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Liebe bringt die höchsten Zinsen

Liebe bringt die höchsten Zinsen

Titel: Liebe bringt die höchsten Zinsen
Autoren: Egon F. Freiheit
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erst mein Testament Dir auch mein Ge ständnis freigibt."

       Stefanie runzelte die Stirn. So hatte ihr Vater noch nie geschrieben oder mit ihr geredet. Was mochte er ihr mitteilen wollen, dass er sich derart mit der Offenbarung quälte?
       Gebannt las sie weiter, was ihr Vater in seinem typischen Briefstil hinterlassen hatte, den sie manchmal als „geschwollen und sehr staatstragend" empfunden hatte:
        „Ich muss ein wenig ausholen: Deine Mutter und ich hatten uns sehnlichst ein Kind gewünscht. Doch Johanna konnte kei nen Nachwuchs bekommen. Schon kurz nach unserer Hoch zeit hatten wir deshalb einen Adoptionsantrag gestellt und die zahlreichen amtlichen Überprüfungen absolviert, die erfolgreich bestanden werden mussten, um eine Eignung für die Aufnahme eines Kindes nachzuweisen. Das ist uns gelungen; wir brachten es bis zum Eintrag in die Warteliste. Doch unsere Geduld wurde auf eine harte Probe gestellt.
        Dann kamst Du zur Welt und der Behördenleiter, dem ich einst mit einem großzügigen Kredit zum eigenen Haus verhol fen hatte, zeigte sich dankbar und erfüllte mit der Genehmi gung, Dich zu adoptieren, unseren sehnlichsten Wunsch.
        So erreichte das Glück doch noch unser Haus an dem Tag, an dem Du zu uns kamst. Der Herrgott war gütig und er mach te uns ein wunderbares Geschenk mit der Möglichkeit, Dich zu adoptieren."

       Stefanie blätterte wie vor den Kopf geschlagen um auf die nächste Seite – voller Bangen, was dort noch auf sie warten möge.
        „Johanna nahm Dich an, wie eine leibliche Tochter. Dafür hatte sie sich schon Monate zuvor, als sich die Chance der Adoption abzeichnete, ausschließlich in unserem Münchner Haus aufgehalten und war erst mit Dir auf dem Arm nach Tal stadt zurückgekehrt. Niemand sollte erfahren, dass Du ein Adoptivkind bist, weil wir Dich nie, niemals anders als ein ei genes Kind behandeln wollten. Ich hoffe, dies ist uns auch gelungen. Es fiel uns beiden nicht schwer, denn Du warst „un ser" Kind ohne jede Einschränkung; mit der Adoption wurdest Du auch im gesetzlichen Sinne unsere Tochter: eine echte Waldenberg.
        Es war zudem ein unendliches Glücksgefühl, dass Du uns beiden mit Deinem Werden beschert hattest und auf das kein Schatten fallen sollte."

       Stefanie war bleich geworden: Das hätte Papa mir alles wirklich eher sagen können. Er hätte doch wissen müssen, dass ich ihm keinen Vorwurf deswegen machen würde.
       Sie musste tief Luft holen, bevor sie weiterlas:
        „Das Geheimnis um Deine Geburt und Deine wirkliche Her kunft soll auch künftig niemand erfahren, damit nicht nach träglich das Ansehen der Waldenbergs darunter leidet. Daher kennt auch der getreue Hallhuber nur einen Teil unseres Ge heimnisses. Er weiß lediglich, dass wir Dich adoptiert haben."
       Stefanie überlegte: Heißt das, dass mir noch eine größere Enthüllung bevorsteht? Wenn die Adoption nur ein Teil sein soll? Verwirrt las sie weiter:
        „Wie ich eingangs bereits erwähnte, hatten wir nicht den Mut, frühzeitig mit Dir über Deine Herkunft zu sprechen. Ich habe stets vor dem Tag gebangt, an dem Du eine Geburtsur kunde benötigen würdest. Das wäre spätestens der Fall ge wesen, wenn Du hättest heiraten wollen. Denn aus der Ur kunde wäre hervorgegangen, dass Deine Eltern unbekannt sind. Den Schock, den Du dabei zwangsläufig hättest erleiden müssen, den wollte ich Dir mit diesen Zeilen wenigstens lin dern.
        Wer Deine leibliche Mutter ist, wollte Johanna nie wissen, auch nicht, wer unser Adoptivkind, also Dich, meine geliebte Stefanie, gezeugt hatte. Und wahrscheinlich hat sie damit richtig gehandelt.

        Was ich Dir jetzt mitteile, hat Deine Mutter nie erfahren, auch nicht die Behörden. Es wissen nur zwei Menschen, was ich Dir hiermit anvertraue: Johanna war nicht Deine leibliche Mutter – aber ich war Dein echter, Dein biologischer Vater."
       Stefanie erstarrte. Wie betäubt las sie die nächsten Zeilen: „Manchmal ist es sicherlich besser, die Vergangenheit ruhen zu lassen, wenn Fehler nicht wieder gut gemacht werden können. Für den Fall, dass Du jedoch das Bedürfnis verspürst, Deine leibliche Mutter kennenzulernen, lege ich Dir ihre letzte Adresse bei (sie würde sicherlich stolz auf Dich sein, wenn sie Dich als erwachsene Frau wiedersehen sollte). Bitte denke nicht schlecht von ihr; sie ist ein guter Mensch."

        Stefanie musste erneut unterbrechen; sie konnte nicht mehr
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