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Linda Lael Miller

Linda Lael Miller

Titel: Linda Lael Miller
Autoren: Hundert Jahre Zaertlichkeit
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er die hinteren Stufen
hinaufstieg und die Tür öffnete.
    Die
weitläufige Küche war leer, obwohl eine Laterne auf dem rot und weiß karierten
Tisch brannte.
    Jonathan
stellte die Tasche weg und zog das Jackett aus. Einsamkeit erfüllte ihn. Sein
Abendessen stand wie üblich im Herd. Er löste die Manschettenknöpfe und rollte
die Ärmel hoch. Dann nahm er einen Kessel vom Herd, goß heißes Wasser in eine
Waschschüssel und fügte etwas kaltes Wasser aus dem Eimer neben dem Spülstein
hinzu. Danach schrubbte er sich die Hände mit einer gelben Seife.
    »Papa?«
    Er drehte
sich um und sah Trista im Nachthemd am Fuß der hinteren Teppe stehen. »Hallo,
Püppchen!« grüßte er und sah sie forschend an. »Ellen ist nicht hier? Du warst
doch nicht die ganze Zeit allein daheim?«
    Mit ihren
dunklen Haaren und den grauen Augen ähnelte Trista ihm und nicht Barbara. Und
er war froh, nicht jedesmal an seine Frau erinnert zu werden, wenn er seine
Tochter anschaute.
    »Ellen
mußte nach dem Abendessen nach Hause gehen«, antwortete Trista und leistete
ihm Gesellschaft. »Ihr Bruder Billy hat sie geholt, weil die Kühe ausgebrochen
sind.«
    Jonathans
Miene spannte sich an. »Ich weiß nicht, wie oft ich diesem Mädchen erklärt habe
...«
    Trista
griff lachend nach seiner Hand. »Ich bin groß genug, um ein paar Stunden allein
zu sein, Papa.« Jonathan seufzte. »Du bist acht Jahre alt.«
    »Maggie
Simpkins ist auch acht, und sie kocht für ihren Vater und alle ihre Brüder.«
    »Und sie
ist mehr wie eine alte Frau und nicht wie ein Kind.« Er sah täglich alte
Kinder, obwohl Gott wußte, daß es hier
in Pine River besser stand als in anderen Städten. »Überlaß du den Haushalt
Ellen und konzentriere dich darauf, ein kleines Mädchen zu sein. Du wirst bald
genug eine Frau sein.«
    Trista warf
einen Blick auf das verbrannte und zusammengeschrumpfte Essen auf dem Teller
ihres Vaters. »Wenn
du weiterhin dieses schreckliche Zeug willst, ist es deine Sache.« Seufzend
stützte sie die Ellbogen auf den Tisch. »Vielleicht solltest du wieder heiraten,
Papa.«
    Jonathan
schob den Teller weg. »Und vielleicht solltest du wieder ins Bett gehen«,
entgegnete er brüsk und zog seine Taschenuhr aus der Weste. »Es ist spät.«
    Trista nahm
seinen Teller weg. »Willst du deshalb keine andere Frau, weil du Mama noch
immer liebst?«
    Jonathan
hatte Trista längst nicht alles über ihre Mutter erzählt. Dazu gehörte, daß es
nie Liebe zwischen ihnen beiden
gegeben hatte. Und Barbara war nicht weit weg bei einem Unfall gestorben,
sondern hatte ihren Mann und ihr Kind verlassen. Und Jonathan hatte die
Scheidung eingereicht. »Man kann nicht einfach zum Kaufmann gehen und sich eine
Frau kaufen, Trista.«
    »Es gibt
viele Ladys in Pine River, die sich nach dir verzehren«, behauptete Trista. »Miss
Jinnie Potts zum Beispiel.«
    Jonathan
wies mit dem Finger auf die Tür. »Ins Bett, Trista«,
sagte er energisch.
    Sie tappte
durch die Küche und schlang die Arme um ihn. »Gute Nacht, Papa«, sagte sie, drückte
ihn und entwaffnete ihn so, wie das keine andere Frau vermochte. »Ich liebe
dich.«
    Er drückte
ihr einen Kuß auf den Scheitel. »Ich liebe dich auch«, sagte er mit rauher
Stimme.
    Trista
drückte ihn noch ein letztes Mal, drehte sich dann um und hastete die Treppe
hinauf. Ohne sie war die Küche kalt und leer.

Kapitel 2
    Abends zog ein Gewitter auf. Elisabeth
hatte in Pine River eingekauft und wärmte etwas von dem Rindfleisch der
Buzbee-Schwestern auf, als das Telefon läutete.
    »Hallo,
Kleines!« sagte ihr Vater mit seiner tiefen Stimme. »Wie geht es meinem Baby?«
    Elisabeth
lächelte. »Gut, Daddy. Wo bist du?«
    Er lachte
leise. »Du kennst das doch – wenn heute Mittwoch ist, muß das hier Cleveland
sein. Wieder eine Geschäftsreise.«
    Das war
nichts Neues. Marcus Claridge war ständig unterwegs, seit er eine
Beratungsfirma gegründet hatte, als Elisabeth noch klein war. »Wie geht es
Traci und dem Baby?« fragte sie. Erst vor achtzehn Monaten hatte Marcus eine
Frau geheiratet, die drei Jahre jünger als Elisabeth war, und das Paar hatte
einen kleinen Sohn.
    »Großartig.«
Marcus räusperte sich. »Hör mal, ich weiß, daß du es im Moment schwer hast,
Süße. Traci und ich haben gedacht ... Also, vielleicht willst du an den Lake
Tahoe kommen und den Sommer mit uns verbringen. Es gefällt mir nicht, daß du
dich in diesem alten Spukhaus vergräbst ...«
    Elisabeth
lachte leicht hysterisch. Sie hatte nichts gegen Traci,
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