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Linda Lael Miller

Linda Lael Miller

Titel: Linda Lael Miller
Autoren: Dein für alle Ewigkeit
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sie hatte zumindest erwartet, daß ihr Mann ihr die Chance geben würde,
sich ihm als temperamentvolle, aufmerksame und unterhaltsame Gemahlin zu
erweisen – und nun war ihr diese Möglichkeit verweigert worden.
    Es ist
einfach nicht gerecht, sagte sie sich wütend, als sie die größte ihrer drei
Truhen öffnete und die Schleier und anderen Kopfbedeckungen darin betrachtete.
Keine anständige Frau ließ sich mit unbedecktem Haar sehen, doch Gloriana
empfand Schleier als lästig und trug sie daher so selten wie nur möglich. Sie
preßte die Lippen zusammen, ließ die Truhe zufallen und ging entschlossen zur
Tür.
    Das
Abendessen würde jeden Augenblick serviert werden, und sie war hungrig.
    Frisches
Binsenstroh war in der großen Halle ausgestreut, es roch nach Lavendel und
Salbei, Minze und Raute, die unter das Stroh gemischt worden waren. Öllampen,
die an eisernen Ketten von den hohen Deckenbalken hingen, verbreiteten ein
anheimelndes Licht, und die lange Tafel, gesäumt mit Gästen und Gewappneten,
war blitzblank gescheuert. Platten mit Wildbret, Kapaun und Kaninchen standen
zwischen Schüssel mit weißen und roten Rüben. Auf einer Art Podium befand sich
ein zweiter, etwas kleinerer Tisch, an dem Gareth gewöhnlich speiste – zusammen
mit Elaina, wenn sie zu einem ihrer kurzen Besuche im Schloß erschien. Der
Haushofmeiser, ein Schotte namens Hamilton Eigg, hatte dort ebenfalls einen
Platz, ebenso wie Cradoc, der Mönch, und jeder andere geschätzte Gast. Auch
Edward saß im allgemeinen bei seinem älteren Bruder, und natürlich auch
Gloriana.
    Im
Augenblick waren nur Eigg und Cradoc zu sehen, doch Gareth kam oft spät zu
Tisch, und heute abend würde Kenbrook ihn begleiten. Während Gloriana nichts
dagegen hatte, in Gesellschaft ihres Gatten zu speisen, war sie keineswegs
bereit, das Brot mit seiner Mätresse zu brechen.
    Gloriana
stand mitten in der großen Halle, nicht sicher, ob sie bleiben oder fliehen
sollte, als Edward neben ihr erschien, ihren Ellbogen ergriff und sie zum
Podium führte.
    »Hab keine
Angst«, flüsterte er, denn er war sehr geschickt darin, ihre Gedanken zu
erraten. »Meine Brüder sind im Dorf und trinken Bier. Weshalb es äußerst
unwahrscheinlich ist, daß sie uns Gesellschaft leisten werden. Die Frau hat
Kopfweh, wie ich hörte, und wird in ihren Zimmern bleiben – die in einiger
Entfernung von Kenbrooks Gemächern liegen, falls das Wissen dich beruhigt.«
    So blieb
Gloriana also wenigstens an diesem Abend die öffentliche Vorstellung der
Geliebten ihres Gemahls erspart. Es war natürlich nur ein kurzer Aufschub, aber
sie war trotzdem froh darüber. »Ist es dir gelungen, herauszufinden, wie sie
heißt?« flüsterte sie Edward zu, als sie an den Tisch traten.
    »Mariette«,
erwiderte Edward genauso leise.
    Eigg und
der Priester erhoben sich ehrerbietig vor Gloriana, und sie schenkte ihnen ein
erzwungenes Lächeln, als sie sich zu ihnen setzte.
    »Ihr habt
Eure Kopfbedeckung vergessen, Lady Kenbrook«, rügte Cradoc zwischen zwei
Löffeln des würzigen Fleischeintopfs. Der Mönch war ein liebenswürdiger Mann
mittleren Alters, dessen Haarkranz sich langsam silbern färbte
und der eine lange, schiefe Narbe unter dem rechten Auge hatte.
    Gloriana
senkte den Kopf, murmelte ein kurzes Gebet und nahm sich dann mit Hilfe ihres
Messers eine dampfende Rübe und ein Stück Wildbret von den Platten. Sie dachte
nur selten an die Zeit davor und an den Ort, von dem Edwenna stets
behauptet hatte, er existiere nur in ihrer Phantasie, doch an gewisse Dinge
erinnerte sie sich manchmal ganz genau. Wie jetzt zum Beispiel, als sie ihr ein
spitzes Gerät in den Sinn kam, Gabel genannt, das das Essen sehr erleichterte.
    »Sie hat sie
nicht vergessen«, bemerkte Eigg betrübt und brach sich ein Stück Brot ab. Er
war zehn Jahre jünger als Cradoc, ein gutaussehender Mann mit dunklem Haar,
dunklen Augen und einem Talent für Zahlen. »Mylady trotzt nur gern den
religiösen Vorschriften.«
    Normalerweise
hätte Gloriana die scherzhafte Bemerkung des Haushofmeisters nicht
übelgenommen und vielleicht sogar ihren Spaß daran gehabt. An diesem Abend
jedoch war sie sehr empfindlich. »Mit Eurem Gerede werdet Ihr mich noch als
Ketzerin auf den Scheiterhaufen bringen«, entgegnete sie steif. »Darf ich Euch
daran erinnern, Sir, daß ich jeden Morgen die Messe besuche, gläubig wie alle
anderen?«
    »Wenn es
Sünde ist, was Eure Neugier erregt«, warf Edward ein, »dann seht Euch den
Gemahl der Dame
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