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Lockende Kuesse

Lockende Kuesse

Titel: Lockende Kuesse
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Die Scheunentore standen weit offen, und die Kutsche war bereits hinausgeschoben worden. Die Männer streiften den Pferden wegen des heftigen Regens das Geschirr jedoch drinnen über. Kitty wartete. Ein Pferdeknecht führte zwei Pferde heraus und schirrte sie an die Kutsche. Dann ging er hinein, um die anderen beiden zu holen. Er sagte: »Ich hol noch schnell ihr Futter.« Der Kutscher antwortete: »Ich nehm besser vier Pferdedecken mit, Tim. Du weißt ja, wie der Gutsherr ist, wenn's um seine Pferde geht.«
    Die Männer verschwanden wieder in der Scheune, dann sah Kitty, wie einer zwei Futtersäcke am Scheunentor abstellte und ging, um die anderen beiden zu holen. Kitty schulterte blitzschnell einen der Säcke und rannte wie der Wind davon. Als sie zur Hütte kam, stieß sie die Tür auf und sagte: »Da, nehmt das, das ist ganz schön schwer.«
    Grinsend hievte Terry den Futtersack auf den wackeligen Tisch. »Heiliger Josef, all der Hafer! Wir können 'ne Woche lang Haferbrei essen!«
    Swaddy krächzte: »Vielleicht kannst du uns ja ein paar Haferkekse backen, Mädelchen.« Kitty schüttelte ihr nasses Wolltuch aus und hängte es über den Kamin. »Ich werde gleich ein bisschen Hafer einweichen, aber das Allerbeste ist der lederne Futtersack. Jetzt kann Opa deine Schuhe flicken!«
    Spätnachmittags hörte der Regen vorübergehend auf.
    Kitty sagte: »Komm, Terrance, jetzt oder nie. Wenn wir Milch wollen, dann los.«
    »Soll ich ihn ablenken, während du 'ne Kuh melkst?«
    »Nein. Überlasse mir das Schwatzen. Du schleichst dich runter zur Weide; da sind jetzt, wo's mal aufgehört hat zu regnen, sicher ein paar Kühe zu finden.«
    Sie kletterte über die Steinmauer und rief: »Heda, Jack Kenny!«
    »Hallo Mädel. Muss die Kühe auf die Weide treiben, bevor's wieder zu schütten anfängt.«
    »Wart 'ne Sekunde, Jack Kenny. Ich habe letzte Nacht von dir geträumt. Es war so deutlich, so echt, es kam mir fast wie eine Prophezeiung vor!«
    Er blieb stehen und drehte sich interessiert zu ihr um. Das alte Zigeunerrezept hatte mal wieder funktioniert: erzähl irgendwas, das sofortiges Interesse weckt, dann kannst du ihnen jeden Bären aufbinden, der dir in den Sinn kommt. Die Leute wollten immer etwas über sich selbst hören. »Ich habe dich auf einem Schiff gesehen. Du bist in ein anderes Land gereist. Dann habe ich ein tolles Haus gesehen, noch größer als Castle Hill. Du bist steinreich geworden, und wunderschöne Damen haben dich umschwärmt«, erzählte sie mit großer Begeisterung.
    Er gluckste angesichts dieser Vorstellung. »Na, jetzt weiß ich, dass es bloß ein Traum war.«
    »Vielleicht auch nicht, Jack Kenny. Mir kam's so echt vor, als würde ich deine Zukunft sehen. Wer weiß schon, was hinter dem Horizont auf einen wartet?«, sagte sie atemlos. Er lachte zufrieden.
    »Also, ich muss jetzt weiter«, sagte Kitty leichthin. Sie hüpfte davon und war schon halb über die Steinmauer, als er ihr nachrief: »Wart mal! Erzähl mir noch mehr, Kitty.«
    Sie lachte trillernd und verschwand.
    An diesem Abend griff ihr Großvater, nachdem er die Schuhe geflickt hatte, zu seiner Fiedel. »Nein, Opa, heute nicht. Ich muss was mit Terrance besprechen.«
    »Was ist Kitty?«, fragte Terry.
    »Wir haben schwere Zeiten, Terrance, so schlimm war's noch nie.« Er nickte und wartete darauf, dass sie fortfuhr. »Wir waren schon oft im großen Haus und haben uns dort umgesehen, ohne dass jemand was gemerkt hat. Warum sollte einem Menschen so viel gehören und dem anderen nichts?«
    »Beim Herrgott, ja, das möchte ich auch gern wissen«, pflichtete er ihr bei.
    »Wir könnten uns doch reinschleichen und ein paar Kleinigkeiten stehlen, Sachen, die sie nie vermissen werden, und du könntest damit nach Dublin gehen und sie verkaufen«, schlug sie vor.
    »Na ja, ich könnte sicher jemanden finden, der mich nach Dublin mitnimmt«, sagte er grinsend.
    »Das einzige Problems ist, dass der Gutsherr morgen kommt, also müssen wir's gleich in der Früh machen, wenn noch alle schlafen.«
    »Bin dabei, Kitty. Ich hoffe bloß, das Wetter ist dann besser.«
    »Hoff ich auch. Aber wir müssen ganz vorsichtig sein, Terrance. Wenn man uns erwischt, kriegen wir's mit dem Riemen oder noch schlimmer, wir werden von hier vertrieben.«
    »Hör auf zu jammern, Kitty. Die haben uns doch noch nie erwischt.«
    Am nächsten Morgen schlichen sie sich um den Ostflügel des großen Anwesens herum und kletterten auf einen riesigen Ahornbaum, der bis zu den
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