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Lexikon des Unwissens: Worauf es bisher keine Antwort gibt (E-Book zu Print) (German Edition)

Lexikon des Unwissens: Worauf es bisher keine Antwort gibt (E-Book zu Print) (German Edition)

Titel: Lexikon des Unwissens: Worauf es bisher keine Antwort gibt (E-Book zu Print) (German Edition)
Autoren: Kathrin Passig , Aleks Scholz
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zehn Jahren ungefähr dreimal endgültig geklärt, wie Kugelblitze funktionieren. Solche Meldungen sind ein sicheres Zeichen für das Vorhandensein von Unwissen.
    Warum hört man so viel über Wissen, aber viel weniger über Unwissen?
    Ein Grund ist sicherlich die Arbeitsweise des Wissenschaftlers: Um sich nicht in haltlosen Spekulationen zu verzetteln, muss er sich an das halten, was er schon weiß, und steht daher sozusagen mit dem Rücken zum Unwissen. Nur ab und zu dreht er sich um, damit er nicht ganz aus den Augen verliert, worum es ihm eigentlich geht – um die Aufklärung von Unwissen nämlich. Diese Momente sind es, denen man nachspüren muss, wenn man nach Unwissen sucht.
    Es gibt aber noch andere Ursachen für die Vernachlässigung des Unwissens in der öffentlichen Berichterstattung: Journalisten berichten lieber von abgeschlossenen Forschungsarbeiten und von neuen Erkenntnissen. Die Überschrift «Nichts Neues vom X» ist deutlich unbeliebter als «Rätsel um X endlich gelöst». Zudem lassen sich konkrete Ergebnisse ohne viel Mühe aus den Pressemitteilungen der Forschungsinstitute übernehmen, während Unwissen rechercheintensiv und damit teurer ist. Und nicht zuletzt ist es viel angenehmer, die Illusion zu pflegen, wir wüssten bereits alles Wesentliche. Dabei kann sich diese Vorstellung als ausgesprochen hinderlich erweisen. So riet der Physikprofessor Philipp von Jolly dem jungen Max Planck 1874 von einem Studium der Physik ab, da in dieser Wissenschaft schon fast alles erforscht sei – zum Glück ignorierte Max Planck seinen Rat und lieferte wenige Jahre später den Anstoß zur Entwicklung der Quantentheorie, eine Revolution der modernen Physik.
    An einigen wenigen Stellen wird Unwissen aber auch ganz konkret erforscht. Das «unbekannte Unwissen» hat sich Donald Rumsfeld – obwohl es ihm zuzutrauen wäre – nicht einfach ausgedacht. Es handelt sich um ein in der militärischen Theorie wohlbekanntes Problem, das die US Army auf den Namen «unk-unk» (von unknown unknown) getauft hat. Im Krieg kann man vieles nicht vorhersehen und muss daher alles einkalkulieren, auch das Unkalkulierbare. Versäumnisse können peinlich und teuer werden. Aus dem gleichen Grund unterhält auch die NASA eine «Lessons-Learned»-Datenbank, damit Fehler aufgrund von unerkanntem Unwissen wenigstens nur einmal und nicht mehrfach gemacht werden. Diese Hinweise auf Versuche, das Unwissen zu zähmen, verdanken wir dem interdisziplinären Forschungsprojekt «Nichtwissenskulturen», das von 2003 bis 2007 an der Universität Augsburg durchgeführt wurde.
    Gibt es mehr Unwissen als Wissen? Ist vielleicht alles Unwissen?
    Vor etwa 300 Jahren meinte Isaac Newton zur Klärung dieser Frage Folgendes: «Was wir wissen, ist ein Tropfen. Was wir nicht wissen, ist ein Ozean.» Nun hat sich seit Newtons Zeiten einiges verändert, die Menge an Unwissen jedoch ist nicht entscheidend geringer geworden. Sobald man an einer Stelle einmal besser Bescheid wusste, ergaben sich sofort neue offene Fragen. Trotzdem sollte man daraus nicht gleich schlussfolgern, dass jede Information unsicher ist und in der Zukunft durch neue Erkenntnisse ersetzt werden wird. Man darf die Wissenschaften nicht unterschätzen. Die Situation lässt sich eher wie folgt zusammenfassen: Wir verfügen zweifellos bereits über beträchtliches Wissen, das kaum infrage zu stellen ist. (Vielleicht nicht jeder Einzelne von uns, aber doch die Menschheit als Ganzes.) Auf der anderen Seite gibt es weiterhin eine Vielzahl hochinteressanter und wichtiger ungeklärter Probleme, die einigen von uns täglich zu schaffen machen. Aber man muss das positiv sehen, schließlich wollen auch in der Zukunft noch Menschen dafür bezahlt werden, in Labors zu stehen und sich ratlos am Kopf zu kratzen.
    Wie kommt die Auswahl der Themen zustande?
    Im Juli 2005 veröffentlichte das Wissenschaftsmagazin Science , eine Kapazität in Unwissensfragen, eine Liste der 125 großen Fragen für die Forschung im 21. Jahrhundert. Nur etwa 15 dieser Fragen tauchen im «Lexikon des Unwissens» auf. An ihrer Seite findet man hier Dinge, die eher selten das Licht der Öffentlichkeit sehen, beispielsweise den Rattenkönig. Das liegt zum einen daran, dass es viel mehr Unwissen auf der Welt gibt, als in ein einziges Buch passt, der Verlag aber aus verständlichen Gründen nicht gleich eine 24-bändige Enzyklopädie herausbringen wollte. Zum anderen sind die Themen nur teilweise nach Relevanz ausgewählt, teilweise
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