Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Linksaufsteher: Ein Montagsroman

Linksaufsteher: Ein Montagsroman

Titel: Linksaufsteher: Ein Montagsroman
Autoren: Matthias Sachau
Vom Netzwerk:
schon wieder einen Kreis um Rüdiger Rodeo, der seit Stunden ein Fachgespräch mit Kurt über dessen technischen Coup von vorhin führt. Franziska steht stolz neben ihrem neuen IT -Chef. Ich kriege nicht viel von dem Gespräch mit. Kurt erzählt irgendwas davon, dass man den INS-KNI -Domainserver kapern kann, wenn man die SEPI -Firewall über den unverschlüsselten HSTE-NCH-GSHN -Port angreift, und Rüdiger malt sich aus, dass man unter Anwendung derartiger webbasiert-interruptiv-egalisierender Interventionen durchaus auf resurrektivmissionarische Weise die distinktiven Globalfaktoren verändern kann. Ein griffiger Arbeitstitel wäre seiner Meinung nach Das ruderfrosch-Prinzip . Nein, besser Das Rodeo-ruderfrosch-Prinzip .  
    Ich konzentriere mich wieder auf unser Spiel. Wenn Elvin und Adrian draußen sind, werde ich Tobi einen heißen Endkampf liefern. Der setzt bestimmt darauf, dass ich erschöpft bin. Meine Chance. Solange die beiden Anfänger mich noch mit Karten versorgen, entspanne ich mich, und wenn sie weg sind, springe ihn sofort an wie ein Tiger.  
    »Was hat das Pinklbräu-Marketing eigentlich zu dem Ganzen gesagt?«  

    »
Nun ja, Herr Böshuber war leicht irritiert. Nicht, Adrian?
«  

    »
Obwohl wir ihm zugestehen müssen, dass er unter den gegebenen Umständen eine mördermäßige stiff upper lip behalten hat.
«  
    »Und jetzt? Werden sie euch verklagen? Oder Kurt?«  

    »
Nicht, wenn sie die Klicks sehen, die die Aktion bekommen hat.
«  

    »
30000 haben den Livestream verfolgt. Und kurz nachdem Rüdigers Gesicht verschwunden ist, waren es auf einmal 60000.
«  

    »
Ganz zu schweigen von dem, was seit Stunden alles auf Twitter und Facebook dazu geschwallt wird.
«  

    »
Gib einfach mal faustfail als Suchbegriff ein und staune.
«  

    »
Hubraum 1220 ccm sticht.
«  
    »1250.«  
    »Setz doch endlich deine Hörner ab, Krach.«  

Dienstag  
     
    Als ich nach Hause kam, hatte ich lange darüber nachgedacht, ob ich Lena anrufen sollte. Am Ende fand ich, dass es zu spät war. Dann bin ich todmüde ins Bett gefallen und habe von einer endlosen Leinwand voller grüner Gesichter geträumt. Ich sah Lena, Tobi, Franziska, Anton, meine Gesangslehrerin, meine alte WG und noch viele andere. Ihre Antlitze hingen dicht an dicht in einem strengen Quadratraster, konnten aber nicht miteinander reden, ja, sich nicht einmal sehen. Ich versuchte sie anzuklicken, was aber nicht ging und auch irgendwie nicht logisch war.  
    Nachdem ich aufgewacht bin, habe ich sofort wieder überlegt, ob ich Lena anrufen soll. Aber vielleicht schlief sie noch? Oder sie war schon in der Arbeit? Und sie könnte ja auch mich anrufen. Und überhaupt, sie kommt sowieso heute Mittag zum Waschen. Natürlich kommt sie, daran hat sich doch nichts geändert. Oder?  
    Ich frühstücke zu Ende. Franziska war heute Nacht anscheinend nicht zu Hause. Sie wird sich demnächst meinen neugierigen Fragen stellen müssen. Und sollte Rüdiger Rodeo ihr neuer Lover sein, werde ich eine Stunde hysterisch lachend im Kreis hüpfen. Als ich aufstehe, merke ich einmal mehr das viele Bier von gestern im Kopf. Ein Glück, dass ich wenigstens einigermaßen zeitig ins Bett gekommen bin. Kurz das Wetter auf dem Balkon getestet. Schon wieder wärmer geworden. Schuhe oder Flipflops? Eines Tages gehe ich mit Flipflops in Elvins und Adrians Agentur. Habe ich mir schon letzten Sommer fest vorgenommen. Aber muss ja nicht heute sein.  
    Nachdem ich mein Fahrrad vor dem Forza-Idee-Haus angeschlossen habe, spiele ich noch einmal mit meinem Handy in der Hosentasche herum. Nein, ich lasse es . Ich schalte es aus und drücke seufzend die riesige Glastür auf.  
    »Hallo Oliver.«  
    »Hallo Jaqueline.«  
    »Sie warten schon auf dich.«  
    »Besprechungs- oder Gummiballzimmer?«  
    »Hihi, Gummiball.«  
    ***  
    Alles klar. Faust 2.0 ist abgehakt, alle sind zufrieden, und der Alltag hat mich wieder. Ich verlasse mit einem Stapel neuer haarsträubender Texte in der Tasche die Agentur. Wenigstens habe ich erst übermorgen den nächsten Studiotermin. Bei meinem Fahrrad angekommen, schalte ich mein Handy wieder ein. Jetzt rufe ich sie an … Ach, nein! Hier ist ja eine SMS von ihr!  
    Lieber Oliver, ich komme heute nicht. Termin mit Rechtsanwalt, zu viel im Kopf und sehr aufgeregt wg. Gerichtstermin morgen. Kopf geht es gut. Hoffe wir sehen uns am Do? LG Lena  
    Und noch eine zweite SMS:  
    Leg bitte die Schaufel nicht weg  
    Ich steige auf mein
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher