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Liebe auf südlichen Straßen

Liebe auf südlichen Straßen

Titel: Liebe auf südlichen Straßen
Autoren: Horst Biernath
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quietschen, auch wenn man sich darin sehr heftig bewegt.«
    Elisabeth errötete heftig, Signora Dellarossa überschüttete sie mit einem Schwall von Komplimenten, die sie nicht verstand. Lorenz mischte sich schließlich ein und komplimentierte seinerseits Signora Dellarossa zum Zimmer hinaus.
    »Es ist scheußlich, so dumm zu sein!« rief Elisabeth, als sie endlich allein waren. Lorenz zog sie in die Arme. Sie trug einen weit ausgeschnittenen Pullover und einen Rock aus bunt bedrucktem Chintz, der über einem steifen knisternden Untergewand wie eine Glocke um die unbestrumpften braunen Beine schwang. Durch die hohen Absätze der leichten Schlupfsandalen war sie fast so groß wie Lorenz. Ihre Schlankheit ließ sie mädchenhaft und viel jünger erscheinen, als sie in Wirklichkeit war.
    »Nicht...«, sagte sie schließlich ein wenig atemlos und entzog sich seiner Umarmung und seinen Küssen und begann, die Koffer auszupacken, die Wäsche in den Schrank zu legen und die Kleider auf Bügel zu hängen. Lorenz half ihr dabei, aber er stellte sich nicht allzu geschickt an. Elisabeth empfahl ihm, lieber eine Zigarette zu rauchen und die schräg gestellten Bleche der Jalousie hochzuziehen, um den penetranten Kampfergeruch aus dem Zimmer zu bringen. Schließlich trat sie zu ihm ans Fenster, um einen Blick auf den See zu werfen. Ein zarter Dunst verschleierte das gegenüberliegende Ufer. Kaum daß die weißen Häuser von Castelletto zu erkennen waren.
    »Und wo liegt nun eigentlich die Hütte des alten Anselmo?«
    »Genau in entgegengesetzter Richtung. Nicht allzu weit von diesem Hause entfernt. Jenseits der Straße hoch am Berg.«
    »Dann laß uns also gehen!«
    Er warf einen Blick auf seine Uhr: »Nicht so eilig, Liebling. Es ist noch nicht einmal sechs, und noch ein wenig zu warm, um die steinigen und steilen Hänge emporzuklettern. Auf jeden Fall aber wirst du Schuhe mit niedrigen Absätzen nehmen müssen, wenn du dir nicht die Knöchel brechen willst.«
    »Was gibt es hier sonst noch zu sehen?«
    »Das Schloß der Marchese von Bogliaco...«
    »Ein echtes Schloß?«
    »Ein echtes Schloß mit einer fürstlichen Gartenanlage aus dem Barock, mit Grotten und Skulpturen und breiten Treppen aus weißem Marmor...«
    »Wie gut du dich hier auskennst!« sagte sie ein wenig mißtrauisch, »oder bist du vielleicht inzwischen doch wieder einmal hier gewesen?«
    »Du vergißt, daß ich zwei Monate lang Gelegenheit hatte, mir Gargnano von oben anzusehen. Und außerdem war Nonno Anselmo ein recht gesprächiger alter Mann, der zudem ein ganzes Menschenleben lang den Marchesen von Bogliaco als Gärtner gedient hatte. Er konnte stundenlang von den alten Zeiten erzählen, in denen die Marchesen eine große Rolle in der Politik und in der Gesellschaft gespielt hatten.«
    Elisabeth wechselte die Schuhe und hängte sich eine Tasche aus marokkanischem Leder über die Schulter.
    »Also gut, gehen wir...«, murmelte er und folgte ihr.
    Der Wagen stand im silbrigen Schatten einer alten Olive mit knorrigem Stamm und breit ausladendem Geäst vor dem Haus. Die Sonne stand noch über dem Gebirgszug, aber sie war schon im Sinken begriffen. Jenseits der Straße stieg das Land ziemlich steil an, zunächst in mauerumsäumten Terrassen mit Weinbau und Limonengärten, darüber lagen Ölbaumpflanzungen, und dahinter wildes Buschland und Gestein. Elisabeth blieb für einen Augenblick vor dem Gartentor stehen und schaute zu den Bergen empor.
    »Ich muß mir den Weg zur Hütte erst selber suchen«, sagte Lorenz und zog ihre Hand durch seinen Arm, »hier irgendwo liegt er. Die Hütte sieht man von hier aus nicht...«
    Sie kamen am »Albergo Trota« vorbei. Der Padrone, mit einem Korb auf dem Rücken, war gerade dabei, sein Motorrad anzutreten, um in die Stadt zum Einkauf zu fahren. Er winkte ihnen zu und erkundigte sich, ob sie mit ihrem Zimmer zufrieden seien. Lorenz fragte, wann das Abendessen eingenommen würde und ließ sich für neun Uhr einen Tisch reservieren. Sie bummelten über die Straße und trafen in der Nähe des Bagno Publico auf eines jener stativartigen Holzgestelle, denen sie auf dem Wege nach Gargnano dutzendfach begegnet waren. Am belaubten Astwerk hingen daran Limonen und Orangen, die hier direkt aus den Gärten zum Verkauf angeboten wurden. Ein kleiner Bursche, zehn oder zwölf Jahre alt, der im Schatten der Mauer wie ein Hund zusammengerollt geschlafen hatte, schien die Annäherung der Fremden mit einem sechsten Sinn zu wittern. Er sprang auf
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