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London

London

Titel: London
Autoren: Edward Rutherfurd
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neun von dem großen Brand in der Brauerei nach Hause kam, sagte Jenny ihm noch nichts von Maisie. »Er war die ganze Nacht draußen. Laß ihn schlafen«, hatte Herbert beharrt. Daher teilten die beiden Brüder ihren Kummer erst abends.
    Als Helen Meredith nach Hause kam, stand ihr ein großer Schock bevor. Das Haus in Eaton Terrace war von einer Sprengbombe völlig zerstört worden. Ein Blick darauf sagte ihr, daß darin niemand überlebt haben konnte. Sie stand immer noch vor der Ruine, unfähig zu begreifen, was geschehen war, als ihre Mutter um die Ecke bog. »Es ist eigenartig«, erklärte Violet. »Plötzlich hatte ich dieses seltsame Gefühl, daß ich in Gefahr war, deswegen bin ich in den Schutzraum der U-Bahn am Sloane Square gegangen. Ich muß sagen, man könnte das zusammengepfercht nennen da unten. Aber habe ich nicht Glück gehabt?« Sie sah strahlend auf die verkohlten Reste ihres Hauses.
    Bis vor kurzem hatte es beim Militär für besondere Tapferkeit das berühmte Viktoriakreuz gegeben, aber keine entsprechende Ehrung für Zivilpersonen. Das wurde nun durch die Einführung des Georgskreuzes und der Georgsmedaille geändert. Wenn es je irgendwelche Zweifel am Mut der Freiwilligen Hilfsfeuerwehr während des Blitzkrieges gegeben hatte, wurden diese nun gründlich ausgeräumt, als eine Reihe von Feuerwehrmännern das Georgskreuz verliehen bekamen. Einer davon, auf persönliche Empfehlung von Admiral Barnikel, war Charlie Dogget.
    Für Charlie war es eher peinlich. Obwohl er viele Male einen Orden verdient hatte, wußte er, daß es diesmal unverdient war. Aber was sollte er sagen? Sogar Silversleeves, der sich an die Augenblicke vor der Explosion nicht erinnerte, hatte darauf bestanden, ihn persönlich aufzusuchen und ihm zu danken. Und er bekam einen Brief von seiner Tante Jenny, die es in der Zeitung gelesen hatte. Aus Neugierde war er noch einmal an die Stelle gegangen, aber es gab keine Spur von Gold. Die römischen Münzen, die er hatte, bewahrte er in einer kleinen Schachtel auf und gab sie später seinem Sohn.

DER FLUSS
1997
    SIR EUGENE PERCY, Präsident der mächtigen Penny Versicherungsgesellschaft, Mitglied von einem Dutzend Ausschüssen und Alderman von London, fühlte sich sehr tugendhaft. Seine Familie hatte wenige Besitztümer mehr in Ehren gehalten als die Sammlung von Flußlandschaften, darunter einige von Monet, die sein Vater gleich nach dem Zweiten Weltkrieg aus dem Besitz des letzten Lord St. James gekauft hatte. Und heute hatte er sie alle hergeschenkt.
    Das Problem, wenn man Mitglied in wohltätigen Einrichtungen war, dachte er, lag darin, daß man früher oder später immer sein eigenes Geld hineinsteckte. Als Mitglied im Kuratorium der Tate Gallery war es unmöglich, sich nicht für ihre Pläne zu begeistern, sowohl für das ursprüngliche Museum für moderne Kunst in seinem hübschen klassizistischen Bau am Fluß als auch für die weitläufige neue Galerie, die man im ehemaligen Kraftwerk Bankside Power Station am Südufer des Flusses, gleich neben dem rekonstruierten Globe Theatre, zu eröffnen plante. Nachdem ein anderes Kuratoriumsmitglied angedeutet hatte, daß diese Monets wirklich einem größeren Publikum zugänglich gemacht werden sollten, hatte er sich verpflichtet gefühlt zuzustimmen. Heute vormittag hatte er sie dem Museum überschrieben, danach war er in der nahe gelegenen ChelseaBlumenschau, speiste in seinem Club und suchte seinen Schneider Tom Brown auf. Er war ausgezeichneter Laune, als er an diesem Nachmittag zu seinem Besuch in einem Museum am Fluß kam.
    In den letzten Jahren hatte er begonnen, sich für das Museum of London zu interessieren. Ursprung war eine Ausstellung des Museums über die Hugenotten. Da Penny selbst von Hugenotten abstammte, hatte er immer ziemlich viel über die französische Gemeinde gewußt, die immer noch ihre eigenen Vereinigungen und Wohltätigkeitseinrichtungen hatte. Drei Viertel aller Briten hatten irgendwo hugenottische Vorfahren. Aber die Ausstellung war eine Offenbarung für ihn: Seidenweber und Generäle, Künstler, Uhrmacher, berühmte Juweliere wie die Agnews, Firmen wie seine eigene – die Ausstellungsstücke enthüllten die hugenottische Herkunft vieler Konzerne, die man für absolut britisch hielt. Später besuchte er eine andere Ausstellung, insgeheim in der Hoffnung, noch mehr Zeugnisse für hugenottischen Genius zu finden. »Die Besiedlung von London« war eine weitere Überraschung.
    »Ich dachte, ich wüßte etwas
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