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Lob der Faulheit

Lob der Faulheit

Titel: Lob der Faulheit
Autoren: Thomas Hohensee
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nicht nur eine Stress-, sondern auch eine Entspannungsreaktion gibt, die durch Meditation ausgelöst werden kann. Er hat dabei den Nachweis geführt, dass meditative Entspannung nicht an bestimmte religiöse Rituale gebunden ist. Für diejenigen, die Angst vor irgendwelchen Gurus und fremdartigen, esoterischen Bräuchen haben, ist das eine gute Nachricht.
     
    Benson musste erheblich kämpfen, um die Schließung seines Instituts seitens der Universitätsleitung zu verhindern. Sie war einseitig somatisch orientiert und hatte wenig Verständnis für die wohltuenden, gesundheitsfördernden körperlichen Wirkungen rein geistiger Vorgänge. Obwohl die Körper-Geist-Medizin  – bei uns eher als Psychosomatik bekannt – seitdem an Boden gewonnen hat, schreiben zahlreiche ÄrztInnen und PatientInnen immer noch ausschließlich Pillen und Operationen Heilwirkungen zu. Dass der Geist mittels Gedanken und Gefühlen ebenso krank wie gesund machen kann, passt nicht
in ihr materielles Weltbild. Wären die Mediziner nicht so eifrig mit Operieren und Pillenverschreiben beschäftigt, sondern fauler in dem Sinne, dass sie präventiv tätig würden, ginge es vielen Menschen besser. Ich werde auf dieses Thema zurückkommen.
     
    Bleiben wir bei der Meditation. Ihre positive, heilende Wirkung auf Körper, Geist und Seele beruht vor allem auf Entspannung. Stressbedingte Krankheiten bessern sich oder klingen ganz ab. Der Abstand zu den alltäglichen Sorgen, Ängsten, Frustrationen und Ärgernissen erlaubt dem Organismus zu regenerieren.
     
    Erholung, Muße, freie Zeit: Das hört sich für manche wie eine Erinnerung an ferne Zeiten an. Die zunehmende Beschleunigung erschwert es, mal abzuschalten und eine Zeit lang überhaupt nichts zu tun. Man hat das Gefühl, andauernd eingreifen und etwas regeln zu müssen.
     
    Deshalb wird Meditation von Anfängern so betrachtet, als müsste dabei ebenfalls etwas geleistet werden, als dürfe man nichts falsch machen. Manche missbrauchen Meditation sogar, um noch das Letzte aus sich herauszukitzeln. Die Leistungsmentalität macht vor nichts Halt.
     
    Vielleicht ist es hilfreich, sich in diesem Zusammenhang die Lebensgeschichte des Buddha klar zu machen. Siddhartha Gautama war der Sohn eines Königs. Er besaß als Kind alles, wonach sich viele sehnen. Aber er war nicht glücklich. Heute würde man ihn wahrscheinlich als depressiv bezeichnen. Er litt darunter, dass der Luxus ihn nicht vor Alter, Krankheit und Tod schützen konnte. Er wusste nicht, wer er war, woher er kam, wozu er lebte und wohin er wollte. Mit anderen Worten: Er hatte keine Antworten auf die Grundfragen des Lebens. Die
Annehmlichkeiten am Königshof, seine hervorragende Ausbildung, die Aussicht auf die Nachfolge seines Vaters heiterten ihn nicht auf.
     
    So beschloss er, sich vom Leben eines verwöhnten Prinzen und von seiner Familie zu lösen. Er lernte zu meditieren und seinen Geist auf eine Weise zu gebrauchen, die ihn von seinem Leiden befreite.
     
    Wenn man seine Lehrreden liest, ist man erstaunt, welche ausgezeichneten psychologischen Kenntnisse und Fähigkeiten der Buddha erworben hatte. Sie übertreffen mit Leichtigkeit die gegenwärtige, moderne, westliche, wissenschaftliche Psychologie. Die meisten Professoren dieser Fachrichtung sind reine Theoretiker. Sie leiden unter den gleichen Problemen wie alle anderen. Ihnen gegenüber war der Buddha ein Mensch, der seine Lehre lebte. Er praktizierte den Weg, der vom Leiden befreit. Besonders dieser Umstand dürfte der Grund für die große Anziehungskraft sein, die er auf andere ausübte. Worte lehren, Beispiele reißen mit, wie man sagt.
     
    Trotz der Tatsache, dass Siddhartha Gautama einer der größten Lehrer der Menschheitsgeschichte war, muss er nach den Maßstäben unserer Leistungsgesellschaft als ausgesprochen faul gelten. Große Teile des Tages im Schatten hoher Bäume meditierend zu verbringen, dabei einen zufriedenen Gesichtsausdruck zu machen, im herkömmlichen Sinne nicht zu arbeiten (er hielt ab und zu Lehrreden), nahezu besitzlos zu sein und sich das Essen zu erbetteln: Das geht zu weit! Die Arbeitsagenturen unseres Landes würden ihm die Hartz IV-Hilfe mit Sicherheit verweigern.

     
    Ein Leser meines Buchs »Der Buddha hatte Zeit« meinte zu dessen Lebensgeschichte: Siddhartha sei als Prinz verpflichtet gewesen, die Regierung seines Landes zu übernehmen. Stattdessen habe er sich vor seiner Verantwortung gedrückt und vom Betteln gelebt. Wie daraus eine Religion
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