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Liebeslist und Leidenschaft

Liebeslist und Leidenschaft

Titel: Liebeslist und Leidenschaft
Autoren: Yvonne Lindsay
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wehgetan, aber trotzdem kann ich es nachvollziehen. Du hattest ja nie die Gelegenheit, Judd so großzuziehen, wie du es gewollt hättest. Man hat dich dieser Chance beraubt.“
    „Ja, durch eine einzige Lüge“, bestätigte er traurig. „Wusstest du das? Deine Mutter hat mir gesagt, dass Judd nicht mein Sohn wäre. Und zu meiner Schande muss ich gestehen, dass ich ihr einfach geglaubt habe. Als sie dann behauptet hat, mein bester Freund wäre Judds Vater, habe ich ihr dummerweise selbst das abgekauft. So viele verlorene Jahre, so viel vergeudete Zeit.“
    „Es ist ja nicht zu spät“, tröstete sie ihn. „Alles lässt sich wieder einrenken.“ In diesem Moment war sie heilfroh, dass sie nicht Cynthias Angebot angenommen hatte, mit ihr nach Australien zu fliegen – und damit vor ihren Problemen wegzulaufen. Natürlich wollte sie irgendwann ihre australische Verwandtschaft kennenlernen, ihre Cousins, Onkel und Tanten. Aber erst musste sie hier alles in die richtigen Bahnen lenken.
    „Wollen wir hoffen, dass mir dafür noch genug Zeit bleibt“, erwiderte Charles. „Weißt du, Nicole, falscher Stolz ist eine üble Sache. Aus falschem Stolz habe ich so vieles verloren – meine Frau, meinen Sohn, meinen besten Freund und auch meine Gesundheit. Wenn ich die Zeit zurückdrehen könnte, würde ich vieles anders machen. Ich habe viele Fehler gemacht, auch was dich angeht.“ Nachdenklich hielt er einen Moment inne.
    „Ich weiß auch, dass du der Meinung bist, ich hätte dich bei Wilson Wines zu oft ausgebremst. Das stimmt wahrscheinlich sogar. Aber das habe ich getan, weil ich mich in dir wiedererkannt habe. Du warst so … ja, ich würde fast sagen: besessen, so erpicht darauf, das Geschäft zu vergrößern, dass du dein Privatleben vernachlässigt hast. Ich wollte immer nur das Beste für dich, aber als ich dann erkannt habe, dass du dich genau wie ich für die Firma aufgeopfert hast, musste ich dich bremsen. Du hast mehr verdient als nur eine Firma, nämlich einen Ehemann, Kinder, ein gemütliches Zuhause. Man muss nicht immer nur dem Erfolg und dem Geld nachjagen, wie ich es getan habe.“
    „Aber ich habe meine Arbeit bei Wilson Wines immer geliebt, Dad. Und als ich fort war, habe ich sie sehr vermisst.“
    „Ich dachte, wenn du dich in der Firma nicht unersetzlich fühlst, suchst du stattdessen die Erfüllung in Freundschaften, einer Partnerschaft. Aber ich hatte nicht das Recht, diese Entscheidung für dich zu treffen. Ich wette, bei diesem Nate Hunter hattest du mehr Freiheiten als bei mir. Du brauchst es gar nicht zu leugnen. Er hat seine Chance gewittert – und sie genutzt.“
    „Dad, es gibt da etwas, das du über ihn wissen solltest.“
    „Davon abgesehen, dass er unser schärfster Konkurrent ist? Er ist wirklich ein gewiefter Geschäftsmann, das muss man ihm lassen.“
    Sie wollte nicht lange um den heißen Brei herumreden. „Er ist der Sohn von Thomas Jackson.“
    Ihr Vater schloss die Augen und seufzte. „Das erklärt eine Menge“, sagte er leise. „Ich schätze, auch bei ihm muss ich mich entschuldigen. Er hat bestimmt keine leichte Kindheit gehabt. Seid ihr beiden … ein Paar?“
    Nicole schüttelte den Kopf. „Jetzt nicht mehr. Ich habe Schluss gemacht. Er wollte mich, ja – aber aus den verkehrten Gründen.“
    „Welche Gründe waren das?“, hakte Charles nach.
    „Vor allem … wollte er sich an dir rächen.“
    Charles schmunzelte. „Ganz der Vater, wie? Na, ich kann es ihm nicht mal verdenken. Er hatte allen Grund dazu.“
    Nicole traute ihren Ohren kaum. All die Jahre über hatte ihr Vater nur schlecht über Thomas Jackson gesprochen – und jetzt amüsierten ihn Nates Rachepläne bloß?
    „Macht dich das gar nicht wütend?“
    „Heute nicht mehr“, erklärte er seufzend. „So ist das wohl, wenn man plötzlich damit konfrontiert wird, dass man nicht unsterblich ist. Man sieht dann viele Dinge anders. Gelassener.“
    „Judd hat mir seine Mehrheitsbeteiligung an der Firma überschrieben“, platzte sie heraus.
    „Ach, tatsächlich? Na ja, das ist seine Entscheidung. Ich hätte nicht so einen Keil zwischen euch treiben dürfen, aber ich wollte unbedingt, dass Judd heimkehrt. Und gleichzeitig wollte ich erreichen, dass du anderen Dingen in deinem Leben mehr Gewicht gibst.“
    Als Nicole das Krankenhaus verließ, dunkelte es bereits. Den ganzen Nachmittag hatte sie bei ihrem Vater verbracht, und die beiden hatten so offen und ehrlich miteinander geredet wie noch nie
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