Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Lichtspur

Lichtspur

Titel: Lichtspur
Autoren: Chris Moriarty
Vom Netzwerk:
Sharifi-Transformation einleitete, nicht-triviale Spin-Abweichungen korrigierte und den replizierten Datenstrom an jene fernen Segmente von Cohens Netzwerk weiterleitete, die diese Einsatzbesprechung überwachten.
    Vor der Entdeckung der ersten Bose-Einstein-Lagerstätte auf Compsons Planet – vor den ersten primitiven Verschränkungsbanken und Relaisstation, vor Hannah Sharifi und der Kohärenz-Theorie –, brauchte eine Nachricht von Metz zur Erde gewöhnlich fast drei Tage für die Übermittlung durch einen schmalen und verrauschten, nicht interaktiven Kanal. Heute schickten Bose-Einstein-Arrays verschränkte Daten durch die kurzlebigen quantenmechanischen Wurmlöcher des Spinschaums und zwar so schnell, dass der gesamte UN-Raum in das aktive, sich entwickelnde, emergente Universum des Spinstroms eingebunden wurde.
    Nur heute nicht, schien es.
    , fragte Li.
    , antwortete Cohen, noch bevor sie den Gedanken beendet hatte.
    
    Soza hatte sich wieder dem VR-Display zugewandt und erläuterte die Logistik des Angriffs. Wenn alles wie geplant lief, würde Cohen als Kolodnys Overlay den Zielcode aufspüren. Lis übrige Mannschaft hatte nur zwei Aufgaben: die KI reinzubringen und wieder rauszuholen und Bioproben zu sammeln, während Cohen die Online-Security crackte. Es kam ihr etwas anders vor als die zwei Dutzend anderen Techno-Operationen, die Li bisher befehligt hatte, und sie fand, dass Soza hätte Zeit sparen und die Mannschaft
effizienter instruieren können, indem er die Daten einfach in den gemeinsamen Festspeicher der Mannschaft einspeiste. Sie stand weitere fünf Minuten durch, bis sie ihn mit einer nahe liegenden, aber noch unbeantworteten Frage unterbrach.
    »Wonach suchen wir denn eigentlich?«
    »Major«, sagte Soza. Er zögerte, und Li bemerkte in seinem Blick eine Spur von Selbstzweifel. Sie erinnerte sich an ihr eigenes erstes Kommando, an ihre Panik, als sie darüber nachgedacht hatte, ob sie erfahrenen Kämpfern wirklich Befehle erteilen und dabei Eindruck machen konnte. Das war aber eine andere Situation gewesen. Sie hatte schon Friedenssoldaten gegen Bodentruppen der Syndikate angeführt, als dieser Kerl hier noch nicht einmal von seinem ersten offiziellen Kommando geträumt hatte. Nicht nur das, sie hatte in Kriegszeiten drei Jahre lang eine Feldkommission organisiert, noch bevor ihr jetziger befehlshabender Offizier sein erstes Viertel-Genkonstrukt als Kandidat für die Offiziersschule empfohlen hatte. »Unsere Berichte«, Soza räusperte sich, ehe er fortfuhr, »deuten darauf hin, dass die Anlage Produkte herstellt, die auf der Technologie-Sperrliste stehen.«
    Irgendjemand – Dalloway, vermutete Li – kicherte.
    »Das ist nicht sehr hilfreich«, sagte Li. »Als ich zuletzt einen Blick in die Sperrliste geworfen habe, war sie mehrere tausend Seiten lang. Wenn wir uns daran halten, müssten wir auch Armbanduhren und Nagelknipser beschlagnahmen. «
    »Wir haben außerdem klare Hinweise darauf, dass die Muttergesellschaft mit den Syndikaten sympathisiert.«
    »Das war’s?«, fragte Li ungläubig.
    »Das war’s«, sagte Soza.
    Natürlich log er. Sie sah es in seinen Augen, die ihrem Blick, ohne zu blinzeln, mit unnatürlicher Starre begegneten.
    Sie erinnerte sich flüchtig an ihr erstes Treffen mit Helen Nguyen – Himmel, wie lang war das her? Sie war damals jünger als Soza jetzt gewesen, aber sie hatte bereits Gilead überlebt. Und als sie in dem dezenten Büro der Frau stand, von der hinter vorgehaltener Hand erzählt wurde, dass sie die rücksichtsloseste und erfolgreichste Spionagechefin der UN war, hatte sie gewusst, dass Nguyens Unterstützung ihr in Friedenszeiten das Überleben sichern konnte.
    Schlechte Lügner meinen immer, dass sie dich mit einem Blickkontakt von ihrer Lüge überzeugen können, hatte Nguyen geraunt, wobei ein Lächeln ihre Lippen umspielt hatten. Aber natürlich irren sie sich. Gutes Lügen muss man üben. Also üben Sie. Das heißt, wenn Sie für mich arbeiten wollen.
    Li stand auf und deutete mit dem Daumen zur Tür. »Kann ich Sie unter vier Augen sprechen, Hauptmann?«
    Ihre Leute hielten den Atem an, murmelten etwas, rutschten auf ihren Bänken herum. Schön, dachte Li; es kann der Moral nicht schaden,
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher