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Lieber Onkel Ömer

Titel: Lieber Onkel Ömer
Autoren: dtv
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nahm ich meinen Lacher wieder auf.
    »Doch, doch, Herr Engin, Sie haben mich schon völlig richtig verstanden. Ich habe damals in Istanbul bei Professor Bilgisiz
     zusammen mit Ihrer Frau Eminanim Medizin studiert«, sagte sie daraufhin klipp und klar und sehr unmissverständlich.
    Lieber Onkel Ömer, ich will Dir den Tag nicht gänzlich verderben, deshalb erzähle ich Dir von diesem tragischen Unglücksfall
     im nächsten Brief weiter. Träum was Schönes, wenn Du schlafen kannst! Gute Nacht!

Karneval
    Mein lieber Onkel Ömer,
     
    wie geht es Dir, und wie geht es meiner lieben Tante Ülkü? Wie geht’s der hübschen Kuh Pembe, wie geht’s der schwarz gepunkteten
     Ziege Fatima, wie geht’s Deinem störrischen Esel Tarzan, und wie geht’s unserem guten alten Dorfvorsteher Hüsnü?
     
    Lieber Onkel Ömer, was ein Swingerklub ist, das weißt Du ja. Das habe ich Dir letztes Jahr im Urlaub ausführlich erzählt,
     und Du hast mir sofort verboten, in Deinem Haus so was in den Mund zu nehmen – solange meine Tante Ülkü da ist!
    Aber als Tante Ülkü mit meiner Frau Eminanim dann in die Kreisstadt zum Einkaufen gegangen ist, da hast Du mich mit tausend
     Fragen bombardiert und wolltest über Swingerklubs alles ganz genau wissen, um über diesen Schandfleck der westlichen Zivilisation
     richtig schimpfen zu können. Du hast regelrecht getobt darüber, wie degeneriert und ehrlos einige Männer sind, die ihre Frauen
     mit anderen, wildfremden Männern tauschen.Und dass das ein eindeutiges Zeichen dafür ist, dass das Ende der Welt gekommen
     ist.
    Dann wolltest Du von mir sehr detailliert wissen, wann und wie diese fremden Männer es mit fremden Frauen |36| treiben, insbesondere in welchen Positionen, damit Du den Weltuntergang auf den Tag genau berechnen kannst. Danach hast Du
     zwei Tage lang in Deinem stillen Kämmerchen gebrütet, und zum Schluss bist Du auf die Zahl siebenundachtzig gekommen! Aber
     ob es sich um siebenundachtzig Tage, Wochen oder Jahre handelt, hast Du mir leider nicht verraten. Ob diese Zahl überhaupt
     was mit dem Weltuntergang zu tun hat, hast Du mir auch nicht gesagt. Womöglich ist siebenundachtzig die Anzahl Deiner Hühner
     – die ja auch Partnertausch praktizieren!
    Lieber Onkel Ömer, jetzt versuch Dir doch mal vorzustellen, dass eine ganze Provinz – sagen wir mal so groß wie NRW – sagen
     wir mal, es ist NRW –, dass sich ein ganzes Bundesland an bestimmten Tagen im Jahr in einen einzigen kollektiven Swingerklub
     verwandelt!
    Es fängt immer ziemlich harmlos damit an, dass erwachsene Leute, die sich wie Klauns in einem billigen Kinderzirkus angezogen
     haben, mit einem LKW-Konvoi ganz langsam durch die Innenstadt fahren und den Kindern auf der Straße Bonbons an den Kopf werfen.
     Wahrscheinlich aus Ärger darüber, dass diese Kinder nicht in den Zirkus gehen, in dem diese Klauns arbeiten.
    Nachdem sie tagsüber die Kinder mit ungenießbaren Bonbons beworfen haben, klettern diese besoffenen Klauns am Abend auf die
     Bühne und werfen diesmal den Erwachsenen anzügliche und unglaublich alberne Kindergedichte an den Kopf. Die werden dafür bestraft,
     dass sie ihre Kinder nicht zwingen, in den Zirkus zu diesen Klauns zu gehen, sondern sie stattdessen ihr Taschengeld für Pläystäischens
     ausgeben lassen. Verglichen mit ihren Kindern kommen die Eltern aber nicht so glimpflich davon. Die Erwachsenen |37| müssen sehr lange leiden und sich die peinlichsten Sprüche anhören.
     
    Wie Du Dir denken kannst, möchte kein Mensch in solcher Gesellschaft gesehen werden. Das Ganze ist so peinlich, da versinkt
     jeder vor Scham. Diese Qual ist nur zu ertragen, wenn man sich bis zur Bewusstlosigkeit betrinkt.Damit die Teilnehmer des
     kollektiven Swingerklubs nicht erkannt werden, tragen sie alberne Masken. So kann man sie später nicht identifizieren,wenn
     sie in Hauseingängen,hinter Bäumen, im Keller oder im Kneipenklo bumsen und kotzen, oder auch umgekehrt, kotzen und dann bumsen.
     Viele von denen sind sogar durch jahrelange Übung in der Lage, beides gleichzeitig zu tun, ohne dabei das Bierglas abzustellen.
     
    Lieber Onkel Ömer, Du tobst jetzt bestimmt auf Deinem Sofa, als hättest Du Tollwut im Endstadium, und schimpfst darüber, dass
     der deutsche Staat so eine unglaubliche Geschmacklosigkeit nicht auf der Stelle bestraft. Aber das geht nicht, das kann sich
     die Regierung nicht erlauben. Du weißt doch, dass die Deutschen langsam aber sicher aussterben, weil sie keine
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