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Liebe auf südlichen Straßen

Liebe auf südlichen Straßen

Titel: Liebe auf südlichen Straßen
Autoren: Horst Biernath
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er zärtlich liebte, der Wagen eines Filmstars und eine gute Praxis. Seine Vorfahren waren vor rund zweihundert Jahren aus Italien eingewandert, tüchtige Stukkateure, die Balthasar Neumann für den Bau der Würzburger Residenz in das Fürstbistum Franken gerufen hatte, ln Süddeutschland hängengeblieben, hatten sie sich, als weniger baufreudige Bischöfe den Krummstab übernahmen, in allen möglichen Berufen schlecht und recht durchgeschlagen. Auf der Statione Brennero blieb Elisabeth im Wagen, während Lorenz die Paß- und Zollkontrolle erledigte und ein wenig verlegen die Komplimente entgegennahm, zu denen der Paßbeamte, ein kleiner drahtiger Neapolitaner, sich verpflichtet fühlte, als er das Foto in Elisabeths Reisepaß betrachtete.
    »Vierundzwanzig Jahre alt und blond... per Dio! Ich beneide Sie, Signore!«
    »Danke«, murmelte Lorenz in flüssigem Italienisch, »leider kann man die Zeit nicht festhalten.«
    »Da haben Sie allerdings recht!« seufzte der Beamte, kramte in seiner Brieftasche nach einem Foto und warf es vor Lorenz auf den Tisch. »Sie war neunzehn, als wir heirateten. Schlank wie eine junge Tanne und graziös wie ein Reh. Madonna mia! Sehen Sie sich das Bild an, Signore! Das ist nach fünfzehn Jahren aus dem Reh geworden! — Sie sind auf der Hochzeitsreise, nicht wahr?«
    »Nun, ja...«, gestand Lorenz und steckte die Pässe ein.
    Der Italiener verdrehte die Augen, befeuchtete sich die Lippen mit der Zungenspitze und reichte Lorenz auch die gestempelten Wagenpapiere zurück: »Ich wünsche Ihnen Kraft für die Gegenwart und Glück für die Zukunft, Signore!«
    »Diese Italiener!« sagte Lorenz mit einem kleinen Lachen, als er wieder neben Elisabeth hinter dem Steuer Platz nahm, den Motor anspringen ließ und die Handbremse löste.
    »Was war?« fragte sie und lehnte sich an seine Schulter.
    »Der Beamte an der Paßkontrolle hat mit seiner Frau Gemahlin ein wenig Pech gehabt. Aus einem Tännchen ist in fünfzehn Jahren ein Tönnchen geworden. Du hättest seinen Seufzer hören sollen, als er dein Bild sah! Blond und vierundzwanzig Jahre alt, oh...!«
    »Und was hast du ihm geantwortet?«
    »Nichts, es war ja auch keine Frage, sondern eine Feststellung. Und — per Dio! — ich konnte ihm innerlich nur beistimmen.«
    Elisabeth rückte ein wenig von seiner Schulter ab und sah ihn von der Seite an: »Die blonde Haarfarbe kann man sich erhalten... Aber ich werde nicht immer vierundzwanzig bleiben. Und die schlanke Linie...«
    »Corpo di Bacco!« unterbrach er sie belustigt, »das nennt man wahrhaftig Solidarität der Frauen! Was meinst du, Liebling, hätte ich dem Schurken ins Gewissen reden sollen?«
    »Du findest es amüsant, nicht wahr, aber mich empört es irgendwie, daß so ein Kerl seine eigene Frau zum Gespött macht, nur weil sie ein wenig rund geworden ist.«
    »He, Frau Bonaventura, seit wann sind Sie so streng und so humorlos? Das war doch nur ein Geschwätz, mit einem Scherz auf eigene Kosten, ein Kompliment für dich und ein Glückwunsch für mich...«
    »Nun ja, aber trotzdem, wenn ich mir vorstelle, daß du vielleicht nach fünfzehn Jahren...«
    »Jetzt aber Schluß, mein Herz!« sagte er lachend und zog sie für einen Augenblick an sich heran. »Zugegeben, in uns stecken natürlich eine Menge Entwicklungsmöglichkeiten, mehr vielleicht, als man sich bei kühnster Phantasie vorstellen kann. Aber ob blond, rot, schwarz oder weiß, ich werde dich immer lieben! Und ich schwöre dir sogar Treue bis zur Zweizentnergrenze! Dann allerdings...«
    »Ach, Lorenz, du ziehst es ins Lächerliche, weil es ein ziemlich lächerlicher Anlaß ist, der uns auf dieses Gespräch gebracht hat. Aber sag ehrlich: hast du gar keine Furcht?«
    »Furcht vor wem oder vor was?«
    Sie ließ die Hände mit einer kleinen hilflosen und rührenden Geste in den Schoß fallen: »Nun — ich meine — vor der Zukunft...«
    »Lieber Gott, was für eine Frage! Auf der Hochzeitsreise! Unter diesem wunderbaren Himmel!«
    Er mußte vor einem Bahnübergang bremsen, vor dem eine lange Kette von Fahrzeugen anstand. Der Eisack bildete tief unterhalb der Straße einen breiten Stausee, und schwere Befestigungswerke mit mächtigen Mauern, Kasematten und Türmen sperrten das Tal, das die Gletscher vor Jahrtausenden ausgeschliffen hatten. Endlich donnerte ein langer Güterzug vorüber und verschwand in dem rußgeschwärzten Schlund eines Tunnels. Die Schranken gingen hoch, die Autokolonne setzte sich in Bewegung und zog sich bald
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