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Lösegeld am Henkersberg

Lösegeld am Henkersberg

Titel: Lösegeld am Henkersberg
Autoren: Stefan Wolf
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Bar hervor, ging
zum Eingang und arretierte ( sperrte ) die Tür.
    „So“, meinte er, „jetzt stört uns
keiner mehr.“
    „Wir nochmal müssen alle Einzelheiten
durchsprechen“, sagte Enrico. „Ganzen Schulbus entführen — das keine
Kleinigkeit.“
    „Aber es ist zu schaffen“, meinte
Gluschke. „Weidrich, der Busfahrer, spielt mit. Und alles andere ist bestens
organisiert. Dabei fällt mir ein: Weidrich will heute noch Geld sehen.
Wenigstens eine Anzahlung auf das, was er von uns kriegen soll.“
    „Geht in Ordnung“, nickte Döbbel.

4. Geburtstagstorte
     
    Klößchen verdrehte die Augen und lief
rot an, während er eine taschenmesserartige Verbeugung vollführte.
    Tim und Karl grinsten. Kein Zweifel:
Alice Theisen gefiel dem rundlichen TKKG-Mitglied. Meistens benahm Klößchen
sich dann so, als liege sein Gehirn noch im Winterschlaf.
    „Aufs herzlichste“, sagte Klößchen, „also
sehr — darf ich dich, Alice, im Namen der TKKG-Bande — die du hier versammelt
siehst, nämlich Tim, Karl, Gaby und mich, wobei ich Oskar nicht vergessen will
— äh... Was wollte ich sagen: Ja, willkommen heißen! Willkommen in Europa,
äh... in unserer Stadt, also hier. Wir sind entzückt, daß du da bist. Herzlich
willkommen, wie ich schon sagte!“
    „Keine Blumen?“ fragte Alice lächelnd. „Zu
solchen Worten gehört ein Blumenstrauß?“
    Klößchen sah Tim an. „Daran hätten wir
denken sollen. Verdammt!“
    „Sag ihm, daß du nur Spaß machst“,
forderte Gaby ihre Freundin auf. „Sonst rennt er in den nächsten Blumenladen,
weil in den Gärten und Parks noch nichts wächst, was er klauen könnte.“
    „Ich klaue nie“, sagte Klößchen, „jedenfalls
nur in Notfällen! O weh! Bei dem Stichwort muß ich sofort an den Bordcase
denken — an den Schmuck meiner verehrten Frau Mutter.“
    Gaby hob die langen, dunklen Wimpern
über ihren Blauaugen.
    „Ist was passiert?“
    „Das erzählen wir gleich“, sagte Tim
und tätschelte Oskar.
    Der TKKG-Häuptling saß auf dem Teppich,
und Gabys schwarzweißer Cocker-Spaniel lag vor ihm, rücklings, alle vier Pfoten
in die Luft gestreckt — damit Tim auch den Bauch kraulen konnte.
    Ein Bündel Sonnenstrahlen fiel durchs
Fenster in Gabys Zimmer. Neben der Bettcouch, auf der Alice vermutlich schlafen
würde, standen Koffer und Reisetasche, leer inzwischen. Und durch die
Glocknersche Wohnung schwebte der angenehme Duft von frisch gebackenem Kuchen.
    Sieht nett aus, dachte Tim und musterte
Alice mit schräg aufwärts gerichtetem Blick, aber kränklich. Etwas bleich an
den Wangen und sehr dünn auf den Rippen.
    Alice, die 14jährige, war größer als
Gaby und fädchenschlank. Aus dem schmalen Gesicht leuchteten dunkle Augen und
weiße Zähne. Sie hatte tintenschwarzes Haar, das sie lang und offen trug.
Sicherlich lachte sie gern. Ihr freundliches Gesicht ließ das vermuten.
    Klößchen hob schnuppernd die Nase.
    „Hast du Kuchen gebacken, Gaby? Alice
zu Ehren?“
    „Zwei Kuchen“, nickte Tims Freundin. „Einen
für uns, einen für Weidrich.“
    „Wer ist Weidrich?“ fragte Tim.
    „Unser Busfahrer. Ach so, als
Internatsschüler kennst du den nicht. Bist du schon mal mit dem Schulbus
gefahren? Vor einem Jahr hat Herr Weidrich den alten Fahrer abgelöst.“
    „Vor einem Jahr?“ meinte Tim. „Und
deshalb kriegt er jetzt einen Kuchen von dir?“
    „Den kriegt er, weil er gestern
Geburtstag hatte. Aber gestern war Sonntag. Und heute bin ich mit dem Rad in
der Schule gewesen, wie du sicherlich bemerkt hast. Sei’s drum, über einen
Kuchen freut man sich auch nachträglich.“
    „Vorträglich, nachträglich, immer“,
sagte Klößchen. „Ich jedenfalls.“
    „Leider darf ich keinen Kuchen essen“,
sagte Alice.
    Klößchens Unterkiefer sank herab. „Du
darfst nicht? Wer verbietet dir das?“
    „Der Arzt. Während unserer Zeit in
Indien habe ich mir eine Virus-Erkrankung aufgelesen. Sie ist ausgeheilt. Aber
hier“, sie klopfte sich auf den Leib, „ist noch nicht alles in Ordnung. Auf
Süßigkeiten muß ich für eine Weile verzichten. Außerdem auf Pilze, Sauermilch
und Spinat.“

    „Um Himmels willen!“ rief Klößchen. „Bist
du ansteckend?“
    „Kein bißchen. Es geht nur darum: Die
geschwächten Organe sollen wieder stark werden.“
    „Dazu brauche ich Schokolade“, meinte
er. „Deine Diät würde mich umbringen.“
    Alice sah auf ihre Armbanduhr. „Es ist
schon wieder Zeit für meine Medizin. Dreimal täglich muß ich die Tropfen
nehmen.“
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