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Lockende Kuesse

Lockende Kuesse

Titel: Lockende Kuesse
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denn keine Schuhe?«
    »Nein, Ma'am, aber der Herr selbst hat gesagt, ich soll mich nur Ihren fähigen Händen anvertrauen, Sie würden ihm zur Ehre gereichen.«
    »Hat er tatsächlich?«, fragte die Haushälterin strahlend. »Hier, trink eine Tasse Tee.«
    »Oh, vielen Dank, Ma'am. Ich habe Ihnen gleich angesehen, was für ein gütiger Mensch Sie sind. Ich könnte Ihnen die Teeblätter lesen, wenn wir fertig sind.«
    »Ach, wie nett, aber sag mir bloß nichts, falls es etwas Schlechtes ist.«
    »O nein, auf Sie wartet nichts Schlechtes, Ma'am. Das fühle ich in meinen Knochen.«
    Die Haushälterin trug keinen Ehering, also blickte Kitty die Teeblätter auf dem Grund ihrer Tasse an und sagte: »Ich erkenne hier den Buchstaben T.«
    »Aber das ist doch mein Name, Mrs. Thomson. Wie klug von dir.«
    »Ich sehe hier außerdem einen Mann, der immerzu an Sie denkt. Er wartet nur auf ein ermunterndes Wort von Ihnen.«
    Mrs. Thomson ging im Geiste rasch alle Dienstboten und Lieferanten durch.
    »Er ist ein Mann, der bei allen hoch geschätzt ist. Er verfügt über ein Amt von Autorität, wie zum Beispiel ein Arzt oder ein Mann der Kirche.« Sie warf einen raschen Blick auf Mrs. Thomson und sah, dass diese ein wenig rot geworden war. Aha, also lag sie gar nicht so falsch.
    »Nun, wir können nicht den ganzen Tag hier herumsitzen und schwatzen. Hier ist eine saubere Tracht für dich, ich weiß, sie ist ein bisschen groß, aber was viel hält, hält auch weniger. Und ja, deine Haare, die musst du natürlich bedecken. Hier ist eine Haube für dich. Und mal sehen, was ich in Bezug auf Schuhe und Strümpfe machen kann. Danach werden wir schon was finden, um dich zu beschäftigen. Ich muss sagen, ich hatte mich nicht gerade darauf gefreut, ein neues Dienstmädchen einarbeiten zu müssen, aber ich glaube, du wirst dich ganz gut machen.«
     
    Mittags setzte sich Jonathan zu seinen beiden Töchtern an den Esstisch.
    »Vater, du siehst so müde aus«, rief Julia aus.
    »Kein Wunder. Hab die irische See diese Woche glatt zwei Mal überquert. Ist dir eigentlich klar, wie viel mich der Transport von dem Pack hier rüber gekostet hat?«, fragte er erbost.
    »Vater, man spricht vor einer Dame nicht über Geld und ganz besonders nicht bei Tisch«, sagte sie bevormundend.
    Barbara sah entsetzt, wie das Gesicht ihres Vaters puterrot anlief, und bevor er etwas sagen konnte, bettelte sie: »Ach bitte, so streitet doch nicht!«
    »Da siehst du's, jetzt hast du deine Schwester aufgeregt«, donnerte O'Reilly. »Wieso kannst du nicht ein braves, stilles Mädchen wie Barbara sein?«
    Julia verdrehte die Augen.
    »Wo ist Patrick?«, polterte er.
    »Er ist heute im Falken; er hat eine Nachricht für dich hinterlassen. Du sollst heute nicht dort vorbeischauen, sondern dich lieber ausruhen.«
    »Wieso weiß hier jeder, was das Beste für mich ist?«, tobte er. »Barbara, sitz gerade! Und hör auf, in deinem Essen rum-zustochern! Julia, wie kommt es, dass du und Patrick mir dauernd Befehle erteilt und euren Kopf durchsetzen wollt?«
    »Weil du sonst mit uns machen würdest, was du willst, so wie mit Barbara. Ich hoffe, du hast nicht vergessen, dass die Leavers heute Abend kommen.«
    »Umso besser. Dann hältst du vielleicht mal deine giftige Zunge im Zaum!«, brüllte er.
    »Du wirst doch die ganze Zeit reden, und ich werde kein Wörtchen dazwischenkriegen«, erwiderte sie lachend.
    Er blickte Barbara an. »Dir würd's nicht schaden, wenn duheute Abend auch mal ein Wörtchen fallen ließest, statt immer nur dazusitzen wie eine Schaufensterpuppe.« Er richtete seinen finsteren Blick auf Julia. »Und was soll das heißen, ich mach mit ihr, was ich will?«, erkundigte er sich in aggressivem Ton.
    »Ach, warum machst du nicht eine kleine Ausfahrt, Vater? Es ist so ein schöner Tag und deinen Nerven wird es gut tun. Aber halte dich von den Webereien fern.«
    Jonathan O'Reilly zog sich um und schritt hinüber zu den Ställen. Dort befahl er, dass man ihm eine Kutsche fertig machte. Er dirigierte seinen Kutscher durch die Stadt und lehnte sich dann zurück, um die Fahrt an diesem wunderschönen Nachmittag zu genießen. Er fühlte sich gut, und seine Laune besserte sich merklich. Als sie gerade das Zentrum der Ortschaft durchquerten, befahl er dem Kutscher, vor Ward's Blumenladen Halt zu machen, stieg aus und kaufte dort einen riesigen Strauß Rosen, Nelken und Löwenmäulchen, dann gab er dem Fahrer eine Adresse, die er aus seinem Gedächtnis kramte. Er erklomm
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