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Liebe auf südlichen Straßen

Liebe auf südlichen Straßen

Titel: Liebe auf südlichen Straßen
Autoren: Horst Biernath
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Fremden genau, denen seine Herrin ein paar Schritte entgegenging. Der fragende Ausdruck ihres scharfgeschnittenen, aber nicht unschönen Gesichtes verwandelte sich langsam in ungläubiges Erstaunen und lebhafte Überraschung. Und plötzlich schlug sie die Hände vor der Brust zusammen, als müsse sie ihr Herz festhalten.
    »Madonna mia! Lorenzo! Di dove viene?!«
    Elisabeth warf den Kopf herum und starrte Lorenz von der Seite aus großen Augen an: »Was soll das? Woher kennt dich diese Frau?«
    Er ließ die halb zum Gruß erhobene Hand sinken.
    »Es ist Anna...«, antwortete er mit belegter Stimme und mußte sich freihüsteln, ehe er weitersprechen konnte, »ich habe dir doch schon von Anna erzählt, der Schwiegertochter des alten Anselmo...« Und ehe Elisabeth Zeit fand, etwas zu sagen oder eine neue Frage zu stellen, nahm er sie am Arm und führte sie Anna entgegen. »Die Sache war nämlich so...«, stammelte er, »als ihr Mann gefallen war, da zog Anna nach Gargnano und hat sich hier um den Alten und auch um mich gekümmert... ja, so war das... Und nun gib ihr bitte die Hand und sag ihr ein freundliches Wort... auch wenn sie dich nicht versteht. Sie war gut zu mir, als ich hier lag...«
    »Davon hast du mir aber nichts erzählt!« sagte Elisabeth ein wenig starr.
    »Nun, ich hielt es nicht für besonders wichtig...«, murmelte er und streckte Anna die Hand entgegen. Anna zögerte, einzuschlagen, sie wies entschuldigend ihre verarbeiteten, schmutzigen Finger vor.
    »Che sorpresa! Was für eine Überraschung, dich hier zu sehen, Anna!« rief Lorenz hastig. »Ich habe wahrhaftig nicht geahnt, daß ich dich hier treffen würde.« — Er drehte sich halb um und deutete mit einer halbrunden Bewegung auf Elisabeth: »Das ist meine Frau... Sie heißt Elisabeth... ja... Und wir sind erst seit acht Tagen miteinander verheiratet.« Er verzappelte sich unter dem Blick beider Frauen und tastete nach seinem Hemdkragen; aber der war bereits geöffnet.
    »E-li-sa-beth...«, wiederholte Anna langsam, Silbe für Silbe gleichsam abschmeckend, und ließ das Haumesser, das sie so lange in der Hand gehalten hatte, zu Boden fallen, »parla italiano, signora?«
    Elisabeth schüttelte den Kopf: »Niente — nulla parola...«
    »Meine Frau spricht leider kein Wort italienisch und - sie versteht auch kein Wort«, sagte Lorenz bedauernd, aber es klang, als käme ihm diese Tatsache im Augenblick durchaus nicht ungelegen.
    Elisabeth zwang sich zu einem Lächeln, ergriff Annas Hand, hielt sie sekundenlang fest und sagte ein wenig hilflos, da sie ja doch nicht verstanden wurde, sie freue sich, Anna kennenzulernen. Lorenz vermittelte ihre Worte und übersetzte auch Annas Erwiderung: sie hoffe zu Gott, daß Elisabeth so glücklich sei, wie sie es durch Jugend, Schönheit und Liebenswürdigkeit verdiene. Elisabeth senkte, durch die Würde dieser Worte betroffen, den Blick, und die Ungeniertheit, mit der Anna sie von Kopf bis Fuß betrachtete, ließ sie erröten.
    »Wirklich, Lorenzo, sie ist eine sehr schöne Frau, deine Elisabeth!« sagte Anna mit ihrer tiefen, rauhen Stimme. »Trotzdem muß ich ein wenig lachen, Ecco! Schau an: also Elisabeth und nicht Gina! Oh, ihr Mannsbilder! Du brauchst gar nicht verlegen zu werden, Lorenzo. Ein Mann ist wie der andere. Viel wert seid ihr alle miteinander nicht. — Aber ich habe es dir damals ja gleich gesagt, daß aus dir und Gina nie im Leben ein Paar würde! Stimmt’s? Erinnerst du dich meiner Worte? Eine römische Marchesa und ein deutscher Feldwebel... Nein, das paßte rricht zusammen. Auch wenn du aus einem Hause stammst, wo die Töchter auf dem Klavier spielten und jeden Samstag in einer Wanne badeten. Nein, nein, ich habe es gleich gewußt! Auch wenn du damals tausend Eide schworst, daß du Gina und nie eine andere Frau heiraten würdest...«
    »Ja, ja, du hast schon recht gehabt, Anna«, sagte er sehr nervös und klopfte seine Taschen nach den Zigaretten ab, »aber sag, wie kommst du hierher, oder vielmehr, weshalb bist du noch immer hier? Ich habe doch vom Podestà erfahren, daß Nonno Anselmo vor langer Zeit gestorben ist...«
    »Ja, er ist tot. Wir haben ihn auf dem campo santo von Bogliaco begraben. Er wollte in der Nähe seines alten Herrn liegen, um dem Marchese bei der Auferstehung des Fleisches zur Seite zu stehen. Dabei war er so klapperig geworden, daß er selber Mühe haben wird, am Jüngsten Tag auf die Beine zu kommen.«
    Lorenz versuchte, rasch zu verdolmetschen, was Anna ihm in aller
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