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Liebe auf eigene Gefahr Roman

Liebe auf eigene Gefahr Roman

Titel: Liebe auf eigene Gefahr Roman
Autoren: Emma McLaughlin
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Frisierkommode vergessenen Cowboystiefel und schneide die Schnittstelle mit der messingüberzogenen Stiefelspitze auf. Sofort springen die Klappen auf. Ich lasse das hellbraune Schlangenleder fallen und hole das zusammengeknüllte Seidenpapier heraus. Dann umschließt meine Hand Moms altes Diktiergerät, an das eine Karte mit der Zahl Eins geklebt ist. Mit dem schwarzen Plastikklotz zwischen den Händen fingere ich an dem kleinen, gelben Post-it-Zettel herum, auf den sie einfach einen Pfeil zur PLAY-Taste gemalt und »Bitte!« geschrieben hat. Dann stoße ich einen tiefen Atemzug aus. Ich will nicht. Will nicht tun, was sie sagt. Ich will die beiden dort auf der Veranda zurücklassen, will, dass die ganze Geschichte verschwindet. Dass es vorbei ist.
    Ich drücke auf PLAY.
    »Läuft es schon?«, erklingt Dads Stimme. Mit dem Daumen drehe ich den Lautstärkeregler voll auf.
    »Ich glaube schon. Versuch’s mit einem Test«, sagt Mom, als würde sie neben mir stehen. Ich lasse den Daumen hinuntergleiten.
    »Test«, sagt Dad. »Ich habe das Gefühl, ich sollte etwas singen.«
    » Moonlight in Vermont «, trällert Mom. Meine Wangen heben sich zu einem unsicheren Lächeln.
    »Ernsthaft.«
    Mom räuspert sich. »Ja.« Sie holt Luft. »Kate, hallo.«
    »Hallo«, schaltet sich Dad ein.
    »Es ist also Weihnachten. Und wir haben unsere Geschenke ausgepackt, und dein Dad hat die Garnelen gegrillt.
Und wir haben dich vermisst. Wir haben den ganzen Tag, na ja …«
    »Gestritten wie verrückt.«
    »Ja, wir haben gestritten und geredet und hatten einen Riesenkrach miteinander. Und hier ist das Ergebnis … uns tut es einfach furchtbar …«
    »Leid«, sagt Dad, und das Wort klingt seltsam aus seinem Mund, wenn es nicht in einen Witz verpackt ist.
    »Mir tut es leid, dass ich eine Affäre hatte«, fährt Mom fort, und mir steigt die Hitze in die Stirn. »Und dass du darüber stolpern musstest, damit allein warst.«
    »Tut mir leid, dass ich den Verstand verloren habe, und ihr euch deswegen so scheußlich gefühlt habt«, sagt Dad mit solcher Deutlichkeit, dass ich das Band mit zitternden Händen anhalte, es schlingernd einen Takt zurückspule und wieder auf PLAY drücke.
    »… den Verstand verloren habe und ihr euch deswegen so scheußlich gefühlt habt. Und das sage ich hier, wo du es dir so oft anhören kannst, wie du willst.« Ich presse die Fingerspitzen an den Mund, während Mom hörbar einatmet. »Und nachdem Dad wieder eingezogen war, haben wir nie mit dir darüber geredet, weil wir dir so schnell wie möglich wieder eine glückliche Familie bieten wollten. Wir wollten keine Last für dich sein, das Ganze nicht unnötig in die Länge ziehen. Aber das hat eindeutig nicht, na ja, es hat nicht …«
    »Verdammt schlechte Taktik, anscheinend. Also, Kate, Folgendes. Wir werden dir jetzt alles erzählen, restlos alles. Von dem Tag, an dem das Forschungszentrum zumachte, bis zu dem Tag, an dem ich wieder eingezogen bin. Wir erzählen dir alles, was du je über diese Monate wissen wolltest, und du kannst dir so viel oder so wenig davon anhören, wie du möchtest.«
    »Wir haben hier einen vollen Krug mit Piña Colada«, sagt Mom, und ich lächle breit, als ich mir vorstelle, wie sie die
Schultern hochzieht. »Und ich habe uns dir zu Ehren sogar Würstchen im Schlafrock von Publix geholt.«
    »Hab sogar an die kleinen Schirmchen gedacht«, fügt Dad hinzu. »Noch etwas, bevor wir anfangen. Ich möchte, dass du weißt, dass ich die Medikamente unter ärztlicher Aufsicht abgesetzt habe. Ich spreche nicht gerne mit dir darüber, Katie, weil das nicht meine größte Stärke als Vater ist …« Seine Stimme ist so leise geworden, dass ich mir den Rekorder ans Ohr halten muss. »Das Geflenne hält angeblich nur ein paar Wochen an.«
    »Heute Morgen beim Kinderglockenchor sind dir schon die Tränen in die Augen gestiegen.«
    »Claire, er sagte, ich würde normal werden. Kein Android«, sagt Dad abschätzig. »Diese kleinen Engelchen mit ihren Glocken, die größer sind als ihre winzigen Köpfe, dagegen bin ich auch nicht immun.«
    »Also gut.« Ich höre, wie Mom lacht. Und, dass sie nervös ist. »Dann lass uns auf den Punkt kommen.«
    »Tja, also, wie war das? Wenn ich mich recht erinnere, bin ich eines Morgens einfach mit dem Gefühl aufgewacht, überhaupt nicht geschlafen zu haben, mit dieser bleiernen Müdigkeit …«
    Ich drücke auf STOP, lasse das Ausmaß ihrer Geste auf mich wirken und stelle fest, dass ich die Details, jetzt, da
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