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Liebe bringt die höchsten Zinsen

Liebe bringt die höchsten Zinsen

Titel: Liebe bringt die höchsten Zinsen
Autoren: Egon F. Freiheit
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grüne Fensterläden. Einen Gegensatz bilden die jeweiligen Türkameras, die jeden Besucher erfassen, sobald er geläutet hat oder eine der schweren schmiedeeisernen Türklinken herabdrückt.
       In einem mit dunklem Holz getäfelten Raum des Notariats hatte eine Frau in einem dunklen Kostüm mit streng nach hinten gekämmtem dunkelbraunem Haar Platz genommen: Stefanie Waldenberg, die 34-jährige Tochter des Privatbankiers Maximilian Waldenberg, der bei einer Fuchsjagd tödlich verunglückt war. Sein schwarzer Hengst hatte gescheut, sich aufgebäumt und seinen Reiter abgeworfen. Der 69 Jahre alte Waldenberg hatte sich beim Sturz das Genick gebrochen. Er war auf der Stelle tot.

       Regungslos und ohne einen Ausdruck von Gefühlen verfolgte seine Tochter jetzt die Bewegungen des grauhaarigen Mannes auf der anderen Seite des runden Tisches. Ihr war nicht wichtig, was sie gleich erfahren sollte. Sie war ohnehin gewillt, ihr Leben so zu leben, wie sie es gewohnt war. Dass sie hier saß, war für sie nicht mehr als eine Formsache.
       Nichts wird mich mehr aus der Bahn werfen, nahm sie sich vor, auch nicht Dr. Joseph Hallhuber, der 70-jährige Notar, der jetzt umständlich ein mehrere Seiten starkes Dokument aus einem Umschlag zog.

    „Ich kann es immer noch nicht begreifen, dass Ihr Vater verunglückt ist", sagte er mitfühlend. „Er hatte mir noch kurz vor seinem Tod berichtet, wie er sich auf die Fuchsjagd freut. Und er war, das darf man nicht vergessen, einer der besten Reiter im Tal."
       Der Notar nickte wie zur Bestätigung vor sich hin und schlug die erste Seite auf: „Dies ist der letzte Wille Ihres Herrn Vaters."
       Dr. Hallhuber war seit Jahrzehnten der Hausnotar der Waldenberg-Bank, einem kleinen aber feinen Geldinstitut, das die Vermögen zahlreicher wohlhabender Familien aus der Region bereits seit mehreren Generationen betreute: basierend auf traditionellen Werten, in tiefem Vertrauen auf Treue und Erfolg ihrer Kunden - aber ein wenig angestaubt und zu klein für große Geschäftserfolge in der Zukunft.

       Hallhuber, der dem Verstorbenen vier Jahrzehnte lang freundschaftlich verbunden war, unterbrach das Verlesen der Urkunde und erinnerte Stefanie daran, dass sie glücklicherweise auf Wunsch ihres Vaters eine Banklehre absolviert hatte, bevor sie sich - zum Leidwesen ihrer Eltern – entschloss, mit einem kleinen Kunst- und Antiquitätenladen in München auf eigenen Füßen zu stehen.

       Der Notar blickte kurz zu ihr hinüber, dann verlas er mit sonorer Stimme das Testament.
        „Die Bank soll Dir allein gehören, mein geliebtes Kind", schrieb ihr Vater, „bange nicht davor; Deine Ausbildung, auch wenn Du sie nicht mit Begeisterung absolviert hast, wird Dir dabei zugutekommen."

       Der Notar unterbrach nur kurz, blickte auf Stefanie und, als sie sich nicht regte, fuhr er fort: „Ich bin davon überzeugt, dass Du unser Traditionshaus in eine gesicherte neue Zeit zu führen in der Lage bist. Ich vertraue darauf, dass das Erbe Deiner Vorfahren auch die nächste Generation erfolgreich übersteht."
       Eine Viertelstunde lang las der Notar die folgenden Seiten vor, dann überreichte er der Erbin das Testament und ließ sich den Empfang quittieren. „Eine Ausfertigung bleibt, so wurde es mit dem Erblasser abgesprochen, auf seinen Wunsch im Notariat."
       Zum Abschied zog Hallhuber stirnrunzelnd noch einen Brief hervor und reichte ihn Stefanie. „Ihr Herr Vater hat mir diesen versiegelten Umschlag mit der ausdrücklichen Order anvertraut, ich möge ihn Ihnen erst nach seinem Tode überreichen. Nur Ihnen, Ihnen ganz persönlich!"
       Stefanie war verwirrt. Was könnte der Umschlag enthalten, was könnte ihr Vater ihr noch auf den Weg mitgeben wollen? Sollte sie etwa ihr eigenes Geschäft aufgeben, um in der Bank zu verstauben? – Niemals!
       Wortlos steckte sie den Umschlag in ihre Handtasche aus abgegriffenem schwarzen Leder, die sie vor mehr als 20 Jahren in der Altstadt von Florenz bei einem Straßenhändler erstanden hatte.

3. Der Zauber der Feldblumen und ein Blick zurück

       Stolz erhob sich das Dach der weißen Villa am Rande der kleinen Kreisstadt über die Bäume im Park. Wie eine Burg, dachte Stefanie immer wieder, wenn ihr Blick aus der Ferne auf die hochherrschaftliche Villa fiel. Ihr Großvater Gregor Waldenberg hatte das Grundstück erworben und zweistöckig bebaut. Viel zu kitschig in ihren Augen und auch ein paar Nummern zu groß für
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