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Liliths Kinder

Liliths Kinder

Titel: Liliths Kinder
Autoren: Vampira VA
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Arbeit waren. Er war nur ziemlich sicher, daß droben die nächtliche Sonne schon über den Horizont gekrochen war.
    Irgendwann, als er sich auf den Stiel seiner Schaufel stützte, um zu verschnaufen, nahm er Calot beiseite.
    »Was möchtest du mich fragen?« wollte der Blinde wissen und erstaunte Vador damit einmal mehr. Es schien, als würde ihm das Augenlicht durch sehr viel mehr als nur Tastsinn und Gehör ersetzt.
    »Nun«, begann er, »ich frage mich, ob es nicht auch möglich wäre, einen solchen Tunnel unter -«
    »- unter der Grenze hindurch zu graben?« vollendete Calot den Satz für Vador. Der Tiefe schüttelte lächelnd den Kopf. »Glaubst du, das wäre nicht schon versucht worden in all der langen Zeit?«
    »Und?«
    Calot seufzte schwer. »Die Barriere reicht weit hinab. Sie umschließt Mayab wie eine Kugel, rundum.« Er unterbrach sich kurz, dann fuhr er fort: »Es gab Männer, die einen Stollen gruben, wie du ihn meinst -«
    »Was geschah mit ihnen?« fragte Vador, als Calot nicht weiter-sprach.
    »Wie alle anderen wurden auch sie von der Barriere fortgeschleudert.«
    »Wohin?«
    »Ins feste Erdreich«, antwortete der Blinde und wies zu den Wänden des Stollens hin. »Wir fanden einen von ihnen - oder vielmehr: wir fanden seine Beine, die bis zu den Knien aus der Wand eines Ganges ragten .«
    Vador schluckte hart. Die bloße Vorstellung eines solch qualvollen Sterbens ließ ihn frieren. Ohne ein weiteres Wort machte er sich wieder an die Arbeit.
    Weitere Stunden vergingen.
    Bis die Schaufelblätter und Haken ins Leere stießen!
    Sie waren durchgebrochen in einen schon bestehenden Gang -dessen Mauern nicht aus Lehm und Fels bestanden, sondern ohne Zweifel von Menschenhand erbaut worden waren!
    Jeder der Männer wußte, wo sie angelangt waren.
    Am Ziel .
    Calot rief Befehle über die Schulter, und nach einer Weile kam eine Anzahl Blinder den neugeschaffenen Stollen entlang. Langsam und keuchend, weil sie schwere Last zu tragen hatten: grob gezimmerte Kisten, deren Inhalt einiges zu wiegen zu schien.
    Vador trat zurück, um sie passieren zu lassen. Sie verschwanden durch die Öffnung am Ende des Stollens. Er wandte sich an Calot.
    »Sag mir, was ist das für ein Zeug, das - wie nanntest du es noch gleich?« fragte er.
    Calot lächelte wissend. »Sprengstoff.«
    Dann hieß er Vador ihm zu folgen. Dorthin, wo noch nie ein Mensch aus freien Stücken den Fuß hingesetzt hatte.
    In die Höhle des Löwen.
    In den Palast der Tyrannen.
    *
    Chiquel wußte nicht, wieviel Zeit vergangen war.
    Seit er Lilith - oder vielmehr ihren verkohlten Leichnam - in den Palast gebracht hatte, kniete er schon neben ihr, reglos, trauernd. Und er vermochte das schwarze Etwas, das er auf das Lager seines Gemachs gebettet hatte, kaum anzusehen, weil ihm der Anblick ins Herz schnitt, als müsse er den Schmerz, den Lilith im Sterben erlitten haben mußte, selbst empfinden.
    In Copans Gedanken hatte er gelesen, wie es dazu gekommen war. Welcher perfide Plan dahintersteckte.
    Und wer ihn ersonnen hatte!
    »Cuyo«, stieß Chiquel hervor, »ich hasse dich, wie niemand seinen Bruder hassen dürfte! Ich hasse euch alle - verfluchte Brut, die ihr seid. Lilith, deren Tod ihr zu verantworten habt, mag nicht wirklich eure Mutter gewesen sein - aber ihr wäret es auch nicht wert, von ihr abzustammen!«
    Am liebsten hätte er seine Geschwister mehr als nur zur Rede gestellt. Aber sein verkrüppelter Leib ließ es nicht zu. Nur zu leicht hätten sie sich seiner erwehrt und - Die wie von Gicht gekrümmten Finger des Vampirs strichen über die schwarze Kruste, die einmal Liliths Haut gewesen war. Noch immer schien die Hitze des todbringenden Feuers darin nachzuglühen, denn Chiquel spürte Wärme, nicht aber die Kälte des Todes.
    Wie schrecklich mußte Lilith gestorben sein ...
    »Verzeih mir«, flüsterte er, der ihr als einziger wie ein wahrer Sohn gewesen war, »verzeih wenigstens du mir, Lilith. Denn ich selbst werde mir nie verzeihen, daß ich zu spät kam, um dir zu helfen.« Chiquel ballte die Hände zu Fäusten, drückte seine Stirn gegen Liliths schwarzen Korpus. »Was ist das für eine erbärmliche Macht, die der Kelch uns schenkte - wenn sie doch nicht einmal genügt, um zu bewahren, was mir lieb ist?«
    »Oh, sorge dich nicht, Bruder -«
    Erschrocken sprang Chiquel auf.
    »- du wirst nicht mehr lange mit dieser >erbärmlichen Macht< gestraft sein.«
    Chiquel sah zur Tür seines Gemachs hin.
    »Denn wir werden sie dir abnehmen - samt
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