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Liebe braucht keinen Ort

Liebe braucht keinen Ort

Titel: Liebe braucht keinen Ort
Autoren: Susan Waggoner
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Enttäuschungen bewahren, die dann folgen sollten.
    Denn schließlich enttäuschten die Außerirdischen beinahe jeden. Jahrhundertelang hatten sich die Leute gefragt, ob Außerirdische existierten, und sich vorzustellen versucht, wie sie aussehen würden, wenn es sie gab. Das Einzige, worin sich alle einig waren, war, dass die Außerirdischen irgendwie eben   …
außerirdisch
aussehen würden. Lizas Vater hatte erwartet, dasssie große Gehirne haben würden und mithilfe von Telepathie miteinander kommunizieren würden. Sie würden sanft und intelligent sein und den Regierungen der Welt sagen, wie man dauerhaften Frieden erreichen könnte. Sie würden ihr Wissen über die Geheimnisse kostenloser Energie und eines nie enden wollenden Vorrats an Nahrung mit den Menschen teilen.
    Stattdessen sahen die Außerirdischen genau wie Menschen aus, nur ein bisschen größer. Sie hatten keine Riesengehirne und schienen tatsächlich nicht klüger zu sein als die Menschen – oder, um genauer zu sein, nicht klüger als Menschen, die nicht allzu viel wussten. Sie waren nicht hergekommen, um ihre große Weisheit mit den Menschen zu teilen, sondern um sie auf der Erde zu finden. Wenn man sie fragte, konnten sie nicht erklären, wie ihr Raumschiff funktionierte oder wie es dazu gekommen war, dass es plötzlich im Luftraum der USA auftauchte und um die Erlaubnis bat, ein Landefahrzeug herunterzuschicken. Alles im Raumschiff, berichteten sie, lief mit einer Software, die von ihrem Heimatplaneten aus gesteuert wurde. Die Erziehung und Ausbildung auf ihrem Planeten war kompliziert und sehr spezialisiert, erklärten sie. Sie hatten nichts über Technologie gelernt, die auf ihrem Planeten immer schon hervorragend gewesen war, sondern waren stattdessen in Spezialkursen in den Sprachen der Erde unterrichtet worden, und zwar mit verstärkten Radiosendungen, die vor Hunderten von Jahren aus der Atmosphäre der Erde zu ihnen hinaufgeschwebt waren. Was erklärte, warum ihr Wortschatz zunächst so begrenzt war. Eigentlich konnten sie nur die Zeilen sprechen, die sie immer und immer wieder gehört hatten.
Wäscht so weiß, weißer geht’s nicht
und
Wolkenlos, strichweise Regen
. Erst nach einigen Reisen zur Erde hatten sie auch gelernt, die verschiedenen Sprachen zu lesen, und jetzt waren sie hier, um die Meisterwerke der irdischen Literatur zu studieren.
    Ehe Liza das Wort »skeptisch« verstand, kannte sie das zugehörige Gefühl schon längst. Sie konnte nicht glauben, dass die Außerirdischen so weit gereist waren, nur um jetzt in Bibliotheken zu sitzen. Viele Erwachsene teilten Lizas Meinung. Sie beharrten darauf, dass die Außerirdischen jeden Augenblick ihre zur Tarnung angelegten Menschenkostüme aufreißen und das intrigante Reptil im Inneren zum Vorschein bringen würden. Es gab Aufstände und Protestkundgebungen, bei denen die Menschen forderten, man solle sie wieder in den Weltraum zurückschießen. Doch als die Außerirdischen der Regierung klar machten, dass sie bereit waren, für Studentenvisa und Bibliotheksausweise astronomische Summen in Gold zu bezahlen, war die Sache entschieden. Die Außerirdischen durften bleiben.
    Andere Regierungen beneideten Amerika um das Glück und den großen Reichtum, der von den Außerirdischen ins Land gebracht wurde. Die französische Regierung verkündete als erste, gegen den stürmischen Protest der Bevölkerung, dass man auch dort alle willkommen heißen würde, die in friedlicher Absicht kamen, um zu studieren. Schon bald folgten England und Schweden nach. Im Laufe von Lizas Leben waren aus den wenigen Dutzend Außerirdischen, mit denen es angefangen hatte, nun schon mehrere Tausend geworden, die sich über die ganze Erde verteilt hatten. Technisch gesehen, waren sie seltener als Rothaarige, aber ihre Anwesenheit gab ständig Anlass zu Reibungen. Die meisten Leute trauten ihnen nicht und wollten sie nicht dahaben. Nur den Regierungen waren sie willkommen. Demonstrationen gegen Außerirdische gehörten zum Alltag. In nur zehn Jahren waren Tausende gekommen – wie viele mehr würden noch folgen? War das nicht vielleicht genau der Plan der Außerirdischen, nach und nach auf der Erde einzutreffen, von genau den Regierungen eingeladen, die sie zu stürzen planten?
    Lizas Vater verlor seinen Glauben nie. Er würde immer davon überzeugt bleiben, dass die Außerirdischen große Weisheit besaßen, die sie mit den Menschen teilen konnten. »Sie warten nur«, sagte er immer, »bis wir uns dessen
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