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Liliane Susewind – Ein kleines Reh allein im Schnee (German Edition)

Liliane Susewind – Ein kleines Reh allein im Schnee (German Edition)

Titel: Liliane Susewind – Ein kleines Reh allein im Schnee (German Edition)
Autoren: Tanya Stewner
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Wilhelmine das wissen? War sie womöglich eine Journalistin, die sie aushorchen wollte? Als sie jedoch in die weisen, freundlichen Augen der alten Frau blickte, wurde Lilli klar, dass das ein absurder Gedanke war. »Wenn ich in der Nähe von Pflanzen bin, geht es ihnen einfach besser, und sie wachsen schneller«, erzählte Lilli. »Dabei kann man aber meistens nicht zugucken. Nur wenn ich lache, geht es rasend schnell. Dann können Blüten sich innerhalb von Sekunden öffnen … oder Gras wächst zwischen meinen Schuhen hervor.«
    Wilhelmine hörte aufmerksam zu. »Aber es passiert nicht nur zufällig, oder? Du kannst eine Pflanze auch willentlich zum Wachsen oder zum Blühen bringen?«
    »Ja, das geht auch. Wenn ich mich konzentriere, dann kann ich mich in Pflanzen … hineinspüren. Mit ihnen … Kontakt aufnehmen.« Das war gar nicht so leicht zu erklären. »Ich kann Pflanzen zum Beispiel sagen, dass sie wachsen sollen. Oder Obst dazu bringen, schneller reif zu werden!«
    Wilhelmine nickte nachdenklich. »Eine phantastische Fähigkeit, die viel Gutes bewirken kann«, sagte sie und schaute Lilli an, als habe sie etwas ganz Bestimmtes im Kopf. »Ich habe dich eben gefragt, ob du ein besonderes Verhältnis zu Kräutern hast.«
    »Ja … weswegen eigentlich?«
    »Kräuter sind Pflanzen.«
    Da wurde Lilli bewusst, worauf Wilhelmine anspielte. »Ich …« Sie stockte überrascht. Wilhelmine hatte recht! Kräuter waren Pflanzen! Darüber hatte Lilli noch nie nachgedacht.
    Ihr Vater betrat den Kräuterladen. Auf den Armen trug er Jesahja, der noch fiebriger aussah als zuvor. Wilhelmine stützte sich auf ihren Stock, stand auf und wies Lillis Vater an, Jesahja auf eine Liege im hinteren Teil des Ladens zu legen. Der kleine Moritz half ihm dabei und zupfte mit wichtigem Gesichtsausdruck an Jesahjas Decke herum. Zwischendurch warf er Lillis Vater immer wieder einen Blick zu, der zu fragen schien: Mach ich das nicht toll?
    Dann gingen die beiden wieder hinaus, um Reena zu holen.
    Sobald sie fort waren, beugte Wilhelmine sich über Jesahja und strich ihm über die tiefrote, schweißnasse Stirn. Dann winkte sie Lilli zu sich. »Hier. Fühl mal«, forderte sie Lilli auf, und diese legte ihre Hand auf Jesahjas Wange. Sie war heiß.
    »Und nun möchte ich, dass du etwas tust.«
    Lilli wurde plötzlich mulmig. Wilhelmine sah sie an, als ginge es um etwas sehr Wichtiges. »Was denn?«, kiekste Lilli.
    »Du musst die richtige Medizin für deinen Freund holen.« Wilhelmine wies auf die gut gefüllten Regale.
    »Was?«, fragte Lilli entgeistert. »Ich soll …«
    Wilhelmine fixierte sie ernst. »Ich bin mir sicher: Wenn du mit den Kräutern Kontakt aufnimmst, so, wie du es mit den Pflanzen machst, wirst du wissen, was er braucht.«
    Lilli spürte, wie ein Kribbeln ihr Rückgrat hinaufkroch. »Ich soll … erfühlen, was die richtige Medizin ist?«
    Wilhelmine lächelte feierlich. »Ja. Ich glaube, dass du das kannst.«
    Mit einem Mal war Lilli furchtbar aufgeregt. Wenn das klappte … wenn das wirklich möglich war! Ihre Gedanken überschlugen sich. Doch dann riss sie sich zusammen, um sich zu konzentrieren.
    Vor dem Laden erklärte Moritz ihrem Vater gerade deutlich hörbar, dass er sich, wenn er der Weihnachtsmann wäre, auch lieber den Bart abrasieren und in normalen Menschensachen herumlaufen würde. Sonst würde man ihn ja gleich überall erkennen …
    Die beiden würden wohl noch eine Weile diskutieren.
    Lilli schloss die Augen und atmete tief ein und aus. Dann drehte sie sich zu den Regalen mit den Heilmitteln um, und plötzlich war es, als könne sie die Gegenwart der vielen Heilkräuter nicht nur riechen, sondern auch spüren. Hallo, Kräuter , sagte sie in Gedanken und merkte, dass ihre Knie vor Aufregung zu zittern begannen. Könnt ihr mir sagen, welche die richtige Medizin für Jesahja ist? Das wäre super, und ich wäre euch total dankbar.

    Wie von einer unsichtbaren Hand gezogen trat Lilli daraufhin zwei Schritte vor, griff mit geschlossenen Augen ins Regal und zog einen kleinen Gegenstand hervor. Hastig öffnete sie die Augen wieder. In der Hand hielt sie ein kleines braunes Fläschchen. Darauf war ein großer Aufkleber, und auf diesem stand: Belladonna D6 .
    Lilli rang nach Luft. »Das gibt’s doch gar nicht!«, presste sie hervor. Mit so etwas hatte sie nicht gerechnet! Noch nie hatte sie an so etwas gedacht!
    Wilhelmine trat auf ihren Stock gestützt neben sie und warf einen Blick auf das braune
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