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Lokale Erschuetterung

Lokale Erschuetterung

Titel: Lokale Erschuetterung
Autoren: Kathrin Gerlof
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rein, fragt er, und seine Stimme klingt etwas unsicher. Hast du nicht noch ein Bier zu Hause?
    Hanns schüttelt den Kopf und grinst. Hat der Junge Angst, will er wissen, und es macht ihm Spaß, die kleine süße Schwuchtel ein bisschen zu ärgern.
    Irgendwie schon, gibt Daniel zu und macht die Gehässigkeit damit zunichte. Wenn einer auch noch zugibt, dass er ein Feigling ist, kann man nicht mal mehr böse sein. Hanns schlägt Daniel mit der rechten Hand auf die Schulter und schiebt ihn dann sanft in die Kneipe. Ein, zwei Bier, dann hauen wir wieder ab, sagt er.
    Es ist voll. Es ist laut. Es ist nicht so, wie es sein soll. Aber nun gibt es kein Zurück. Hanns zeigt auf einen kleinen Tisch hinten links, sieht dann aber, dass Bosse da ist |322| und am gleichen Platz sitzt wie immer. Hanns hebt die Hand und spreizt Zeige- und Mittelfinger zum Victoryzeichen. Soll aber nur heißen, dass er zwei Plätze sucht. Bosse nickt und lächelt.
    Das ist Daniel, ein Freund aus Berlin.
    Mein Stiefsohn, denkt Hanns, aber das kann ich ja immer noch erzählen, wenn es eine Bedeutung haben sollte. Bosse gibt Daniel die Hand wie ein braver Junge. Ein Bier, fragt er und gibt der Kellnerin ein Zeichen. Daniel starrt auf das Weinglas.
    Ist der gut?
    Bosse nickt.
    Ein Weißburgunder. Hab dem Wirt irgendwann mal erklärt, dass ich nur noch herkomme, wenn er wenigstens einen anständigen Wein vorhält. Jetzt kauft er im Badischen. Guten deutschen Wein. Möchtest du lieber den?
    Ich glaube ja, die badischen Weine sind gut.
    Hanns bleibt beim Bier. Ein großes bestellt er und lächelt die Kellnerin an. Die verzieht keine Miene und will wissen, ob Bosse auch noch ein Glas möchte.
    Bring eine Flasche für mich und den jungen Mann hier und vielleicht was zu knabbern.
    Der hat nie ein Problem damit, sich zum Affen zu machen, denkt Hanns. Vielleicht was zu knabbern. In der Scharfen Ecke. Und niemand findet es komisch.
    Daniel sieht aus, als sei ihm nicht wohl. Er rutscht auf seinem Stuhl hin und her und guckt sich die Leute an. Sein Blick bleibt an den drei Jungs hängen, die am Tresen stehen.
    Die standen heute Nachmittag auch vor dem Bahnhof, flüstert er Hanns zu, und der nickt.
    Keine sonderlich sympathischen Zeitgenossen, sagt er. Freunde von Bosse, schiebt er hinterher.
    Nur Max, der in der Mitte, mit dem Tattoo auf dem Specknacken. Bei dem lässt sich vielleicht noch was machen. |323| Ein beweglicher Geist, im Bier ertränkt. Bosse lächelt und prostet Hanns zu.
    Lad ihn doch mal zu deiner Philosophenrunde ein. Auch wenn der erste Versuch schiefgegangen ist. Hanns ist neugierig auf die Antwort, und es gefällt ihm, dass Daniel so verunsichert wirkt.
    So beweglich ist er auch wieder nicht. Sein Vater war früher mal ein Direktor. Zahnräder, Hüte, ich weiß es nicht mehr. Ein vergleichsweise kleiner Bonze also. Und Max ist gerade rechtzeitig geboren, um noch ein Jungpionier zu werden. Das blaue Halstuch hat dann später sein erster Hund getragen. Hat Max mir mal erzählt. Dass er das Halstuch immer aufgehoben hat und sein Pitbull Erich es dann tragen durfte.
    Bosse legt den Kopf etwas in den Nacken und lacht. Erich ist ein guter Name für einen Pitbull, findest du nicht, Hanns?
    Hanns denkt, dass sie alle einen Weg gefunden haben, mit sich und ihrer Wut klarzukommen. Und Bosse scheint gar keine zu fühlen. Das wäre seltsam, aber es macht den Eindruck, als sei der Kerl völlig eins mit sich.
    Mielke oder Honecker, fragt er in Bosses Lachen hinein.
    Was denkst du?
    Mielke, denk ich. Ein harter Kerl mit einem harten Kern. So was dürfte Max doch gefallen.
    Du denkst zu einfach. Hast ein Brett vor dem Kopf, Hanns. Ein kleines.
    Daniel sitzt am Tisch und hört den beiden Männern zu. Sie sind ihm fremd. Beide. Hanns wirkt ruhiger als vorhin noch. Und dieser Bosse macht den Eindruck, als läge ihm etwas daran, Hanns zu provozieren und gleichzeitig für sich einzunehmen. Daniel steht auf und murmelt, er ginge mal aufs Klo. Wahrscheinlich sagen die hier so was wie eine Stange Wasser in die Ecke stellen, denkt er und lächelt.
    |324| Ist dein Freund schwul, will Bosse wissen, nachdem Daniel gegangen ist.
    Der ist so hetero wie du und ich, sagt Hanns und weiß nicht, warum er das sagt. Er ist sich doch selbst fast hundertprozentig sicher, dass Daniel eine Schwuchtel ist. Nun liegt ihm plötzlich daran, Bosse vom Gegenteil zu überzeugen.
    Hat eine Freundin, schiebt er halbherzig hinterher. Aber so gut kenne ich ihn auch wieder nicht.
    Beinahe will er
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