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Lipstick

Lipstick

Titel: Lipstick
Autoren: Susanne Fuelscher
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die Küche mit ein paar großen Schritten und blieb am Fenster stehen. »Ich dachte, wir hätten uns geeinigt.«
    »Jaja! Jeder zieht sein Ding durch. Aber dies hier ist kein Hotel!«
    Nicht nur, daß ich körperlich zerschlagen war, jetzt fühlte ich mich auch noch psychisch am Ende. Mit einer hektischen Bewegung griff ich nach meinem Teebecher und zog mich in mein Zimmer zurück. Ohne zu duschen und noch im Schlafanzug, setzte ich mich an den Schreibtisch. Videorecorder an, Kassette rein. Ich haßte diese Szene, in der Amanda ihrem Daddy mitteilte, daß sie keinesfalls in seiner Firma weiterarbeiten werde. So viele Labiale, alle im On gesprochen, nicht mal ein dusseliges Halb-Conter dabei. Ich legte die Füße hoch, spulte ein bißchen zurück, ließ Amanda ihren idiotischen Satz sagen, spulte wieder zurück, probierte eine Übersetzung, dann noch eine: »Mein Entschluß steht fest, Daddy, gib mir die Schlüssel«, sprach ich ins Diktaphon, und mir war klar, daß hier rein gar nichts hinhaute. Verdammt, heute machte mich alles fertig! Jede noch nicht getextete Szene, jedes einzelne Wort, das es nicht auf meinem Diktiergerät gab, war eineQual. Trotzdem arbeitete ich verbissen weiter und versuchte zu ignorieren, daß es irgendwo in dieser Wohnung einen Tom gab. Die Jalousien hatte ich runtergelassen, nur ein einziger Sonnenstrahl war durch einen winzigen Spalt gekrochen und tanzte jetzt frech an der Wand auf und ab. Immerzu diese Schwüle – was war das eigentlich für ein Sommer?
    Ich zog mein Schlafanzugoberteil aus, textete oben ohne weiter, was aber auch nicht lange gutging, weil ich mittels Bleistifttest prüfte, ob mein Busen etwa schon hing – zum Glück verschonte er mich wenigstens damit!
    Gegen halb zwei klopfte es an meine Tür. Ohne daß ich ihm die Erlaubnis erteilt hätte, kam Tom rein und schlang von hinten seine Arme um mich. Er streichelte meine Brüste, und mir war wirklich schleierhaft, warum ich in diesem Moment Lust auf ihn bekam. Noch nie hatte ich vorm Bildschirm gefickt und dazu noch so verteufelt gut.
    Es gibt mehr erotische Cafés auf dieser Welt, als man sich vorstellen kann.
    Erotische Cafés sind solche, in denen Espressomaschinen hinter einer langen Theke zischen und Tassen mit ihren dazugehörigen Untertassen unaufhörlich klappern. Dabei ist es natürlich kein x-beliebiges Zischen und Klappern, nein. Ein erotisches Café klingt wie ein Klavierkonzert von Chopin, mindestens, und wenn das fortwährende Gemurmel und das Klappen oder Knarren der Eingangstür noch hinzukommen, kann schnell eine Mahler-Sinfonie daraus werden.
    Man sitzt zum Beispiel auf einer rotgepolsterten Lederbank, im Rücken in Kopfhöhe einen circa fünf Meter langen Spiegel, und spürt, wie ein gewisses Kribbeln über die Füße langsam nach oben steigt und in Regionen verharrt, die man besser einem Liebhaber überlaßt. Was dann? Entweder, man wechselt auf einen der härteren Caféhausstühle, die mit der Rattansitzfläche, oder aber man nimmt schnell die Karte zur Hand. Einen Cappuccino, bitte! ruft man dem Ober zu – der trägt natürlich eine lange weiße Schürze und fängt einen mit seinen Glutaugen ein. Wenige Minuten später steht die weiße oder dunkelbraune Tasse vor einem, man versenkt ein kleines Häufchen Zucker in der Milchhaube, plop macht es ganz leise, um nicht zu sagen unhörbar, man nimmt den Löffel und verührt zärtlich das Kakaopulver im Schaum, nippt vorsichtig, die Lippen leicht geöffnet, nur ein gehauchter Kuß, und wenn das Ensemble aus italienischem Espresso, Wasser, Milch und Zucker bereits die richtige Temperatur hat, taucht man mutig ein, nimmt einen richtigen Schluck, läßt Zunge und Seele schmecken, was das Leben zu bieten hat!
    Uff! Wie viele Schlucke braucht es bis zum Orgasmus? Zwei, drei? Die halbe Tasse, oder kommt man erst beim letzten Schluck, wenn einem der schwarz-süße Sud durch die Kehle rinnt?
    Das erotische Café hat an alles gedacht und die Dusche danach natürlich schon mitgeliefert. Man greift zum Wasserglas, das schüchtern an der äußersten Kante des Tabletts steht, trinkt davon, und nachdem man bezahlt hat (Trinkgeld bitte nicht vergessen!), verläßt man beschwingt das Café.
    Gegen Abend waren Tom und mein Katerkopfschmerz endlich ausgeflogen. Wahrscheinlich hatten sie sich ewige Freundschaft geschworen und gingen gerade gemeinsam einen trinken.
    Mir sollte es nur recht sein. Ich für meinen Teil hatte mir das bei Tom abgeholt, was mir schon viel früher
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