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Lockende Kuesse

Lockende Kuesse

Titel: Lockende Kuesse
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dass der alte O'Reilly nicht ein gerissener Hund war, denn während Patrick mit den Webereien beschäftigt war, unternahm Jonathan einen Blitzbesuch in London und entledigte sich dort rasch seiner irischen Probleme. Nach seiner Rückkehr konnte er es nicht unterlassen, vor seinem Sohn mit seinem gerissenen Schachzug zu prahlen.
    »Du hast was gemacht?«, donnerte Patrick mit sturmumwölktem Gesicht.
    »Habe einen Vertrag mit der Regierung geschlossen, dass Truppen auf Castle Hill stationiert werden. Und die Pferde habe ich ihnen obendrein verkauft«, fügte er voller Befriedigung hinzu.
    »Herrgott, hast du denn gar kein Gewissen, Vater? Wie kannst du das deinen eigenen Leuten antun?«, fragte Patrick fassungslos.
    »Meine Loyalität gilt vor allem anderen England. Ich wurde in Lancashire geboren, nicht über dem Wasser, auch wenn ich O'Reilly heiße.«
    »Alle, die in Lancashire für uns arbeiten, sind Iren. Wenn sich das herumspricht, bekommst du einen nächtlichen Besuch von den Molly Maguires. Willst du, dass sie die Webereien verwüsten?«
    »Damit würden sie sich doch bloß ins eigene Fleisch schneiden. Ohne die Arbeit in den Webereien verhungern sie doch.«
    Patrick war entsetzt. »Dein Leben ist keinen Pfifferling mehr wert. Du ziehst besser nach London und überlässt mir die Dinge hier. Da braucht bloß die erste mondlose Nacht kommen, und du bekommst ein Messer zwischen die Rippen, oder man fällt mit Schlagstöcken und Knüppeln über dich her.«
    Der Alte leckte sich über die plötzlich trocken gewordenen Lippen. Patrick fuhr ungerührt fort: »Es gibt nur einen Ausweg. Statt deine Leute in Irland im Stich zu lassen, bring sie hierher, und gib ihnen Arbeit in den Webereien. Wenn du schnell genug machst, werden sie gar nicht erfahren, was du mit Castle Hill angestellt hast.«
    Jonathan nickte zustimmend. »Ich werde gleich morgen fahren.«
    In diesem Moment sprang die Tür auf, und ein junges Mädchen von etwa achtzehn Jahren kam hereingerauscht. Sie wirkte recht reif für ihr Alter, besaß einen vollen Busen und einen ebenso sinnlichen Mund wie ihr Bruder Patrick.
    »Ich weigere mich, in diesem Kaff hier zu heiraten«, fauchte sie. »Und das ist mein letztes Wort!«
    »Was für eine verdammte Made ist dir jetzt schon wieder ins Hirn gekrochen?«, polterte der Alte. »Patrick, unternimm etwas mit deiner Schwester, bevor ich ihretwegen noch einen Schlaganfall bekomme!«
    Patrick lächelte; er war äußerst langmütig, wenn es um seine zwei Schwestern ging, und sie beteten ihn dafür förmlich an. Julia war achtzehn und wollte sich in Kürze verloben, während Barbara, die erst zwölf war, noch zur Schule ging.
    Patrick fragte: »Wie wär's, wenn du in unserem Londoner Stadthaus heiraten würdest? Gerade habe ich Vater gesagt, dass es seiner Gesundheit gut tun würde, wenn er für eine Weile nach London zöge. Und für deine Schwiegereltern wäre es außerdem viel bequemer.«
    »Ach Patrick, du bist ja so ein Schatz«, zwitscherte Julia.
    »Wieso zum Teufel sollten wir machen, was für diese Kacknasen bequem ist?«, tobte ihr Vater. »Ich werde dich nie verstehen, Julia, und wenn ich tausend Jahre alt werde. Du hättest Tannerys Färberei oder die Whitlam Brauerei haben können, aber nein, nur blaues Blut für die feine Julia. Ein verdammter Viscount, dieser Linton! Wozu ist der nütze, frag ich dich? Nicht mal zur Dekoration!«
    »Hör dir das an!«, kreischte Julia. »Für den zählt doch nur Geld!«
    »Glaubst du, Geld wäre für den Pisskopf, den du heiraten willst, nicht wichtig? Ich hab ihn dir gekauft, vergiss das ja nicht, bevor du anfängst, über mein Geld die Nase zu rümpfen.«
    »O Patrick, er ist der vulgärste Mensch, den es überhaupt gibt«, rief sie laut klagend.
    »Ich? Vulgär? Warte nur, bis der verdammte Viscount Linton dich im Bett hat, dann wirst du sehen, was vulgär ist!«, brüllte Papa O'Reilly.
    »Du dreckiger alter Ire!«, kreischte sie.
    »Vergiss bloß nicht, dass dein Name O'Reilly ist, Mädel...«
    Patrick konnte sich kaum mehr halten vor Lachen. »Vater, dein Gesicht ist purpurrot. Beruhige dich. Vor einer Minute konntest du die Iren nicht genug verwünschen, und jetzt kannst du sie nicht genug verteidigen. Julia, mein Herz, du siehst einfach umwerfend aus, wenn du zornig bist. Ich glaube, du provozierst absichtlich Streit, um uns Mannsvolk mit deiner Schönheit zu reizen.« Er nahm ihren Ellbogen und führte sie zur Tür. Dabei flüsterte er: »Fang ruhig an zu packen.
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