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Liebling der Götter

Liebling der Götter

Titel: Liebling der Götter
Autoren: Tom Holt
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nicht angefangen.«
    Der Himmelsgott grinste, und das brachte das Faß irgendwie zum Überlaufen. Der ganze Ärger, der sich schon seit Beginn dieser ganzen ermüdenden Angelegenheit in Jason aufgestaut hatte, brach plötzlich aus ihm hervor und entlud sich. In diesem Moment, stellte Jason fest, war an Jupiter etwas, das ihm nicht nur gewaltig stank, sondern ihm auch schwer im Magen lag. Mit einem Schrei, der das Blut in den Adern derart erstarren ließ, daß man daraus hätte Blutwurst machen können, schwenkte er das Schwert Pünktchen über dem Kopf und griff an.
    Jupiter hatte keine Chance. Die Ideen, die hinter ihm standen, erkannten das schneller als er, und bevor Jupiter auch nur im vergeblichen Bemühen, das Gesicht zu schützen, den Arm heben konnte, hatte sich selbst die langsamste von ihnen schon einen Weg durch den Kumulonimbus gebahnt und sich bereits ein gutes Stück zurückgezogen. Während die Wolke in Richtung Sonne jagte, hörten die Ideen gerade noch jemanden sehr Großes in weiter Entfernung »Aua!« rufen. Sie unterbrachen lieber erst gar nicht den Flug, um herauszufinden, um wen es sich dabei gehandelt haben könnte.
    Unterdessen fand Jason allmählich gut in seinen Rhythmus. Er hatte bereits den Helm der Macht gespalten, die Blitze in Mortadellascheiben geschnitten, den Brustharnisch der Kraft zerschmettert und wollte der Sache gerade ein Ende setzen, als …
    »Jason!« sagte eine Stimme hinter ihm. »Du hörst sofort damit auf, hast du mich verstanden?«
    Jason stieß einen sehr, sehr tiefen Seufzer aus und ließ entmutigt das Schwert sinken.
    »Ja, Mum«, sagte er.
     
    »So, jetzt habt ihr das hoffentlich alles verstanden.«
    Jason nickte. In gewisser Weise hatte sich eigentlich alles recht plausibel angehört. Oder, wenn es nicht absolut plausibel geklungen hatte, dann hatte es sich zumindest nicht so himmelschreiend unplausibel angehört wie viele andere Dinge, die als Bestandteile jenes Riesenhaufens schmutziger Wäsche durchgehen, den man aus praktischen Gründen als ›Die Wahrheit‹ kennt. Vielleicht war es eine bessere Betrachtungsweise zu sagen, daß es, wenn es schon nicht stimmte, wenigstens dem entsprach, was sämtliche Hauptpersonen für wahr hielten. Unter Umständen wie diesen, so wurde Jason allmählich klar, kann man eine Unwahrheit, wenn sie mit einer Art Tarnfarbe überzogen wurde, von der Wahrheit kaum mehr unterscheiden.
    »Hast du das auch alles verstanden, Mum?« fragte Jason.
    »Nein«, antwortete seine Mutter.
    Jason seufzte. Er kam also nicht um eine Erklärung herum.
    »Paß auf, Prometheus sagt, daß der Grund, warum es …« Die Sprache, merkte Jason, machte einen Großteil des Problems aus, denn die Wörter sagen, was sie wollen, und nicht das, was man selbst will. »… warum es von Anfang an vom Schicksal vorherbestimmt war, daß ich der einzige bin, der sich Dad gegenüber behaupten und den ganzen Kram in Ordnung bringen könnte …« Er machte eine Pause; irgendwie hatte sich ihm der Satz wie ein schnell im Kreis rennender Hund an einer langen Leine um die Beine gewickelt. »Der Grund, warum ich es sein mußte«, wagte er einen neuen Ansatz, »ist der … Also, am Anfang war dieses Wort, nicht wahr …«
    »Ich glaube, Jason versucht Ihnen damit zu sagen«, unterbrach ihn Prometheus, »daß er einzigartig in der Geschichte ist, weil er von einer bestimmten Eigenschaft mehr besitzt als alle anderen, die je gelebt haben, und gerade diese Eigenschaft, diese Stärke, erforderlich war, damit die ganze Sache funktionieren konnte.«
    »Ach ja?« warf Mrs. Derry höflich ein. Sie hatte nicht die leiseste Ahnung, um wen es sich bei diesem riesigen Mann handelte, und sie war sich nicht sicher, ob sie ihn mochte. Aber offenbar behauptete er, ihr Sohn sei ein wichtiger und ganz besonderer Mensch, und dem konnte sie nur zustimmen. Wie alle Mütter hatte sie das von Anfang an gewußt, aber es war schön, jemandem zu begegnen, der diese Ansicht mit ihr teilte.
    »Lassen Sie es mich so ausdrücken«, fuhr Prometheus fort. »Manche Leute behaupten, Liebe sei die stärkste Kraft im Universum. Also, Sie können mir glauben, sie ist es nicht. Andere vertreten die viel einleuchtendere Auffassung, es seien Angst, Habgier, Hoffnung oder Glaube, worum sich letztendlich alles dreht. Auch diese Leute irren sich. Und was diejenigen betrifft, die die physikalischen Gesetze als Brennstoff und Antriebsfeder des Universums betrachten, kann ich nur sagen, die leben in einer eigenen Welt.
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