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Lockende Kuesse

Lockende Kuesse

Titel: Lockende Kuesse
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Webereien dafür hernehmen, obwohl ein intelligenter Mensch mit Blick auf die Zukunft diese Profite lieber in die Aufrüstung der Fabriken stecken würde, neue Maschinen, bessere Sicherheitsstandards und Ähnliches.«
    »Intelligenz? Dafür hab ich dich doch auf diese verdammte Universität in London geschickt, und erzähl mir jetzt nichts von Verbesserungen für diese blöden Webereien, darum geht's hier nicht. Ich kann von diesen Webereien verdammt gut leben, also bleibt alles, wie's ist. Im Moment geht's um Irland, darüber reden wir doch.«
    »Ja, wir reden darüber, und dann machst du sowieso nur wieder, was dir passt, und schickst meine guten Ratschläge zur Hölle.«
    »Oh, ja, wir wissen ja, dass nur einer in der Familie Grips hat, aber lass dir eins gesagt sein: ich hab mehr gesunden Menschenverstand im kleinen Finger, als du in dieser ganzen verdammten Universität findest!«
    »Damit könntest du Recht haben. Sie ist voll von jungen Männern, die die Zukunft Englands sind, und sobald sie die beste Ausbildung erhalten haben, die auf dieser Welt zu haben ist, gehen sie hin und vertreiben sich ihre Zeit mit Pferderennen und ihren Mätressen. Sie verspielen ihr Vermögen, ohne sich auch nur ein einziges Mal die Hände mit Geldverdienen schmutzig zu machen. Aber der Handel ist nun mal das Rückgrat Englands, und wenn sie sich mehr aufs Geldverdienen konzentrieren würden, statt aufs Geldverschwenden, dann wäre dieses Land die reichste, mächtigste Nation auf der Welt.«
    »Ich dachte immer, das wären wir bereits.«
    »Aber wie lang wird das noch so sein, wenn jeder so kurzsichtig ist wie du?«
    »Also gut, also gut. Mach mir einen Vorschlag, und ich richte mich danach.«
    »Wenn die Leute in Irland nichts mehr zu essen haben, werden sie sich zusammenrotten und wie Heuschrecken über Anwesen wie diese herfallen und alles kahl fressen. Sie werden deine Prachtrinder schlachten und dir das Haus leer räumen. Also wenn du hören willst, was ich dir rate: gib ihnen Arbeit und gib ihnen Löhne. Lass den Jungen im Stall arbeiten und das Mädchen in der Küche.«
    »Die dreckigen kleinen Ratten werden stehlen, was nicht niet-und nagelfest ist! Nein, ich werde sie gleich morgen von hier vertreiben lassen!«, brüllte er.
    »Herrgott nochmal, du verdammter Heuchler, du hast gesagt, du würdest meinen Ratschlag befolgen! Mit dir zu reden, ist wie mit dem Kopf gegen eine Wand zu rennen.« Er erhob sich unversehens. »Gute Nacht.«
    »Himmel noch mal, ich stehe immer zu meinem Wort! Wag es ja nicht, was anderes zu behaupten!«
    »Dann ist es also abgemacht«, entgegnete Patrick kühl.
    Kitty saß im Schein einer Kerze über ein zerfleddertes Buch gebeugt. Es hieß Etikette und Benimmregeln - Der unentbehrliche Ratgeber für die feine Dame. Man las dort, wie sich eine Dame zu kleiden hatte, wie sie sich auf der Straße zu verhalten hatte, wie bei einem Besuch, beim Dinner, bei einem ersten Kennenlernen, wie man amüsante und unterhaltsame Konversation machte. Einen breiten Raum nahm die Ehe ein, deren Anbahnung, Liebesbriefe und »die große Frage«. Kitty las gebannt, wie schon unzählige Male zuvor: Sauberkeit, absolute Reinlichkeit der Person ist das oberste Gebot für eine Dame. Nicht nur Hände und Gesicht sollten reingehalten werden, der ganze Körper sollte häufigen Waschungen unterzogen werden. Besser grobe Kleidung auf sauberer Haut, als Seidenstrümpfe über schmutzigen Füßen. Kitty klappte das Buch langsam zu. Ein Wort zumindest war hängen geblieben und hatte ihre Fantasie entfacht: Seidenstrümpfe!
     

Hewlett-Packard
    2
     
    Die nächsten zwei Jahre waren verheerend für Irland. Überall herrschte Hungersnot, Säuglinge starben an den Brüsten ihrer Mütter, Frauen bettelten auf den Straßen, Männer schlössen sich zu Banden zusammen, die raubten, mordeten und am Ende doch verhungerten. Es schien, als wäre die gesamte Bevölkerung mittel-und heimatlos.
    Jonathan O'Reilly, der indessen bequem in Lancashire residierte, wusste nur eins: dass sein irischer Landsitz ein Fass ohne Boden war. Er wollte ihn schon seit über einem Jahr verkaufen, doch es hatte sich kein Interessent gefunden. Den Bediensteten hatte er befohlen, alle beweglichen Güter in Castle Hill zusammenzupacken und in sein Londoner Stadthaus am Cadogen Square zu schicken. Längst war die prachtvolle Herde von Charolais-Kühen verschwunden. Und die wenigen verbliebenen Vollblüter mussten Tag und Nacht bewacht werden. Was nicht heißen sollte,
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