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Liebesfluch

Liebesfluch

Titel: Liebesfluch
Autoren: Beatrix Gurian
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hätte gern, dass wir uns näherkommen. Deshalb hat sie vorgeschlagen, dass wir so etwas machen sollen, so ein Vater-Sohn-Ding eben. Aber ich kann ihn nicht Vater nennen, für mich ist er Stefan.
    Stefan zerreibt gerade Kreuzkümmel im Mörser, wir versuchen, ein indisches Curry zu kochen.
    »Du denkst, ich bin nicht dein Sohn, oder?«, sage ich zu seinem Rücken, weil ich es ihm nicht ins Gesicht sagen kann. »Du glaubst, ich bin ein Spinner, der sich hier eingeschlichen hat, oder?«
    Stefan erstarrt, lässt den Mörserklöppel fallen und dreht sich langsam zu mir um. »Wie kommst du denn darauf?«, fragt er, weicht meinem Blick aber aus.
    »Ich sehe, wie du mich anstarrst, wenn du denkst, dass ich es nicht merke.«
    Er seufzt. »Ich weiß, dass du mein Sohn bist.« Er sagt es im Brustton der Überzeugung, dabei zieht Röte über sein Gesicht.
    »Und wie kannst du dir da so sicher sein?«, hake ich nach, weil mir das komisch vorkommt. »Ich meine, immerhin hast du fast achtzehn Jahre lang gedacht, dass ich tot bin. Oder spürst du irgendein besonderes Band zwischen uns?« Meine Stimme klingt sarkastisch, irgendwie habe ich mich gerade nicht richtig unter Kontrolle.
    Er wird jetzt so rot wie die getrockneten Chilis, die er als Nächstes für das Curry zerreiben wollte. Dunkelrot. »Es wäre gelogen, wenn ich behaupten würde, dass ich sofort gewusst hätte, dass du mein Sohn bist. Ich musste meine Familie schützen, deshalb habe ich …« Stefan stützt die Hände in seine Hüften, als würde ihm das die Kraft geben weiterzureden, aber er schweigt.
    »Was hast du?«
    »Ich, also, na ja, ich habe einen DNA-Test machen lassen. Das Ergebnis war eindeutig. Du bist mein Sohn.«
    Ich weiß nicht, was ich sagen soll. Einerseits kann ich ihn verstehen, andererseits hätte er offen mit mir darüber reden können.
    Er kommt einen Schritt auf mich zu. »Tut mir leid, es war nicht in Ordnung, das hinter deinem Rücken zu machen, aber ich war einfach so neben der Spur …«
    »Du warst neben der Spur?«, platze ich heraus. »Hast du dich auch nur eine Sekunde lang mal gefragt, wie es mir mit dem Ganzen geht? Erst stirbt meine Mutter, dann finde ich heraus, dass sie gar nicht meine leibliche Mutter war. Und als ich meine echte Mutter finde, muss ich ihr dabei zuschauen, wie sie gerade ihr eigenes Kind umzubringen versucht.« Ich bin so wütend, dass ich gegen die Küchenzeile treten muss.
    »Hey, das reicht!« Stefan schiebt mich grob zur Seite, dann stöhnt er. »Du hast ja recht. Ich habe einen fatalen Fehler gemacht. Ich habe die Augen verschlossen vor dem, was hier los war, vor den Problemen, die Anja hatte. Aber ich werde versuchen, es wiedergutzumachen.«
    »Die Augen verschlossen?« Ich könnte kotzen. »Du hast dich zu deiner Geliebten abgeseilt und fertig.«
    »Ja, ich habe mich in meine eigene Welt geflüchtet, weil ich es nicht übers Herz gebracht habe, Anja zu verlassen. Das war falsch, das weiß ich jetzt.« Er zuckt hilflos die Achseln, doch diese Geste bewirkt, dass ich nur noch wütender werde. »Sie hat mir einfach immer so leidgetan. Schon ihre ganze Kindheit war so entsetzlich – sie hat früh ihre Eltern verloren und war dann bei mehreren Pflegefamilien, wo man sie nicht gerade gut behandelt hat. Als ich sie kennengelernt habe, hatte sie gerade erst angefangen zu leben. Ich war so verliebt in sie und habe immer nur daran gedacht, was ich für sie tun könnte. Sie hat nicht einmal eine Trauzeugin für unsere Hochzeit gehabt, niemanden, so einsam war sie. Dann starb unser erster Sohn am plötzlichen Kindstod und zwei Jahre später wurdest du entführt. Es schien, als wären wir vom Pech verfolgt. Was hätte ich denn tun sollen? Sie hat mich gebraucht, ich habe es nicht übers Herz gebracht, sie alleine zu lassen. Aber irgendwann habe ich die ganze Situation einfach nicht mehr ausgehalten und mir Freiräume gesucht.
    »Freiräume nennst du das?«
    »Okay, gut, sagen wir es anders: Ich war ein Feigling. Sie hat sich die Zwillinge so sehr gewünscht, nie im Leben hätte ich der künstlichen Befruchtung zugestimmt, wenn ich geglaubt hätte, sie würde ihnen etwas antun. Ich bin doch kein Monster. Das war unsere letzte Chance.«
    In diesem Augenblick kommt Blue hereingerannt. Ihre türkisen Augen strahlen, als hätte sie im Lotto gewonnen. »Ihr werdet es nicht glauben, aber es ist etwas Wunderbares passiert! Bennie kann ein neues Wort sagen!«
    »Und was?«, fragt Stefan.
    »Papa!«, sagt Blue und lacht uns beide
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