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Liliane Susewind – Ein kleines Reh allein im Schnee (German Edition)

Liliane Susewind – Ein kleines Reh allein im Schnee (German Edition)

Titel: Liliane Susewind – Ein kleines Reh allein im Schnee (German Edition)
Autoren: Tanya Stewner
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alle ruhig hingelegt und hörten Lillis Stimme andächtig zu.
    Schließlich war Lilli fertig und klappte das Büchlein zu.
    »Interessant«, bemerkte Nasibart und legte ein Ohr zurück. »Das war ganz anders als das Tierlexikon.«
    »Ja«, stimmte Lilli zu und sah Nasibart prüfend an. »Möchtest du, dass ich dir zeige, was Buchstaben sind?«
    »In der Tat.« Das Murmeltier rückte noch näher an Lilli heran. »Das hat ja schließlich lange genug gedauert!«
    Lilli musste ihm recht geben. Aber nun war der Zeitpunkt gekommen, und sie würde versuchen, einem Murmeltier das Lesen beizubringen. »Das hier ist ein A.« Lilli deutete auf den Buchstaben. »Und das ist ein B.«
    Nasibart hörte mit gespitzten Ohren zu. Lilli erklärte ihm nun alle Buchstaben des Alphabets, ohne zu wissen, ob das Murmeltier irgendetwas damit anfangen konnte. »Und dann setzt man die Buchstaben zu Wörtern zusammen«, erklärte sie weiter. »Dieses Wort hier heißt zum Beispiel Krippe .«
    »Aha.« Nasibart reckte die große Nase so weit vor, dass sie beinahe die Seite berührte.
    »Und das hier Hirten .« Lilli fragte sich, ob sie einfach weitermachen sollte. Eigentlich war es ja völlig verrückt, was sie hier tat.
    Da sagte Nasibart: »Und das hier Freude .« Seine Pfote fuhr an eine Stelle der Seite, und dort stand tatsächlich Freude .
    Lilli fielen beinahe die Augen aus dem Kopf. »Ja!«, rief sie erstaunt. »Das steht da wirklich!«
    Ihr Vater warf ihr einen ungläubigen Blick zu. Alle anderen schienen es ebenso wenig glauben zu können.
    Nasibart machte weiter. »Und das hier: Sohn. Und das da: Windeln. « Er schnaufte verwundert. »Was sind Windeln?«
    Lilli lachte. »Etwas sehr Menschliches.«
    Nasibart las nun den kompletten Satz vor: »Und sie gebar ihren ersten Sohn und wickelte ihn in Windeln und legte ihn in eine Krippe.«
    »Das ist richtig.« Lilli konnte es kaum fassen. »Ich glaube, du kannst lesen!«
    Nasibart gab ein freudiges Schnuffgeräusch von sich. »Siehst du, ich habe dir doch gesagt, ich würde es schneller lernen als herkömmliche Menschenkinder.«
    »Ja«, bestätigte Lilli staunend. »Und du hast recht gehabt. Ich glaube, Murmeltiere sind wirklich die intelligentesten Tiere der Welt.«
    »Wie bitte?«, maunzte Frau von Schmidt empört. »Das ist ja unerhört! Zeigen Sie mir, wie dieses Lesen geht! Ich lerne es auch in null Komma nichts!«
    Lilli lächelte, ging aber nicht darauf ein. Stattdessen wandte sie sich an ihre Oma, die das Murmeltier mit einer Mischung aus Verblüffung und Unglauben anstarrte. »Oma?«
    »Hm?« Oma konnte den Blick kaum von Nasibart abwenden.
    »Weißt du noch, was du gesagt hast?«
    »Was? Worüber?«
    »Du hast gesagt, wenn Nasibart wirklich lesen lernt, dann tanzt du auf dem Dach den Schneewalzer.«
    Omas Augen weiteten sich. »Stimmt. Das hab ich gesagt.« Sie suchte nach Worten. »Aber ich hätte nicht gedacht …«
    »Du hast es gesagt, und jetzt musst du auch tanzen!«
    Die Erwachsenen starrten Lilli sprachlos an.
    Jesahja sprang auf. »Gesagt ist gesagt!«
    Da holte Oma tief Luft und erhob sich. »Das ist richtig. Man sollte sich an seine Versprechen halten.«
    »Mutter!«, rief Lillis Vater. »Du willst doch jetzt nicht aufs Dach klettern!?«
    »Doch.« Damit eilte Oma aus dem Stall, zog sich auf dem Weg nach draußen ihre warme Jacke an und holte eine lange Leiter aus der Garage. Mit entschlossenem Gesicht stieg sie dann auf das flache Dach des Stalls, während Lillis Mutter die Hände über dem Kopf zusammenschlug.
    Es war eine sternenklare Nacht, und der Mond leuchtete so hell, dass man Oma gut sehen konnte. Kaum, dass sie oben war, hob sie die Arme wie beim Tanzen mit einem Partner und begann, den Schneewalzer zu summen. Dann fing sie auch schon an zu tanzen. Leichtfüßig wirbelte sie über das Dach und drehte sich im Takt der gesummten Melodie.
    »Go, Oma!«, rief Lilli und klatschte begeistert in die Hände.
    »Tanzt du mit mir?«, fragte Jesahja Lilli plötzlich.
    »Was?«
    »Lass uns auch raufklettern und tanzen!«
    Lilli grinste überrascht, und Jesahja nahm ihre Hand. Rasch zog er sie die Leiter hinauf, während Lillis Mutter unten »Gott steh uns bei!« stöhnte.
    Lilli hatte keine Ahnung, wie man Walzer tanzte. Jesahja schien es ebenso wenig zu wissen, aber darauf kam es gar nicht an. Sie hielten sich fest, so, wie Tanzpaare es wohl taten, und begannen, sich zu drehen. Das machte Spaß, und Lilli kicherte.
    »Kommt auch rauf!«, rief sie ihren Eltern und den
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