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Lichtfaenger 01 - Die Auserwaehlte

Lichtfaenger 01 - Die Auserwaehlte

Titel: Lichtfaenger 01 - Die Auserwaehlte
Autoren: Kuehnemann Nadine
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ausgegeben. Für Drogen nehme ich an.« Seine Stimme wurde lauter.
    »Ich nehme keine Drogen.«
    »Egal, wofür du es ausgegeben hast, du sorgst dafür, dass bis heute Nachmittag neues Geld da ist, sonst kannst du heute Abend nicht mehr sitzen.« Er reckte eine Faust in die Luft. Jil ließ sich nicht provozieren, deshalb nahm Brad die Hand wieder herunter. In ruhigerem Tonfall sagte er: »Dana geht gleich hinunter zum Marktplatz. Geld verdienen. Mit ehrlicher Arbeit.« Er betonte seine letzten Worte besonders abfällig. »Du wirst ihr dabei helfen.«
    Jil schritt an ihrem Vater vorbei hinter das Haus. Sie hatte mit wesentlich mehr Ärger gerechnet, deshalb wollte sie ihn nicht noch weiter provozieren.
     Dana stand mit aufgekrempelten Ärmeln an der Pumpe und gab sich alle Mühe, ihre Waschwanne mit Wasser zu füllen. Sie trug ein einfaches blaues Tuchkleid und eine weiße Schürze, auf ihrem Kopf saß ein weißes Kopftuch. Jil lächelte amüsiert. Ihre Schwester bemühte sich, eine redliche Dame zu sein. Manchmal tat sie ihr leid. Seit ihre Mutter gestorben war, fielen ihr sämtliche Aufgaben im Haushalt zu. Wenn Jil nicht diejenige gewesen wäre, die das meiste Geld nach Hause bringt, hätte sie vermutlich ein schlechtes Gewissen gehabt. Doch so verteilten sich die Aufgaben wohl gerecht.
    »Hast du keine Kraft in den Armen, Schwesterchen?«, zog Jil sie auf.
    Dana ließ den Hebel der Pumpe los. »Wenn du alles besser kannst, kümmere dich doch selbst um die Hausarbeit.« In ihrer Stimme lag Bitterkeit.
    »Vater hat gesagt, ich soll mit dir zum Markt gehen.«
    »Ich weiß, er war kaum zu überhören.«
    Jil glaubte, Missmut in ihrer Stimme zu hören.
    »Aber vorher gehst du dich waschen und kämmst dir die Haare«, sagte Dana. »Du vertreibst mir noch die Kunden.«
     
    *****
     
    Zwei Stunden später hatte Jil sich die Haare gekämmt und ihrer Schwester zuliebe ein frisches Kleid angezogen. Sie mochte Kleider nicht besonders, weil sie sie beim Klettern und rennen behinderten. Jil betrachtete sich im Spiegel an der Innenseite der Küchentür und musste unwillkürlich lachen.
    »Was ist so lustig?«, fragte Dana, die gerade damit beschäftigt war, die Kerzen und Honiggläser in den Handkarren zu laden.
    »Ich sehe aus wie ein Mütterchen.«
    »Du siehst endlich einmal nach dem aus, was du bist: eine hübsche junge Frau von zwanzig Jahren.«
    Jil strich sich über die glatt gekämmten schwarzen Haare. Dana hatte Recht, sie sah aus wie eine anständige Frau im besten Heiratsalter. Jil verzog das Gesicht und schnitt sich selbst Grimassen. Der Gedanke war derart absurd, dass sie sich über sich selbst wunderte. Niemals würde sie heireten.
    »Willst du jetzt albern sein oder mir mit den Gläsern helfen?« Dana wischte sich mit dem Handrücken über die Stirn.
    Jil half ihr, die restlichen Gläser im Wagen zu verstauen. Die beiden Bienenstöcke waren der ganze Reichtum der Familie Tevell. Sie versorgten sie mit Honig, und Dana verkaufte ihre selbst gezogenen Kerzen jede Woche auf dem kleinen Marktplatz von Garnick. Sie verdiente weniger Geld als Jil mit der Stehlerei. Sie wusste, dass es ihre Schwester störte.
    Sie verließen den Hof, als die Sonne hoch am Himmel stand. Es war doch noch ein schöner Tag geworden, aber nicht besonders warm. Ein angenehm kühler Wind streifte durch die Gassen.
    Der Marktplatz von Garnick lag nicht mehr als zwei Meilen entfernt, sodass sie den schweren Karren nicht allzu weit ziehen mussten. Trotzdem war der Weg beschwerlich, denn weder die Straßen noch der Marktplatz von Garnick waren asphaltiert oder gepflastert. Große und kleine Steine, Löcher und Erhebungen ließen die Gläser unter der Plane beängstigend klirren. Als sie den Marktplatz erreicht hatten, stand Dana der Schweiß auf der Stirn. Sie war nicht besonders sportlich. Jil fragte sich, wie sie es bloß schaffte, diesen beschwerlichen Weg Woche für Woche allein zurückzulegen.
    Dana hatte einen kleinen Klapptisch im Karren verstaut. Sogleich machte sie sich daran, ihre Waren darauf aufzubauen. Ein kleiner befleckter Sonnenschirm mit roten Streifen schützte die empfindlichen Bienenwachskerzen vor der Sonne. Sie waren nicht allein, auch andere Bauern und Händler waren gekommen, um ihre Waren feilzubieten. Eine Mannigfaltigkeit verschiedener Gerüche hüllte Jil ein.
    »Lederriemen und Seile! Heute besonders günstig!«
    »Haare schneiden für Damen und Herren! Kommt heran und lasst euch die Haare schneiden!«
    Mit jeder
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