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Lösegeld am Henkersberg

Lösegeld am Henkersberg

Titel: Lösegeld am Henkersberg
Autoren: Stefan Wolf
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Ritschi stehen.
    Wieder äugte er umher. Die Luft war
rein. Also los! Genußvoll riß er die Scheibenwischer ab — auch den an der
Heckscheibe. Dann brach er — was Mühe machte — die beiden Außenspiegel ab. Das
Metall knackte recht laut, aber niemand war in der Nähe.
    „Erster Streich“, sagte Ritschi zu sich
selbst. Seine Wut war nicht verraucht, aber er fühlte sich besser.
    Er ließ alles liegen und marschierte
los.
    Zehn Minuten darauf trat er in eine
Telefonzelle.
    Hoffentlich war Knut zu Hause. Ritschi
wählte, und am anderen Ende der Leitung wurde abgehoben.
    „Knut Winzig“, sagte eine brummige
Stimme.
    „Ich bin’s. Hast du Besuch, oder kann
ich reden?“
    „Außer mir ist hier niemand.“
    „Knut, ich hab’ was für uns. Wenn wir
aufpassen, können wir drei Millionen Mark kassieren. Wie findest du das?“
    „Finde ich gut. Wo ist der Haken?“
    „Die Typen sind gefährlich.“
    „Schreckt mich nicht. Der Gefährlichste
bin ich.“
    „Weiß ich doch, Knut. Die Typen wollen
einen Schulbus kidnappen. Morgen früh. Den Schulbus, der zu der Internatsschule
rausfährt. Der Fahrer ist bestochen und macht mit. Schätzungsweise 30 Schüler —
und Schülerinnen — werden im Bus sein. Für die wird das Lösegeld gefordert.“
    „Interessant. Woher weißt du das alles?“
    „Eigentlich sollte ich mitmachen bei
der Sache. Dann habe ich mich mit Enrico und Co. überworfen. Wir sind jetzt
spinnefeind. Sie haben mir gedroht. Sie wollen mich kaltmachen, wenn ich sie
verpfeife. Darauf verlassen sie sich: Daß ich’s Maul halte und kusche.
Verstehst du, worauf es hinausläuft?“
    „Klar. Die machen die Dreckarbeit, und
wir reißen uns das Lösegeld unter den Nagel.“
    „Wenn sie bei ihrem Plan bleiben, dann
weiß ich auch, wie und wo sie sich das Geld holen werden.“
    „Wenn sie bei dem Plan bleiben, Ritschi, wenn!“
    „Ich weiß zu viele Einzelheiten, Knut.
Es kann nicht schiefgehen. Du bist also dabei?“

    „Bei der Kohle? Dafür lege ich sogar ‘ne
Überstunde ein.“
    „Ich mache mich auf die Socken. In ‘ner
halben Stunde bin ich bei dir. Dann besprechen wir alles. Kann ich notfalls bei
dir wohnen? Die Typen kennen meine Adresse. Sobald wir abgesahnt haben, darf
ich mich dort nicht mehr sehen lassen.“
    „Kein Problem, Ritschi. Platz habe ich
genug.“
     
    *
     
    Höflich ließ Tim seiner Freundin durch
alle Türen den Vortritt. Gaby fror nicht mehr, und in ihrem Zimmer war es
angenehm warm.
    Alice saß am Schreibtisch, hatte Block
und Bleistift und zeichnete, ohne aufzublicken.
    Klößchen kiebitzte ihr über die
Schulter und brummelte anerkennend.
    Karl stand hinter der anderen Schulter
des schlanken Mädchens, hatte aber seine Brille abgenommen und putzte die
Gläser.
    „Die Nase...“, meinte Klößchen, „ja,
noch etwas mehr himmelwärts. So! So ist es perfekt. Nun die Unterlippe — voller!
Mehr wie ein Frankfurter Würstchen. Jajaja! Prachtvoll! Die Augen etwas
füchsischer — und dichter beisammen. Enger, enger! Sehr gut! Alice, du bist ein
Genie — die beste Phantomzeichnerin! Der Mensch im Polizei-Präsidium kann da
nicht mit.“
    „Ihr kommt voran?“ fragte Gaby.
    „Moment noch!“ sagte Alice. „Ich muß
erst schraffieren.“
    „Aber nicht mehr viel“, meinte
Klößchen. „Das Bild ist so gut wie ein Foto. Das ideale Fahndungsbild.“
    Tim ließ sich in einen Sessel fallen. „Ich
laß mich überraschen, wenn’s fertig ist.“
    „Hoffentlich hilft es der Polizei“,
sagte Alice. „Dieser kostbare Schmuck! Frau Sauerlich muß ihn zurückbekommen.
So, fertig!“
    Tim erhob sich. Alle standen jetzt
hinter Alice. Nur Oskar blieb in seinem Körbchen, wo er aufgeregt hechelte.
Aufgeregt war er immer, wenn Gaby von ihren Freunden besucht wurde.
    Spinne ich? dachte Tim. Das... darf
nicht wahr sein! Dieses Porträt zeigt... Den Typ kennen wir doch!
    „Er ist genau getroffen“, verkündete
Klößchen frohlockend.
    „Wirklich?“ Tim beugte sich vor. „Willi,
brauchst du eine Brille? Oder hängt die Mattscheibe vor dem Gehirn?“
    „Häh, was meinst du?“
    Auch Karl beugte sich vor. „Was beäugen
meine staunenden Glotzer? Dieser Penner sieht genau aus wie jener aus der
Springflut-Gasse.“
    „Häh?“ fragte Klößchen.
    „Wie der Penner“, sagte Tim, „den ich
vor dem blondierten Schläger gerettet habe. Willi, was ist los? Hast du den
Schmuckräuber falsch beschrieben? Oder ist er uns beim ,Halben Ohr’ tatsächlich
vor die Füße
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