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Lichtgeboren - Sinclair, A: Lichtgeboren

Lichtgeboren - Sinclair, A: Lichtgeboren

Titel: Lichtgeboren - Sinclair, A: Lichtgeboren
Autoren: Alison Sinclair
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dieser sich ebenfalls zum Feind der Schattengeborenen machte, ohne jedoch – im Gegensatz zu Ishmael – deren Magie spüren und sich dagegen wappnen zu können. So war es dazu gekommen, dass Telmaine, Balthasar und Ishmael dem Fürsten, als dieser bewusstlos unter dem Bann magischer Hexerei langsam dahinzusiechen drohte, das Leben gerettet hatten.
    Mit einem letzten entschiedenen Ruck kam der Zug zum Stehen. Erleichtert zog Telmaine das Schreibetui hervor, klemmte es sich unter den Arm und schüttelte im Stehen ihre von der Reise zerknitterten Röcke auf. In diesem Moment schien ihr ein heißes Bad der kostbarste Luxus, ungeachtet der leicht antiquierten Installationen im erzherzoglichen Palast. Ein heißes Bad und ein ausgiebiges Frühstück mit ihren Töchtern – konnte es etwas Schöneres geben, um daraus Kraft zu schöpfen?
    Der Steward kam zurück und erklärte, dass der Bahnsteig nun geräumt sei. Während sich Fürst Vladimer in seinem Privatabteil noch auf seinen Gehstock stützte, bedeutete er ihr ungehalten, sie möge vorangehen. An der Waggontür hielt sie inne, ließ ihre Magiersinne vorsichtig über den Bahnsteig fliegen und entdeckte ausschließlich Nachtgeborene. Der Magie ihrer Feinde haftete ein unverkennbarer Pesthauch an, doch die Luft roch vertraut, nach dem beißenden Rauch der schnaufenden Züge um sie herum.
    Telmaine hielt dem Steward eine Hand hin und gestattete ihm somit, ihr bei dem langen Schritt hinunter auf den Bahnsteig behilflich zu sein – hoch erhobenen Hauptes stieg sie aus. Nachdem sich der Steward umgewandt hatte, um Fürst Vladimer beim Aussteigen zu helfen, sandte sie einen feinen Peilruf aus, ganz so wie es sich für eine Dame gehörte. Ein gedämpftes Ultraschallsignal, dessen Reichweite sich auf knappe zwölf Meter beschränkte. Unwillkürlich erinnerte sie sich an ihre erste Begegnung mit Ishmael, als sie ihn gleich zu Beginn für sein allzu durchdringendes Sonar getadelt hatte, das in gefährlichen Situationen durchaus angebracht sein mochte, für einen höflichen, gesellschaftlichen Umgang jedoch völlig unangemessen war. Bei diesem Gedanken und der Vorstellung dessen, was er von ihr in dieser Situation erwarten würde, sandte sie – allen Hemmungen zum Trotz – einen weiteren Peilruf aus. Und diesmal erreichte ihr Signal die beiden Männer, die ihr am Zug entlang hintereinander entgegenkamen, wobei sie sich mit ausgestreckten Armen an dessen Außenwand orientierten.
    Es handelte sich um Nachtgeborene, denen weder Magie noch irgendetwas Schattengeborenes anhaftete. Die Männer trugen die Arbeitskleidung der Lokomotivführer. Doch Telmaine kannte die beiden. Obwohl ihre erste Begegnung nur wenige Sekunden gedauert hatte und die Brandwunden in ihren Gesichtern nahezu verheilt waren, würde sie niemals die Männer vergessen, die aus dem Haus ihres Mannes gestürzt kamen, in dem sie ihn sterbend zurückgelassen hatten, und sich dann ihrer älteren Tochter bemächtigten, um sie als Druckmittel für eine Erpressung zu benutzen.
    Als die Männer ihren Peilruf spürten, blieben sie sofort stehen. Die beiden waren darauf vorbereitet, entdeckt zu werden – Telmaine jedoch nicht darauf, tatsächlich jemanden zu entdecken. Sie hatte noch nicht einmal eine passende Warnung parat. Ausrufe wie Nein! und Fürst Vladimer! und Sie! schossen ihr durch den Sinn, doch sie brachte lediglich einen erstickten Schrei zustande. Sie peilte die charakteristische Bewegung eines Mannes, mit der er eine Waffe auf sie richtete – Ultraschallimpulse kamen nun von vorn und hinten. Telmaine hätte nicht sagen können, wer das Feuer eröffnete, doch sofort packte sie dasselbe Grauen wie bei ihrem Kampf mit dem Schattengeborenen, der Vladimer verhext hatte, und als weitere Schüsse fielen, ging sie kreischend in die Hocke und hielt sich schützend die Arme über den Kopf. Hinter ihr glitt etwas am Zug herab. Sie nahm den Schweißgeruch eines Mannes wahr und peilte ihn nur wenige Schritte von sich entfernt. Doch an ihr, die so völlig hilflos vor ihm hockte, war er nicht interessiert: »Aus dem Weg, Närrin! Er ist es, den ich will.« Telmaine kannte diese Stimme. Der genaue Wortlaut klang ihr noch deutlich in den Ohren: »Wir bekommen Tercelle Amberleys Bastarde, und dann bekommt Hearne seine Tochter zurück. Sagen Sie ihm das.«
    Sie hatte ihre Tochter zurückbekommen. Dafür war sie buchstäblich durchs Feuer gegangen. Stoßen Sie die Flammen zurück , lautete Ishmael di Studiers Anweisung, und sie
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