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London Hades

London Hades

Titel: London Hades
Autoren: Stefanie Dettmers
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sie nicht l ä nger kontrollieren! Sie war jetzt wieder eine Londonerin, und soweit sie das beurteilten konnte, bewegten sich diese pr ä chtig auf hohen Abs ä tzen. Um sie herum spazierten Damen mit einer Grazie und Anmut umher, als w ä ren sie mit den verl ä ngerten Hacken zur Welt gekommen. Frances hatte ihre Schuhe gestern erst vom Schuster abgeholt und ü berrascht festgestellt, dass Mutter die eine oder andere Verbesserung in Auftrag gegeben hatte. Erst hatte sie ihr das Kleid aus bunt bedruckter Spitalfields-Seide vermacht, eines der ersten Geschenke des Pastors an die Mutter, und dann die roten Schuhe umarbeiten lassen – es war, als h ä tte Maman zum ersten Mal verstanden, was ihrer Tochter wirklich guttat.
    Es war Frances noch nie so recht gewesen, dass die Leute auf der Stra ß e sie ansahen. Sie war eine Dame. Sie trug ein teures Kleid, einen Hut aus geflochtenem Stroh, und der Weidenkorb mit Deckel an ihrer Seite enthielt sogar eine neue Chemise aus feinem Leinenstoff zum Wechseln.
    Der Strand , der das Zentrum von London mit Westminster verband, war voller H ä user, die hoch genug waren, dass es sich pr ä chtig auf den Gehweg herabschauen lie ß . Allein auf dieser Stra ß e gab es mehr Menschen als in ganz Chipperfield. Dicht an dicht ging eine Ladenfront in die n ä chste ü ber – Schlachter, Juweliere, Buchh ä ndler und L ä den, die Drucke verkauften. Ihre ausladenden Gesch ä ftsschilder klapperten ü ber den K ö pfen der Passanten im Wind. Kaffeeh ä user entlie ß en immer wieder gut gekleidete Gentlemen mit gewichtigen Mienen auf die Stra ß e, und durch die Schaufenster der Schneiderateliers musterten Frances stark geschminkte Damen.
    Jetzt endlich war es so, wie nachhause zu kommen. Noch vor Stundenfrist hatte sie darauf gewartet, dass sich das Gef ü hl einstellte, als der Postkutschenfahrer sie am Black Swan in Holborn – der Endstation – ausgesetzt und eine s ü ndhaft teure Mietdroschke sie nicht weiter als bis zum Strand gebracht hatte, anstatt zur gew ü nschten Adresse. Die Fahrt hatte beinahe so viel wie Mutters letzter Petticoat gekostet. Aber hier, umsp ü lt vom Leben der Gro ß stadt, f ü hlte sie sich wohl. Sie war Londonerin. Acht Jahre lang hatte sie hier gelebt. Nun war es, als ob die Stadt sie nach zehn Jahren der Abwesenheit als ihr verlorenes Kind wiedererkannte und zu umarmen versuchte.
    Hinter der f ü nften Abzweigung endete das Licht des M ä rztages. Eingeklemmt zwischen hohen Backsteinh ä usern, verbarg sich eine Gasse. Der schlammige Untergrund war von F üß en ebenso aufgew ü hlt wie Mr. Pritches Schweinewiese. Das mussten die Besucher der Taverne verursacht haben. Das Wirtshaus besetzte das erste Geb ä ude zur Linken, gleich hinter einem torbogenartigen Durchlass, der geradewegs unter einem der H ä user des Strand hindurchf ü hrte. Sicher das Bull Inn , das dieser Passage seinen Namen gegeben hatte.
    Frances r ü mpfte die Nase. Sich am Tage ihrer Ankunft in eine Falle locken zu lassen, das sollte ruhig anderen M ä dchen passieren, nicht ihr. Sie hatte sich unter dem Bull Inn Court einen gro ß en, offenen Hof vorgestellt, so einen, wie es vor ihrem alten Domizil in London gegeben hatte, aber dies hier wirkte mehr wie der Vorhof zur H ö lle, von dem Gro ß vater gesprochen hatte. Das Bull Inn quoll schier ü ber vor Besuchern; immer wieder wurden G ä ste aus dem engen Etablissement auf die Gasse hinausgespuckt. Es war Mittagszeit! Weder die Taverne noch ihre Besucher sollten um diese Zeit so voll sein.
    Sie atmete tief durch und hielt die Luft an, als sie dem hochprozentigen Gestank zu entgehen versuchte, der die Taverne einh ü llte. Durchhalten. Sie war wegen Matthew hier. Wenn sie ihn in dieser Stadt finden wollte, brauchte sie eine Unterkunft, und die lag, wenn es nach dem Willen ihrer Mutter ging, anscheinend in dieser dunklen Jauchegrube.
    Zweimal lief sie die Gasse auf und ab, ohne zu finden, was sie suchte. Dann kam ihr der Gedanke, einen Blick in die Abzweigung rechts hinter der Taverne zu werfen. Hier, in einem winzigen Hinterhof fand sie eine Holzt ü r mit einem gemalten Schildchen: » Madame Margaret « . Margaret Randall, Bull Inn Court , war die Adresse auf Mamans Brief, dennoch lie ß Frances den Blick erst mehrfach an der dunklen Backsteinfassade des Hauses hochgleiten, bevor sie den T ü rklopfer bet ä tigte. Das Haus war in denkbar schlechtem Zustand, eine Absteige in einem Hinterhof.
    Aber man konnte sich seine Freunde
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