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Liliths Kinder

Liliths Kinder

Titel: Liliths Kinder
Autoren: Vampira VA
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er in der Finsternis umher unsichtbare Beobachter wußte, rief er: »Ihr anderen -bringt Wasser zum Löschen! Niemandem, der meinem Befehl gehorcht, wird ein Leid geschehen!«
    Die Dienerkreatur zog derweil weitere Hölzer aus dem Feuer, vor Schmerz heulend. Schon fraßen kleine Flammen sich über sein Gewand.
    »Ich kann nicht, Herr!« greinte er. »Ich flehe Euch an - habt Gnade!«
    »So sei es«, knurrte Chiquel. Er ging zu Copan, und als er aus den Augenwinkeln sah, daß tatsächlich erste Männer seinem Befehl folgten und Gefäße mit Wasser heranschleppten, sagte er zu dem Alten: »Ich brauche dich ohnehin nicht mehr.«
    Damit schlang er Copan den linken Arm um den Nacken und stieß ihm die Rechte unters Kinn, daß es ihm den Kopf weit zurücktrieb. Das Brechen seines Genicks ging unter im Prasseln des Scheiterhaufens, in den Chiquel den Leichnam der Dienerkreatur schleuderte.
    »Los, beeilt euch!« trieb er dann die Männer an, die sich nicht in seine Nähe wagten. Chiquel winkte sie zu sich, um ihnen die Angst zu nehmen. Ganz gelang es ihm nicht; ein furchtvolles Flackern hielt sich tief in ihren Augen, aber immerhin vermochte er sie soweit zurückzudrängen, daß sie endlich taten, was er ihnen aufgetragen hatte.
    Eimer um Eimer kippten sie Wasser ins Feuer. Bald schon hüllten Dampfschwaden den Scheiterhaufen wie in Nebel, den Glut und kleiner werdende Flammen rötlich färbten.
    Schließlich hieß Chiquel einem Mann, einen Weg in dem verbrannten Geäst zu schaffen, auf dem er selbst dann zu dem Pfahl in der Mitte gelangte.
    Nur ein schwarzes Etwas hing noch daran, zwar noch von der Größe Liliths, aber im Feuer zur Unkenntlichkeit verbrannt. Daß die Fesseln noch hielten, kam einem Wunder gleich.
    Chiquel zerriß die verkohlten Stricke mit bloßen Händen. Ehe das, was von Lilith übriggeblieben war, zu Boden sinken konnte, fing er es auf.
    Schweigend wandte er sich mit seiner schwarzen Last ab und ging durch das Spalier der Männer, die reglos wie Statuen seinen Weg säumten.
    Und etwas sahen, daß noch nie ein Mensch in Mayab gesehen hatte.
    Tränen eines Tyrannen.
    *
    Wo sonst zu jeder Stunde vollkommene Finsternis geherrscht hatte, lohte jetzt das Licht Dutzender Fackeln. Flackernd füllte es das Labyrinth unter Mayab. Rußige Schwaden hingen unter den Decken der Stollen, als hätte das tiefe Reich ganz eigene Wolken.
    Zugleich führte der verschwenderische Fackelschein Vador erstmals wirklich die Tristesse dieser Unterwelt vor Augen. Bei seinen wenigen bisherigen Besuchen hier hatte ihm nur eine Kerze seine unmittelbare Umgebung erhellt. Die Hermetische Stadt schien ihm im Vergleich ein Paradies zu sein, trotz des unwürdigen Lebens, das die Menschen dort zu führen gezwungen waren. Aber die Tiefen klagten nicht, besaßen sie doch etwas, was das Volk nie sein eigen nennen konnte - Freiheit, ein Leben ohne Angst.
    Dennoch hätte Vador nicht mit ihnen tauschen wollen .
    Aber derlei Gedanken sollten sich ohnedies bald erübrigen - vorausgesetzt, der Plan der Tiefen ging auf.
    Um ihn in die Tat umzusetzen, hatten sie jene Männer zu sich geholt, die über Jahre ihre Verbindung nach Mayab gewesen waren und sie mit Nahrung und allem Notwendigen versorgt hatten.
    Heute baten die Blinden um Hilfe ganz anderer Art. Und sie wur -de ihnen gewährt.
    Zum ersten Mal sah Vador hier und heute, wer außer ihm noch zu den Helfern der Tiefen zählte. Er kannte jeden von ihnen - natürlich, denn Mayab war buchstäblich überschaubar! -, aber nie wäre er zuvor auf die Idee gekommen, gerade diese Männer mit sich im Bunde zu vermuten. Wohl hatte er sich im Laufe der Zeit Gedanken dar-über gemacht, wen sich die Blinden wohl noch zum Helfer erkoren haben mochten. Und er hatte auch einige Leute im Verdacht gehabt - aber, wie er nun feststellte, hatte er sich in fast allen Fällen geirrt.
    Sie alle verloren kein Wort über das Bündnis, das sie mit den Tiefen geschlossen hatten. Sie hatten sich, als sie hier unten einander begegnet waren, nur zugelächelt, und jetzt taten sie schweigend, worum man sie gebeten hatte - weil sie die Chance darin erkannten. Die Chance, Mayab von der Herrschaft der Tyrannen endgültig zu befreien.
    Mit Schaufeln und Pickeln trugen sie das Erdreich ab. Gruben einen neuen Stollen, in jene Richtung, die Calot ihnen gewiesen hatte. Die Tiefen unterstützten die sehenden Männer nach besten Kräften, schafften lose Erde und Geröll nach hinten fort.
    Vador wußte nicht, wie lange sie schon bei der
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