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Liebesvisitation (German Edition)

Liebesvisitation (German Edition)

Titel: Liebesvisitation (German Edition)
Autoren: Andreas Peter
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ging und nicht danach. Irgendwie war er da mal aus dem Rhythmus gekommen.

 
    Er machte den Staub-T-Shirt-Test. Wenn das T-Shirt beim Schütteln staubte, musste es in die Wäsche. Wenn nicht, war es akzeptabel. Das half natürlich nichts bei Feuchtigkeitsflecken. Dafür hatte er einen anderen Test: Wenn die Leute auf der Straße „ Iiiihhh “ riefen, war es Zeit für ein neues T-Shirt.
    Ralf war kein Dreckspatz. Er duschte regelmäßig...einmal im Monat. Er wusch auch seine Wäsche, bügelte, saugte. Er ließ gerne Sachen fallen wo er ging und stand, aber er hob sie auch wieder auf. Nur wenn die Dinge frisch waren ließ er sie liegen. Solange bis sie müffelten.
    Jetzt goss er sich ein Glas Orangensaft in eine Tasse, dann machte er sich einen Kaffee in der Padmaschine , schließlich aß er eine Banane. Sie war komplett schwarz. Aber nur außen.
    Was stand im Kalender? Nichts. Er hatte noch nie was in den Kalender geschrieben, warum sollte jetzt etwas drinnen stehen?
    Ach ja doch: Damals die Hochzeit von Francis und Achim. Er stand schon auf dem Stand esamt, dann sollte er auch noch in der Kirche den Trauzeugen mimen.
    Gott interessierte sich bestimmt nicht für Achim und Francis. Das hätte Gott ihnen vielleicht auch gesagt, aber dafür interessierte er sich zu wenig für Achim und Francis.
    Ralf hatte ihnen einen Messerblock gekauft. Der war im Angebot gewesen. Der konnte auch mal nützlich sein, wenn Achim und Francis sich überdrüssig wurden.
    Die Hochzeit war um elf. Ralf ging unter die Dusche, dann zog er ein Jackett über seine Jeans. Eigentlich eine Kombination die er hasste - dieses gezwungen legere. Das Jackett war ihm schon genug, eine Stoffhose hätte er nicht mit sich vereinbaren können.
    Sollte er den Messerblock mitnehmen? Er hatte ihn verpackt. Er konnte von hier aus zur Kirche laufen. Nein, er würde ihn dalassen. Wobei es ihm recht war, immer was in den Händen zu haben, denn er wusste sonst nicht wohin mit seinen Griffeln.
    10. 45 Uhr - Zeit zu gehen.

 
    Er kam zur Kirche, die Tür war geschlossen - niemand war zu sehen.
    War er zu früh?

 
    „...Wer etwas gegen diese Verbindung einzuwenden hat, der möge jetzt sprechen, oder für immer schweigen.“
    Ralf machte die Tür auf. Sie klemmte etwas und gab ein lautes Scheppern von sich, als er sie endlich aufbrachte. Das Knarzen hallte durch das große, kahle Kirchenschiff.
    Alle blickten Ralf an. Er hätte doch den Messerblock mitnehmen sollen.
    Ruhigen Schrittes lief er nach vorne. Er würde ganz vorne sitzen, natürlich. Er gehörte ja zum engsten Kreis.
    Der Priester wartete auf die Aufmerksamkeit, Francis und Achim. Und Francis und Achim warteten darauf, dass Ralf endlich sitzen würde.
    Ralf erreichte die vorderste Reihe. Sie war voll. Ganz am Rand saß Anna, daneben Albert und Susanne. Ralf begab sich im Gang in Sitzposition und rammte mit dem Becken Anna in die Hüfte. Unter gezischelten Flüchen, die sich die Bank hindurch fortsetzten, entstand ein Sitzplatz für Ralf.
    Ralf setzte sich und strich formell seine Hose glatt, dann blickte er zum Altar.
    Achim und Francis blickten ihn noch immer an. Francis genervt, Achim funkelte ihn böse an. Ralf gab ihm durch Rollen der Hand zu verstehen, dass er fortfahren sollte.

 
    „Hiermit erkläre ich euch zu Mann und Frau. Ihr dürft die Braut jetzt küssen.“
    Die Menge klatschte, der Gottesdienst war zu Ende.
    „Schöner Gottesdienst“, resümierte Ralf.

 
    Dass ihm Achim nachher beim Essen die Hölle heiß machte, verdarb Ralf zum Glück nicht den Appetit. Als er ein Stück saftiges Rührei auf der Gabel hatte, während ihn Achim zu seiner großen Verwunderung zur Sau machte, wandte er während dem Höhepunkt seiner Hasstirade den Blick von Achim zu seiner Gabel, und entschloss sich, das bereits aufgegabelte Stück Ei aufzuessen, was Achim zu einem eisigen Schweigen veranlasste, bevor er wutentbrannt den Saal verließ.
    Die Kirche, in der Achim und Francis geheiratet hatten, stand übrigens auch nicht mehr. Sie sollte abgerissen werden, also hatten der Pfarrer und sein treuergebener Kirchenküster einen Plan entwickelt, das Unheil abzuwenden. Sie ließen die Marienstatur Blut weinen. Und zwar mit einer Brunnenpumpe und gefärbter Milch.
    Dummerweise hatte die Pumpe bei der Vorführung zu viel Druck, so schoss das Blut meterweit heraus, und ruinierte bei der Pressevorführung umfangreiches Fotoequipment.

 
    Jedenfalls war das einmal etwas intelligentes, was Ralf da gesagt
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