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Listiger Freitag

Listiger Freitag

Titel: Listiger Freitag
Autoren: Garth Nix
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Ende der Schlange. Vier Bürger bildeten die Nachhut. Sie wirkten nicht ganz so schick wie die beiden, die Lady Freitag vorangegangen waren, schienen aber ebenfalls höhere Bürger zu sein, die fest entschlossen ihren Pflichten nachkamen. Sie blieben an der Tür stehen und warteten, während sie den Blick über die Schlafenden in den Betten rings um Blatt schweifen ließen.
    Einen Moment lang geschah nichts; dann durchflutete ein sanftes, goldenes Licht den Raum, als wäre die Nachmittagssonne hereingelassen worden. Das Licht schien durch die andere Tür hinauszuströmen und war fast so schnell verschwunden, wie es gekommen war.
    Mit der verschwindenden Helligkeit hörte Blatt im Kopf eine Aufforderung.
    »Folge!«
    Das Wort kam leise, vibrierte aber, als ob sie es selbst sprechen und sich dabei die Ohren zuhalten würde.
    Sie spürte, wie der Befehl an ihr zog, doch sie konnte ihm widerstehen. Für die Schläfer war das Gefühl wohl intensiver: Im ganzen Zimmer setzten sich die Leute auf, stiegen aus ihren Betten und schlössen sich den Schlafwandlern an.
    Blatt stand ebenfalls auf und ging ihnen nach, wobei sie sich größte Mühe gab, schlafend zu erscheinen, denn die letzten sechs Schläfer und die Bürgernachhut folgten ihr auf den Fersen. Hinter der teilnahmslosen Miene, die sie aufgesetzt hatte, arbeitete ihr Verstand fieberhaft; gleichzeitig nahm sie sich sehr zusammen, um die schreckliche Angst zu unterdrücken, die immer wieder in ihr aufstieg.
    Nicht Angst um sich selbst, sondern um ihre hilflose Tante Mango.
    Die Tür am anderen Ende stand offen, aber Blatt wagte es nicht, den Kopf zu heben und nach vorn zu sehen, bis sie über die Schwelle schlurfte und so tun konnte, als ob sie im Schlaf ein bisschen stolperte. Fast wäre sie wirklich gefallen, aber es gelang ihr, sich abzufangen und einen Blick auf die neue Umgebung zu werfen.
    Vor lauter Verblüffung wäre sie beinahe stehen geblieben und hätte sich damit verraten. Vor ihr lag ein Schwimmbecken von olympischen Ausmaßen. Es war jedoch kein Wasser darin; stattdessen führte eine Rampe zu einem verspiegelten Boden hinab, und soeben schlurften die letzten der Schlafwandler darauf zu. Der Spiegel warf ihr Bild zurück, bis er sie … einfach schluckte.
    An der Rampe angekommen, zögerte Blatt. Es führten mehrere Türen aus der Halle mit dem seltsamen Becken. Hinter ihr gingen die vier Bürger, aber wenn sie jetzt losrannte, könnte sie es vielleicht durch einen der Ausgänge schaffen. Es war womöglich ihre einzige Hoffnung auf Entkommen.
    Doch ihre Tante war bereits in dem Spiegelboden des trockenen Beckens verschwunden …
    Blatt machte einen Schritt nach vorn und dann noch einen und sah sich dabei selbst unter gesenkten Lidern hindurch zu. Sie sah die Furcht in ihrem Gesicht, als ihre Füße dem Blick entschwanden. Sie konnte sie immer noch spüren; dem Gefühl nach ging sie weiter leicht bergab. Plötzlich fühlte sie sich krank, so wie neulich, als sie den Pilz erbrochen hatte. Sie rang darum, sich nicht zu übergeben, schloss die Augen, um mit ausgestreckten Armen weiterzugehen und überantwortete sich dem, was jenseits von Lady Freitags Spiegel lag.
    Falls dort etwas lag …

KAPITEL EINS

     
    Der Nichtlingssoldat stieß mit seinem knisternden, elektrisch geladenen Speer nach Arthurs Brust. Kurz bevor er ihn durchbohrt hätte, konnte der Junge den Stoß mit dem Schild abblocken; die Speerspitze glitt kreischend daran ab. Arthur hieb mit seinem Barbarenschwert zurück, doch der Nichtling wich zur Seite aus, sprang auf ihn und warf ihn zu Boden, um ihm mit den Krallen das Gesicht zu zerfetzen – Schreiend setzte sich Arthur im Bett auf und tastete nach einer Waffe. Seine Finger schlössen sich um ein Heft, er hob die Klinge gegen den Angreifer – der sich in Luft auflöste, als der Junge vollständig wach wurde. Das Rapier in seiner Hand verwandelte sich in einen goldverzierten, elfenbeinernen Marschallstab: die Form, die der Vierte Schlüssel zu bevorzugen schien, wenn er von Arthur getragen wurde.
    Arthur legte den Stab weg und atmete tief durch. Sein Herz hämmerte in der Brust wie ein wütender Schmied; die Angst aus dem Albtraum fiel nur langsam von ihm ab.
    Nicht, dass die Welt im Wachzustand so viel besser gewesen wäre. Arthur warf einen hoffnungsvollen Blick auf den silbernen Krokodilring an seinem Finger und sah doch nichts anderes als am Abend zuvor. Fünf der zehn Ringsegmente hatten sich in Gold verwandelt, was bedeutete, dass er
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