Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Lieber Onkel Ömer

Titel: Lieber Onkel Ömer
Autoren: dtv
Vom Netzwerk:
Eminanim, als er weg war.
    »Na, hab ich nicht auch recht gehabt? Keines der Mädchen hier sieht nämlich blöd genug aus«, sagte ich.
    »Osman, da siehst du, was mit solchen bescheuerten Männern geschieht, die ihren Frauen nicht genügend Liebe entgegenbringen«,
     versuchte Eminanim mir Angst zu machen.
    »Ist mir doch egal! Mir kann so was nicht passieren«, sagte ich kuul.
    »Sei dir da mal nicht so sicher!«, zischte meine Frau.
    »Doch, das kann mir garantiert nicht passieren! Wir beide haben uns doch in der Scheune von meinem Onkel Ömer kennengelernt.
     Du würdest einen tollen Burschen wie mich ja wohl nicht gegen die Ziege Fatima oder die Kuh Pembe eintauschen wollen«, sagte
     ich siegessicher.
    Eminanim schaute sich um und meinte trocken:
    »Du hast recht, Osman, gegen eine Ziege oder eine Kuh vielleicht nicht. Aber bei einem alten, grauen Esel käme ich garantiert
     sehr stark ins Grübeln.«
     
    |32| Lieber Onkel Ömer, ich weiß nicht, was ich davon halten soll?
    Wie Du siehst, Deutschland hat auch Eminanim verdorben, wie alle Frauen. Ich bin sicher, dass meine liebe Tante Ülkü ihr ganzes
     Leben lang noch nie auf die Idee gekommen ist, Dich gegen einen alten klapprigen Esel einzutauschen.
    Ich glaube, ich muss Eminanim öfter ausführen, damit sie das nicht tut. Nächstes Jahr werde ich den Valentinstag garantiert
     nicht mehr vergessen! Ich habe Mehmet damit beauftragt, mich unbedingt früh genug daran zu erinnern – aber nicht im Beisein
     seiner Mutter.
     
    Lieber Onkel Ömer, ich küsse Dir, Tante Ülkü und allen Älteren in unserem schönen Dorf ganz herzlich mit großem Respekt die
     erfahrenen Hände und allen Jüngeren mit viel Liebe die hübschen, unschuldigen Augen.
    Eminanim und die Kinder grüßen Euch selbstverständlich auch und küssen den Älteren mit viel Respekt die Hände und den Jüngeren
     mit viel Liebe die Augen.
     
    Pass gut auf Dich auf, bleib gesund, iss genug Knoblauch und danke fünfmal am Tag Allah, dass der unheilvolle Valentinstag
     Euer schönes Dorf bisher noch nicht heimgesucht hat.
     
    Dein Dich über alles liebender Neffe aus dem kalten Alamanya

    |33| PS: Lieber Onkel Ömer, zuerst mal die schlimme Nachricht: Diese fremde Frau Ümmüyanim wohnt immer noch bei uns. Und jetzt
     die noch schlimmere Nachricht: Diese fremde Frau sagte mir ins Gesicht, dass sie und Eminanim sich wirklich von der Universität
     her kennen!
    »Von welcher Universität denn?«, fragte ich verstört. »In unserem Dorf gab’s ja früher nicht mal eine Grundschule!«
    »Ich rede natürlich von unserer Universität in Istanbul«, versuchte Frau Ümmüyanim mich aufzuklären und verursachte dabei
     eine noch größere Verwirrung.
    »Universität Istanbul?«, stotterte ich verblüfft. »Eminanim, davon weiß ich ja überhaupt nichts. Du hast bisher mit keinem
     Wort erwähnt, dass du früher mal in der Universität von Istanbul als Putzfrau gearbeitet hast«, sagte ich etwas eingeschnappt.
    Lieber Onkel Ömer, ich muss zugeben, ich fühlte mich schon ein bisschen wie ein betrogener Ehemann mit zwei hübschen, großen
     Hörnern, dessen Frau ihm nicht alles über ihre stürmische Jugend und ihre rätselhafte Vergangenheit gebeichtet hat.
    »Wer sagt, dass ich als Putzfrau in der Istanbuler Universität gearbeitet habe?«, fragte Eminanim daraufhin hochnäsig zurück.
    »Was hast du denn sonst dort gemacht, studiert doch wohl nicht, oder?«, lachte ich mich über meinen grandiosen Witz selber
     kaputt. Aber die beiden lachten überhaupt nicht.
    Ümmüyanim sagte sehr ernst:
    »Gratuliere, Herr Engin, Sie haben mit Ihrer Vermutung voll ins Schwarze getroffen. Ihre Frau Eminanim hat damals vor dreißig
     Jahren mit mir zusammen an der Uni Istanbul Medizin |34| studiert!«, und löste bei mir erst recht eine noch größere Fassungslosigkeit aus.
    »Ich kapiere jetzt gar nichts mehr! Ümmüyanim, was haben Sie früher gemacht und woher kennen Sie meine Frau?«, fragte ich
     schockiert.
    »Herr Engin, ich habe früher Medizin studiert«, sagte sie seelenruhig.
    »Wie? Wo?«, fragte ich benommen.
    »In Istanbul, sagte ich doch!«, sagte sie trocken.
    »Ich meine, mit wem?«, stotterte ich weiter.
    »Bei Professor Bilgisiz«, sagte sie.
    »Ach so, mit einem Professor! Mit dem Herrn Professor Bilgisiz zusammen haben Sie studiert«, rief ich völlig erleichtert,
     »und ich hatte schon gedacht, Sie hätten mit meiner Frau zusammen studiert. Das hätte ja auch gar nicht sein können, hahahaaa«,
    
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher