen.
Aber ich war es nicht.« Er überlegte eine Weile. »Weiß nicht«, meinte
er dann. »Ich kann mich nicht mehr daran erinnern, wie es war, als ich ganz
klein war. Ich kann mich kaum noch an meinen Vater und meine
Mutter erinnern – also, ich meine, an meine anderen Eltern. Aber an Mr. Welton
erinnere ich mich. Bei dem
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