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Lila Black 01 - Willkommen in Otopia

Lila Black 01 - Willkommen in Otopia

Titel: Lila Black 01 - Willkommen in Otopia
Autoren: Justina Robson
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nervös.
    »Ich wollte, das wäre alles nicht nötig, Ms Black«, sagte sie. »Ich hoffe, Sie nehmen diese Drohungen nicht auf die leichte Schulter.«
    »Tue ich nicht«, sagte Lila. Sie bereute ihren flippigen Ton. Es hätte ihr mehr Sympathie eingetragen, vor Jolene eine kleine Schwäche zu zeigen. Mit ihrer coolen Art hatte sie diese Frau nicht gerade für sich eingenommen.
    Die Eingangshalle mündete in mehrere Flure und Treppenhäuser. Lila ging in den ersten Stock hinauf und durch ein Labyrinth von Gängen. Sie gelangte in einen Raum von der Größe ihrer gesamten Wohnung mit einer Glasfront zum Meer hin, die für eine fantastische Aussicht sorgte. Dort sah sie niemanden, nur eine Gruppe von hellen Sofas, ein beliebig wirkendes Sortiment Topfpflanzen und eine Jacke über einer Sessellehne. Irgendwo hörte sie ganz leise Stevie Wonder Blame It On The Sun singen. Ansonsten war alles still.
    Sie ging dorthin, wo sich laut ihrer technisch optimierten, automatisierten Sinne Zal befinden musste. Der Doublesafe-Ring lag auf dem Sessel, neben der Jacke. Lila musterte ihn verdrossen, fast schon wütend, unterdrückte das Gefühl dann aber rasch und konzentrierte sich ganz auf die Jacke. Es war ein Elfenerzeugnis aus dicht gewebter Rohseide, sparsam verziert mit magischen Zeichen, die so alt waren, dass sie keine eigene Farbe und keinen Duft mehr hatten. Die Jacke war von der Sonne ausgebleicht. Nur auf der Innenseite war noch das ursprüngliche Karmesinrot erkennbar. Die Außenseite war von einem verwaschenen Rotbraun und stellenweise so abgewetzt, dass das Weiß durchschimmerte.
    Während Lila sich genauer umsah, fasste sie den Saum eines Ärmels an. Der Stoff wurde zwischen ihren Fingern weicher. Sie ließ ihn schnell los und merkte erst jetzt, dass das nagende Gefühl in ihrem Inneren Angst war. Sie hatte seit dem letzten Tag, an dem sie noch ein ganzer Mensch gewesen war, nichts Elfisches mehr gesehen. Sie hatte es mühsam vermieden, Zal und seine Band oder irgendwelche anderen elfischen Klänge zu hören. Sie hatte nur den einen Wunsch gehabt, nie wieder in irgendeiner Form mit Elfen konfrontiert zu sein. Sie war froh über den Prozessor, der ihre Träume filterte. Sie hatte gar keine Lust, diesem Beinahe-Unsterblichen zu begegnen, den sie unter Einsatz ihres kurzen Lebens schützen sollte. Sie wollte seine Jacke nicht berühren.
    In diesem Moment stellte sich ihr Gehör plötzlich feiner ein. Es war nicht Stevie, der den alten Song sang. Es war jemand, der übernatürlich ruhig im Schattendunkel stand, keine Körperlänge von ihr entfernt. Es war Zal.
    Lila zwang sich, sich nur ganz langsam umzudrehen, um sich nicht anmerken zu lassen, wie überrascht sie war. Ihr Herz zersprang fast unter den Kontrollbemühungen ihrer KI. »Da sind Sie ja«, sagte sie locker. »Ich bin Lila Black, Ihr Bodyguard.« Noch während sie sprach, merkte sie, dass sie ihren richtigen Namen genannt hatte, statt sich mit ihrer Tarnidentität vorzustellen.
    Ärger über ihren dummen Fehler stieg in ihr auf, und gleichzeitig war da ein seltsam prickelndes Zitrusaroma wie von einem Schuss Limone in einem sprudelnden Getränk. Moment mal, das konnte doch wohl nicht ein Schwall wilder Magie gewesen sein? Doch nicht der Beginn eines Spiels? Elfen, Menschen und Spiele, das gehörte zusammen … Sie schauderte bei dem Gedanken, aber es war schon zu spät. Nein, dafür war es zu schwach. Es konnte nur Einbildung sein.
    Zal hatte aufgehört zu singen, als sie ihn entdeckt hatte. Er war genauso groß wie sie, also standen sie sich Auge in Auge gegenüber, während sie gegen ihren Ärger ankämpfte. Er erschien ihr eine Spur überrascht, aber sie konnte nicht klar denken. Ihre Verunsicherung schockierte sie. Es war nicht sein Aussehen und auch nicht sein Rockstar-Status. Es war seine Andersartigkeit, die Mischung daraus, dass er so beinahe-menschlich aussah und doch in Wirklichkeit so nicht-menschlich war.
    Er hatte sich gar nicht zu verstecken versucht, aber sie hatte ihn nicht gesehen. Seine natürliche magische Aura hatte ihn ihrer Wahrnehmung entzogen, und jetzt spürten ihre technisch unterstützten Sinne die leichte elektrische Ladung des Feldes, das ihn umgab. Dieser elfische Ätherleib, der größer war als sein stofflicher Körper und sich unabhängig von diesem bewegte, dehnte sich jetzt nach ihr aus und berührte sie mit unsichtbaren Ätherzungen. Sein Andalun – das Wort, das der großen Brücke von Bay City ihren Namen gegeben hatte –
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