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Lipstick

Lipstick

Titel: Lipstick
Autoren: Susanne Fuelscher
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zugestanden hatte – und damit basta. Schwamm über das Ende einer Liebe. Was Tom dachte, interessierte mich nicht, genausowenig, ob er es wieder wollte. Es spielte einfach keine Rolle mehr. Ein Gefühl des Triumphes breitete sich langsam in mir aus, entlud sich feuerwerksartig in meinem Kopf, wo es dann eine Weile vor sich hin jubilierte, bevor es in Form eines satt-zufriedenen Seufzers verglomm.
    Schon saß ich wieder vorm Videorecorder, und während ich wie eine Sprechmaschine Sätze ausprobierte, dachte ich, daß das Leben doch großartig war. Ich konnte mir jederzeit ein Stück von dem Kuchen abschneiden, ohne Gefahr zu laufen, mir dabei gleich einen ganzen Finger abzusäbeln. Äußerst praktisch. Keine Gefühle, keine Schmerzen – eine simple Gleichung, die man Kindern ruhig schon im Vorschulalter beibringen sollte.
    Amanda lief mittlerweile hektisch durch ihre sterile Wohnzimmerkulisse,fünf Sekunden ohne Worte, fünf geschenkte Sekunden für mich als Texterin! Dann klingelte – wie konnte es anders sein – ihr Liebhaber Howard. Sie fielen sich kurz und gefühllos in die Arme, um dann ihren üblichen Stuß abzulassen. Amanda hatte immer noch die Firma ihres Daddys am Wickel, Howard hörte sehr interessiert zu, während er sich an Amandas Bar einen Drink mixte, in dem die Eiswürfel dallasmäßig nur so klirrten.
    Ich fragte mich ernsthaft, warum man diesem Amanda-Mund, der große Ähnlichkeit mit der Schnauze eines Pferdes aufwies, keinen dezenteren Lippenstift verpaßte hatte, ganz abgesehen davon, daß ich ihre prononcierte Sprechweise, die eine Übereinstimmung der Lippenbewegungen unmöglich machte, aus vollem Herzen haßte. Zum Teufel mit dem Florida-Clan!
    Zwei Stunden später saß ich im Taxi und zerbrach mir über zwei Dinge den Kopf: Konnte Hans meine Telefonnummer rauskriegen, und mochte Greta eigentlich Prosecco, den ich ihr als Gastgeschenk zugedacht hatte? Die erste Frage hakte ich relativ schnell ab: Er konnte, wenn er wollte, er war ja nicht auf den Kopf gefallen. Und falls er es tatsächlich wagen sollte, bei mir anzurufen, hatte ich immer noch die Möglichkeit zu überlegen, ob mir ein weiteres Stück Kuchen behagte. Frage zwei erübrigte sich dann, weil das Taxi nur fünf Minuten brauchte und Greta mir schon entgegenschoß und die Flasche an sich riß, wobei sie mindestens fünfmal »Hmm. Lecker!« sagte.
    Ich küßte Greta auf den Mund. Sie sah hinreißend aus in einem schlichten schwarzen Kleid, das an ihrem zierlichen Körper herabfloß. Wie machte sie das nur? Parasit Mäxchen hatte ihr gerade monatelang den Busen ausgeleiert, und trotzdem konnte man sie im Zweifelsfall nicht von einer Sexbombe Marke Kindfrau unterscheiden.
    »Ich glaube, ich bin völlig unpassend angezogen«, flüsterte ich ihr zu, während sie mich um die Taille packte und in den Flur zerrte.
    »Ach was.«
    »Doch was!« Ich sah an mir herunter. Graues Leinenschlabberhängerteil, und was mein Gesicht betraf, hatte ich mir nicht maldie Mühe gemacht, die Spuren der nächtlichen Entgleisung zu beseitigen.
    »Wer dich liebt, liebt dich auch so.« Greta bleckte die Zähne und sah gar nicht mehr so allerliebst aus wie normalerweise. »Außerdem hast du doch sonst mehr Selbstbewußtsein.«
    »Okay«, sagte ich. Zum Thema Selbstbewußtsein bezog ich lieber nicht öffentlich Stellung.
    Greta führte mich ins Wohnzimmer, wo sich schon einige Gäste versammelt hatten. Sie standen in einem Grüppchen zusammen, uniform schwarz gekleidet, und redeten mit gedämpften Stimmen.
    Greta hatte sich alle erdenkliche Mühe gegeben, den Eßtisch zu einer festlichen Tafel umzufunktionieren: eine weiße Decke, die bis auf den Fußboden fiel, silberne Leuchter, Silberbesteck – beides reichlich angelaufen –, Platzteller, Weißwein-, Rotweingläser und allerhand bunte, perfekt arrangierte Sommersträuße. Es sah wirklich prächtig aus. Gretas Mann und Gebieter Micha hatte bereits die Aperitifs eingeschenkt und gab mir Küßchen links, Küßchen rechts.
    »Die anderen kennst du?« fragte er.
    »Sicher«, sagte ich und machte wohlerzogen meine Runde. Shakehands mit all den schwarzen Gestalten.
    Insgesamt waren sechs Leute eingeladen, zum Teil Michas Arbeitskollegen, ein paar kannte ich noch von früheren Studentenfeten.
    Schlagartig wurde mir klar, wie sich die Zeiten geändert hatten. Heute war Stil gefragt, ein gediegen-nobles Ambiente, man spielte Erwachsensein oder das, was man dafür hielt. Um keinen Preis hätten wir uns zu
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