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Liebe bringt die höchsten Zinsen

Liebe bringt die höchsten Zinsen

Titel: Liebe bringt die höchsten Zinsen
Autoren: Egon F. Freiheit
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weiterlesen. Ihre Hände zitterten, ihr wurde schwindelig. Unzählige Gedanken schossen ihr durch den Kopf:
       Ich bin zwar nicht die Tochter meiner Mutter, aber das Kind meines Vaters. Heißt das, dass mich eine Leihmutter ausgetragen hat?
       Stamme ich etwa aus einer Samenbank mit dem Sperma meines Vaters, weil Johanna keine eigenen Kinder bekommen konnte?
       Warum hat Papa meiner Mutter nicht gesagt, dass er mein leiblicher Vater ist und ich sein eigenes Kind? Bin ich etwa das Ergebnis einer Lovestory? Oder etwa eines billigen Seitensprungs – vielleicht sogar die ungeliebte Folge der Sex-Affäre einer Nacht?
       Warum hat er seine Frau so getäuscht und sie dazu gebracht, ein Kind zu adoptieren? Ein Kind, das sie für das Kind eines Fremden hielt – und das in Wirklichkeit von ihrem eigenen Ehemann stammte?

       Immer neue Fragen wühlten sie in ihrem Innersten auf: War das der Grund, warum ich meiner Adoptivmutter so wenig ähnelte? Und war das auch der Grund, warum ich mich zu ihr weniger hingezogen fühlte als zu meinem Vater?
       Wer aber ist meine richtige Mutter? Was ist sie für eine Frau?
       Was habe ich überhaupt von ihr, welche Eigenschaften: sind es gute, sind es weniger gute?
       Wer bin ich wirklich? - Ich will es wissen!

    Wie betäubt las sie die letzten Absätze: „I ch weiß, was ich Dir damit zumute und dennoch flehe ich Dich inständig an, mir zu verzeihen – Johanna kann ich nicht mehr darum bitten; der Tod hat sie mir vorzeitig genommen und ich konnte mich nur unehrenhaft von ihr verabschieden.
        Ich wünsche Dir ein glückliches und schönes Leben - wann immer ich von Dir gegangen sein werde und der Tod mir kei ne Gelegenheit mehr gegeben haben wird, Dich noch ein Stück des Weges zu begleiten.

    Dein Dich liebender Vater."

       Stefanie sprang auf, trat vor das große Porträt ihres geliebten Vaters an der Wand. Ihre Worte waren Anklage und Ausbruch von Verzweiflung:
       Wie konntest du nur so feige sein und mir das alles so lange verheimlichen? Wie konntest du nur mit einem derartigen Geheimnis leben?
       Wie konntest du Mutti so schändlich hintergehen und ihr ein Kind von Dir unterschieben? - Und nach wie vor gabst du den angesehenen und gläubigen Bankier im Kirchenchor! Was für eine Heuchelei, was für eine Doppelmoral!

    Ein Weinkrampf schüttelte sie, als sie an ihre eigentliche, ihre leibliche Mutter denken musste:

    Wie konnte sie nur so herzlos sein, mich herzugeben? Wer aber ist sie?

    Vor Stefanies Füßen lag ein loses Blatt, das aus dem Vermächtnis heruntergeflattert war: die Adresse von Sabine Schumann in Grömitz an der Ostsee - der letzte bekannte Aufenthaltsort ihrer leiblichen Mutter.

5. Die Gurus mit den goldenen Händchen

       Eine Woche lang pendelte Stefanie zwischen der väterlichen Villa und der Bank, wo Tag für Tag Unterschriften zu leisten waren. Sie hatte das Geldhaus schließlich geerbt, sie war die Besitzerin, sie gab den Ton an - notgedrungen, denn viel lieber hätte sie sich um das gekümmert, was sie liebte. Aber, so tröstete sie sich: Nur noch wenige Tage, dann sollte die Flut der Formalitäten erledigt sein.
       Die ungewohnte Tätigkeit tat ihr andererseits gut: Sie lenkte sie ab von den Gedanken an ihren Vater und an ihre Herkunft.
       Ich will mich einfach nicht mehr damit befassen, hatte sie sich jeden Tag vorgenommen, sonst werde ich noch verrückt.
       Was sie besonders quälte, war ihre Unsicherheit, in welchem Lichte sie ihren Vater sehen sollte. Sie wollte ihn in guter Erinnerung behalten. Hatte er nicht alles für sie getan? Und, wer weiß, vielleicht musste man für ihn sogar Verständnis haben? Niemand konnte wissen, in welcher Situation er sich damals befunden hatte...
       In anderen Augenblicken war ihr klar, dass sie sich selbst belog und nur versuchte, ihre Schicksalsfragen zu verdrängen.
       Wenn sie lange nach Mitternacht dem Schlaf entgegenwachte, sah sie im Geiste ihren Vater und jene Sabine Schumann, von der sie nicht mehr wusste als ihre Adresse. Und dass sie ihre Mutter sein sollte.

       Irgendwann, meist erst in den Morgenstunden, erlöste die Müdigkeit sie von ihren Phantasien.
       Doch so sehr sie sich auch tagsüber in ihre Bank- und Erbschafts-Verpflichtungen versenkte - die Schatten ihrer Vergangenheit wurde sie nicht los.
       Sie wusste, sie würde die Fragen ihrer Geburt lösen müssen, um Ruhe zu finden.
       Aber niemand in Talstadt sollte
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