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Liebe braucht keinen Ort

Liebe braucht keinen Ort

Titel: Liebe braucht keinen Ort
Autoren: Susan Waggoner
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Bis dahin hatte sie geglaubt, dass die ganze Welt so war wie ihre.
    Sie hatten das Wochenende mit Arbeit verbracht, so wie fast immer, bei einem Woodstock Revival Festival. Ihre Eltern waren Profi-Schauspieler, die geschichtliche Ereignisse wieder aufleben ließen, und Woodstock war ihre Spezialität. Liza erschien es wie das Natürlichste von der Welt, dass ihre Mutter und ihr Vater geflickte, ausgestellte Jeans und Nickelbrillen mit himbeerrosa Gläsern trugen und dass sie in der Zeit zurückglitten, um ein Ereignis nachzuleben, das zwei Jahrhunderte vor ihrer Geburt stattgefunden hatte. Sie hatten es einfach im Blut, und es war Teil ihrer Liebesgeschichte, denn sie hatten sich bei Woodstock 200 kennengelernt, dem zweihundertsten Jubiläum, als ihre Mutter vier Jahre alt war und ihr Vater fünf. Wenn man Lizas beiden Großmüttern Glauben schenken durfte, dann hatte ihr Vater ihrer Mutter eine Handvoll hübsches Unkraut geschenkt und gesagt: »Ich mag dich. Lass uns das für immer und ewig so machen.« Und ihre Mutter hatte nüchtern erwidert: »Das können wir tun, aber nur, wenn sie hier das nächste Mal Bananeneishaben.« Zwanzig Jahre später waren sie sich beim gleichen Festival wiederbegegnet und hatten sich sofort ineinander verliebt. Es war die romantischste Geschichte, die Liza kannte, und zugleich auch der Grund, warum sie sich so sicher war, dass sie niemals von der Liebe durchdrungen werden konnte. Sie wartete auf ihre eigene besondere Geschichte.
    An dem Wochenende, als die Außerirdischen kamen, trug ihre Mutter ein langes, wallendes Gewand, das über und über mit winzigen Spiegeln bestickt war. Während ihr Vater auf der Bühne stand und sang, verkaufte ihre Mutter gebatikte T-Shirts , auf denen Bilder prangten, die wie Sonnenuntergänge, Sternenexplosionen und zusammenprallende Galaxien aussahen. Es war Lizas Aufgabe, die T-Shirts zusammenzufalten, die die Leute gekauft hatten, sie in eine Tüte zu stecken und eine Handvoll von dem hinzuzufügen, was ihre Mutter »gutes Karma« nannte – getrocknete rosa Blütenblätter, die Liza noch heute immer an
gutes Karma
denken ließen, wenn sie an einer Rose roch.
    Es war ein Sonntag, und gerade als die Sonne schon tiefer am Himmel stand und alles langsam seinem Ende entgegengehen sollte, lief ein Ruck der Erregung durch die Menge. Er fing an einem Stand an, wo alte Radios plärrten, und breitete sich von dort aus. Manche Leute schrien, andere jubelten, wieder andere begannen zu weinen. Liza wusste nicht, ob etwas Gutes oder etwas Schlechtes geschehen war. Auf der Bühne hatte die Band ihres Vaters zu spielen aufgehört. Jemand, der sich ein altmodisches Transistorradio ans Ohr hielt, schnappte sich das Mikrofon und sagte: »Wie abgefahren ist das denn, Leute? Sie sind da! Der Präsident hat gerade eine Sondermeldung herausgegeben. Sie sind endlich da! Die Außerirdischen, Leute! Die Außerirdischen sind auf dem Rasen vor dem Weißen Haus gelandet!«
    Als sich Liza Vater endlich einen Weg durch die Menschenmengezu Liza und ihrer Mutter gebahnt hatte, leuchtete ein breites Lächeln auf seinem Gesicht. Er sprach darüber, dass sich nun Portale öffneten, dass das Zeitalter des Wassermanns endlich, endlich angebrochen sei. Dann riss er Liza in die Höhe und sagte: »Und du wirst es alles sehen, Liza. Wunderbare Dinge werden geschehen. Die Außerirdischen bringen die Antworten auf all unsere Fragen. Nie wieder Krieg. Grenzenlose Energie. Reisen durchs ganze Universum. Und sie sind gekommen, um uns alles darüber zu erklären.«
    Auf dem gesamten Nachhauseweg sprach ihr Vater begeistert über all die Dinge, die nun geschehen würden. Er sprudelte nur so vor Plänen – für sich selbst, für Liza, für ihre ganze Familie. Er erzählte Liza immer wieder, dass sie in einer völlig anderen Welt leben würde. »Ach zum Teufel – jetzt ist die Tür zu galaktischen Reisen aufgestoßen und wir brechen hier vielleicht unsere Zelte ab und ziehen auf einen ganz neuen Planeten!«
    »Earl!«, sagte ihre Mutter. »Du machst ihr Angst.«
    »Nein, tu ich nicht. Oder doch, Prinzessin?«
    Liza erinnerte sich, dass sie den Kopf geschüttelt hatte. Nein, sie hatte keine Angst, weil sein Lächeln so wunderbar war und sie wollte, dass es nie vergehen würde.
    Sie wünschte sich oft, sie könnte die Zeit zurückdrehen, diesen Tag packen und so lange schüttelten, bis alles so herauskam, wie ihr Vater es sich gewünscht hatte. Sie wünschte sich, sie könnte ihn vor den
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