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Lockende Kuesse

Lockende Kuesse

Titel: Lockende Kuesse
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konnte.
    »Hast du denn keine Schuhe?«, fragte er plötzlich.
    »Nein, Mylord.«
    »Mmm; nun ja, das wird sich alles ändern, wenn wir in Bolton sind. Hier, nimm noch ein Stück.« Er leerte auch den Rest der zweiten Flasche Ciaret, die mitzubringen ihm umsichtigerweise eingefallen war. »Mit richtigem Essen haben wir dich im Nu wieder aufgepäppelt.«
    Sie kratzte ihren Teller leer, erhob sich und knickste. »Mylord, ich muss jetzt packen gehen. Wenn Ihr mich entschuldigen würdet?«
    »Lauf nur, lauf nur. Du und dein Bruder, ihr geht erst mal mit eurem Großvater zu euren Verwandten. Ich schicke euch dann eine Kutsche, wenn es Zeit ist.«
    »Vielen Dank, Mylord.«
    Sie brachte die leere Platte zu Maggie zurück, die bekümmert ausrief: »Er hat alles aufgegessen!«
    »Ja, ist er nicht ein Vielfraß?«, meinte Kitty grinsend, bevor sie sich rasch durch die Hintertür verkrümelte.
     
    Patrick saß mit den Vorarbeitern und den Aufsehern im Büro der Weberei zusammen. Geduldig versuchte er zu erklären, warum er für die Abschaffung der Kinderarbeit in den drei Webereien der O'Reillys war. Diese waren bekannt unter den Namen Falke, Ägypter und Gibraltar. Jonathan O'Reilly hatte sie so genannt, weil die Namen nicht im Entferntesten irisch klangen.
    »Das ist schiere Ausbeutung von Kindern. Nachdem sie von sechs Uhr morgens bis zwölf Uhr mittags in dieser feuchten, schmutzigen, lauten Atmosphäre gearbeitet haben, erwartet man von ihnen, dass sie zur Schule gehen. Wie sollen sie dort noch etwas leisten? Viel wahrscheinlicher ist, dass sie über ihren Büchern einschlafen, anstatt irgendetwas zu lernen.«
    Einer der Männer meldete sich zu Wort. »Wenn wir keine Kinder beschäftigen würden, wäre mehr Arbeit für Männer und Frauen da; aber Mr. O'Reilly, Ihr Vater, würde die Mehrkosten, die für die höheren Löhne anfielen, nie auszugeben bereit sein.«
    Patrick hob die Hand und sagte: »Meinen Vater überlassen Sie ruhig mir. Sagen Sie nur den Arbeitern, das es ab dem nächsten Monatsersten keine Kinderarbeit mehr geben wird. Und diesen Samstag möchte ich, dass die Maschinen zerlegt und gründlich gereinigt werden. Handwerker werden kommen und automatische Haltevorrichtungen bei Verschlingung der Fäden an den Webstühlen anbringen. Das wird die Produktionskapazität beträchtlich erhöhen. Ich weiß, dass die Arbeiter Neuerungen gegenüber immer misstrauisch sind und lieber am Alten festhalten - also ist es eure Aufgabe, sie von den Vorteilen dieser Neuerungen zu überzeugen. Auf lange Sicht sind sie damit sehr viel besser dran, ihr werdet ja sehen. Also, ich bin morgen im Falken und übermorgen im Gibraltar, falls ihr mich brauchen solltet.«
    Er trat hinaus auf den Vorhof und sperrte das Fabriktor auf, damit er gehen konnte. »Billy, wieso ist dieses verdammte Tor eigentlich immer zugesperrt?«, erkundigte er sich beim Außenaufseher.
    »Befehl, Sir. Ich sperre die Tore um halb sechs Uhr auf und um Punkt sechs wieder zu.«
    »Aber wenn nun jemand zu spät kommt? Die können doch gar nicht hinein«, meinte Patrick.
    »Darum geht's ja. Wer zu spät kommt, arbeitet nicht. Hier kommt keiner ein zweites Mal zu spät. Mein Befehl lautet, die Tore erst wieder um achtzehn Uhr zu öffnen, wenn die Leute heimgehen.«
    »Nun, ich habe neue Befehle für Sie, Billy. Wenn Sie diese verdammten Tore um halb sechs aufsperren, dann lassen Sie sie offen, bis jeder wieder heimgegangen ist. Das ist eine Weberei, kein Gefängnis, verflucht noch mal!«
     
    Später an diesem Abend ging Patrick ins Apartment von Dolly Worthing, das er in den letzten sechs Monaten bezahlt hatte. Sie war eine hübsche blonde Witwe mit verführerischen Kurven an genau den richtigen Stellen.
    »Na so was, Patrick, Darling, ich hätte dich heute Abend gar nicht erwartet.«
    Er blickte ihre Brüste an, die unter ihrem hauchdünnen Neglige gut zu erkennen waren. Mit hochgezogener Augenbraue meinte er: »Wen hast du denn erwartet?«
    »Niemanden natürlich! Also wirklich, Patrick, du bist ein ganz schlimmer Mann! Eine ganze Woche hast du dich nicht blicken lassen, und dann kommst du und wirfst mir als Erstes vor, dir untreu zu sein!« Sie zog eine niedliche Schnute.
    »Der Gedanke wäre mir nie gekommen, wenn du ihn nicht erwähnt hättest.«
    Er machte sich keine Illusionen, was Dolly betraf. Sie war ihm nur so lange treu, wie es ihr in den Kram passte. Sobald sie jemand Reicheren fand, würde sie ohne mit der Wimper zu zucken das Bäumchen wechseln,
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