Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
London Hades

London Hades

Titel: London Hades
Autoren: Stefanie Dettmers
Vom Netzwerk:
ber – einem anderen Mann mit rotblondem Haar, der sicher einige Jahre ä lter war. » Wen schicken sie nach Tyburn ? « , fragte er diesen.
    Frances wollte von Leuten, die sich zu Exekutionen verabredeten, weder gerettet noch angefasst werden. Eben erst hatte das schwei ß getr ä nkte Innere der Mietdroschke sie auf diese unm ö glich gro ß e Stra ß e gespuckt, und sie wusste nur aus den vagen Andeutungen des Kutschers, wo sie sich ü berhaupt befand. Um sie herum brandete der Verkehr wie Wellen eines absurden Flusses gegen seine Begrenzung aus H ä userschluchten – Hackneykutschen, Equipagen, Ochsenkarren und die allgegenw ä rtigen S ä nftentr ä ger, die fluchten, als w ä re der Leibhaftige hinter ihnen her, dazu Fu ß g ä nger, Stra ß enh ä ndler, Ausrufer und zu allem Ü berfluss noch solche Leute!
    » Ich h ö rte, es w ä ren sechzehn M ä nner und vier Frauen. Darunter auch Molly Diver « , sagte der ä ltere Mann.
    » Vergiss es. Sie tut mir leid. Wegen dreizehn Shilling und einem halben Penny am Galgen zu enden. «
    » Henri, so ist das Gesetz. «
    Der junge Mann schnaubte und lockerte endlich seinen Griff. Frances nutzte sofort die Gelegenheit, um seiner parf ü mierten Gegenwart zu entkommen. Schwungvoll warf sie sich herum, ihr Arm entglitt der Hand des Fremden, aber seine Finger verhakten sich in ihrem Cape. Sie prallte zur ü ck wie ein Hund an der Kette. Die ungewohnt hohen Abs ä tze ihrer Schuhe kosteten sie erneut das Gleichgewicht. Ihre Arme ruderten haltlos durch die Luft, und erst im letzten Moment sp ü rte sie eine Hand, die von hinten den Kragen ihres neuen, eigens auf ihre Gr öß e abge ä nderten Seidenkleides packte. In ihrem R ü cken knackte die Mittelnaht. Sie kniff die Augen zusammen.
    Allmächtiger Gott! Lass es nicht zerrissen sein!
    Hilfsbereite H ä nde griffen ihr unter die Achseln und stellten sie wieder auf die F üß e.
    » Diese Abs ä tze werden mir noch den Hals brechen « , murmelte sie und sah besch ä mt an sich herab.
    Etwas Unaussprechliches hatte den hinteren Saum ihres Kleides br ä unlich eingef ä rbt.
    Der junge Mann, der sie nun schon zum zweiten Mal vor einem Fall bewahrt hatte, b ü ckte sich nach dem h ö lzernen Spazierstock, den er dabei fallen gelassen hatte. » Geben Sie auf sich Acht, Mademoiselle « , sagte er. Sein Akzent klang gek ü nstelt und falsch, wahrscheinlich war er kaum drei Schritte von diesem Ort geboren worden und versuchte blo ß , gebildet zu klingen. Er trug auch keine Per ü cke, sondern seine eigenen hellbraunen Haare zu einem Zopf am Hinterkopf gebunden, und sein kastanienbrauner Anzug wirkte bereits ein wenig abgetragen.
    Sie brauchte seine Belehrungen nicht. Gro ß vater hatte ihr vor ihrer Abreise genug anschauliche Warnungen angedeihen lassen.
    Sie ordnete ihre R ö cke und blickte die Stra ß e hinunter. Nichts als Vorbeihetzende, deren Gesch ä ftigkeit sie daran hinderte, von ihr Notiz zu nehmen. Nun, vielleicht konnte sie aus der unangenehmen Bekanntschaft ihres Retters und seines Gespr ä chspartners wenigstens einen Nutzen ziehen. » Bull Inn Court ? « , fragte sie.
    Die beiden M ä nner sahen sie an, als w ü rden sie dar ü ber nachsinnen, wie sie sie am schnellsten in einen dunklen Winkel zerren konnten. Der Ä ltere stemmte die H ä nde in die H ü ften. » Was haben Sie dort zu schaffen? «
    Er ü berragte sie um mehr als einen Kopf. Frances sp ü rte, wie sie unter dem Blick des dunkel gekleideten Mannes zusammenschmolz. Die Schultercapes seines Great Coats schienen ihn auf das Doppelte auszupolstern. » Ich … ich habe einen Brief von meiner Mutter « , stammelte sie. » Er …« Was ging ihn das an? Sie schnappte nach Luft, dann l ü pfte sie ihre R ö cke, um an den beiden vorbeizutreten. Sie w ü rde die Stra ß e auch alleine finden.
    » Halten Sie sich bei der f ü nften Abzweigung rechts. «
    Frances drehte sich halb um und sah, dass der junge Mann ihr hinterherblickte. Seine Augen raubten ihr kurz den Atem, einerseits weil sie blauer strahlten als Mutters aquamarinfarbener Manteau, andererseits, weil sie eine stumme Warnung auszusprechen schienen.
    Sie zog die B ä nder, die ihren Mantel vor der Brust zusammenhielten, fester zusammen. » Danke « , nickte sie und war froh, dass die beiden seltsamen Gesellen keine Anstalten machten, ihr zu folgen.
    Mit schwankendem Schritt stolzierte sie davon. Sie musste wirken, wie ein Seemann auf Landgang, und das ä rgerte sie ma ß los. Diese Schuhe w ü rden
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher