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Linksaufsteher: Ein Montagsroman

Linksaufsteher: Ein Montagsroman

Titel: Linksaufsteher: Ein Montagsroman
Autoren: Matthias Sachau
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meine Zeugenaussage dazu abgeliefert hatte, kam Gero mächtig ins Stammeln. Und als der Richter ihn fragte, ob er als Gegenbeweis eine Arbeitszeitbescheinigung bringen könnte, musste er zugeben, was für ein mieses Spiel er gespielt hatte. Lena bekam am Ende das alleinige Sorgerecht. Nach der Verhandlung hat sie lange mit Anton geredet und ihm versprochen, dass er seinen Vater auch weiterhin sehen kann, wie immer. Dann haben wir endlich zusammen gefeiert, und in einer stillen Minute habe ich mit Anton ausgemacht, dass es okay ist, wenn ich hin und wieder seine Mutter küsse, nur halt nicht auf der Straße, wenn er dabei ist. Und dass er es sich natürlich jederzeit anders überlegen kann.  
    Inzwischen ist Freitag. Ich genieße die lange Pause vor meinem Nachmittags-Studiotermin und habe mich spontan mit Kurt an den Tischen vor dem Valentin getroffen. Sieht so aus, als ob ich jetzt öfter solche Pausen haben werde. Nicht, dass ich meine Sprecherjobs nicht mehr machen könnte. Meine vielen Stimmen sind zum Glück alle wiedergekommen. Aber Elvin, Adrian und die ganzen anderen fangen gerade an, sich daran zu gewöhnen, dass ich manchmal nein sage.  
    Es gibt nämlich auch andere Dinge. Zum Beispiel übergebe jetzt immer ich statt Lena Anton an seinen Vater, wenn sich die beiden verabredet haben. Vorgestern hat Gero mir geschildert, was er alles mit mir tun wird, wenn er mich mal nachts in einer dunklen Gasse trifft. Gestern hat er vor mir ausgebreitet, was für ein übler, dreckiger, völlig verdorbener Mensch Lena ist. Was beim dritten Mal kommt, weiß ich nicht, aber ich werde ihm demnächst vorsichtig empfehlen, sich einen Psychotherapeuten zu suchen.  
    Außerdem habe ich mich gestern mit Reinardo getroffen. Wir haben an meinem Lied gebastelt. Und gleich noch ein neues zusammen geschrieben. Eines Tages werden wir gemeinsam auftreten, da bin ich jetzt schon sicher. Und auch wenn unser Publikum höchstens ein Tausendstel so groß sein wird wie das von Faust 2.0 – es wird ein wunderbarer Abend.  
    Die Sonne scheint auf unsere Gesichter. Oft werden Kurt und ich uns jetzt nicht mehr um diese Zeit treffen. Er fängt am Montag seinen Job als technischer Projektleiter beim Restauratoren-Datenbankprojekt an. Und er freut sich, das merkt man ihm an.  
    »Du siehst gut aus, Kurt.«  
    »Danke, Oliver. Du aber auch.«  
    »Steht dir prima, die kurzen Haare.«  
    »Ja, ich musste mich erst dran gewöhnen, aber ist okay, oder?«  
    »Auf jeden Fall. Und auch sonst, irgendwie wirkst du sehr entspannt. Du hast doch nicht etwa Sex gehabt?«  
    Er läuft rot an.  
    »Nun ja, vielleicht.«  
    »Na gut, ich gebe zu, ich weiß , dass du Sex gehabt hast.«  
    »Äh … äh …«  
    »Und ich weiß sogar, mit wem.«  
    Sein Kopf ist jetzt tatsächlich nur noch eine große Tomate, die wochenlang in der süditalienischen Sonne ausgereift ist.  
    »Ich … ich …«  
    »Franziska und ich haben keine Geheimnisse.«  
    »Sie …? Sie …?«  
    »Ja. Und ich weiß sogar, wie ihr das Liebe-und-gleicher-Job-Problem lösen werdet.«  
    »Du …? Du …?«  
    »Ich finde es eine großartige Idee, dass sie die Restauratoren-Datenbank in deine Hände übergibt. Und dass sie als Nächstes ein Hausmannskost-Restaurant ohne Internet in dem leeren Laden, in dem unsere Faust-Proben waren, aufmachen will, auch. Drei Stammkunden hat sie schon mal: Tobi, Diana und mich. Und Landei als Name ist perfekt.«  
    »Hm, ja, ich glaub auch, das wird gut.«  
    Das Rot in seinem Gesicht wird weniger, aber nur sehr langsam.  
    »Und du bist jetzt mit der komplett nichtsnutzigen Bürotrine zusammen, Oliver?«  
    »Hey! Sag mal … Oh, hat sie dir etwa erzählt, dass …?«  
    »Lena und ich haben keine Geheimnisse.«  
    Wie er grinst. Und wie rot mein Kopf jetzt sein muss. Ich kippe ein wenig Zucker aus dem Zuckerstreuer auf den Tisch und male eine Weile mit dem Finger darin herum.  
    »Ah, wenn man vom Teufel spricht, Oliver.«  
    »Hm? Oh, Lena!«  
    »Hallo.«  
    Mmh, sie küsst so viel sanfter als Franziska …  
    »Ich durfte ausnahmsweise früher Schluss machen. Schaut mal, was haltet ihr von der hier?«  
    Sie holt ein Elektromarkt-Werbeblatt aus der Tasche und zeigt auf eine Waschmaschine.  
    »Gero hat endlich seine Alimente nachgezahlt.«  
    »399 – für eine Bosch? Klingt gut. Oder, Kurt?«  
    »Ich würde noch warten.«  
    »Wieso?«  
    »Apple bringt bald eine iWaschmaschine raus.«  
    »Nein! Echt?«
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