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Lexikon des Unwissens: Worauf es bisher keine Antwort gibt (E-Book zu Print) (German Edition)

Lexikon des Unwissens: Worauf es bisher keine Antwort gibt (E-Book zu Print) (German Edition)

Titel: Lexikon des Unwissens: Worauf es bisher keine Antwort gibt (E-Book zu Print) (German Edition)
Autoren: Kathrin Passig , Aleks Scholz
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Zum Beispiel Igel.
    Warum sind ein bis zwei Fehler im Buch?
    Das Lexikon des Unwissens enthält Fehler, weil Fehler für die menschliche Erkenntnis von großem Wert sind. Zwei Arten Fehler sind nicht vermeidbar. Zum einen handelt sich es sich dabei um Fehler durch Vereinfachung. Viele komplizierte Sachverhalte lassen sich nur verständlich darstellen, wenn man bildliche Vergleiche wählt, die streng genommen ungenau sind. Aber ohne solche Hilfsmittel wäre das Buch unlesbar. Zum anderen enthält dieses Buch mit großer Sicherheit Annahmen und Behauptungen, die man in naher oder ferner Zukunft als falsch erkennen wird. Von diesen Irrtümern ahnen aber heute weder wir noch die Experten etwas. Abgesehen von diesen zwei Ungenauigkeiten gibt es im Lexikon des Unwissens vermutlich aber auch richtige, echte Fehler, Dinge, die nicht wahrscheinlich falsch sind, sondern ganz sicher. Trotz sorgfältiger Kontrolle und Beratung durch Experten lassen sich solche Sachfehler nicht immer vermeiden, und sie sind allein unsere Schuld. Wir bitten vorsorglich um Verzeihung und außerdem um Benachrichtigung unter [email protected] , sodass Fehler in künftigen Auflagen korrigiert werden können.

Aal
AALST (n.) One who changes his name to be further to the front
Douglas Adams: «The Meaning of Liff»
    Aale schaffen es seit Jahrhunderten geschickt, ihre Lebensverhältnisse vor uns geheimzuhalten. Dabei kennt sie jeder, man kann sie an vielen Orten ansehen (zumindest geräuchert), und es gibt auch keinen Mangel an ambitionierten Aalforschern. Aristoteles zum Beispiel interessierte sich sehr für diese Fische, die zu seiner Zeit noch nicht mal als Fische galten, sondern als eine Art Würmer, die, so glaubte Aristoteles, aus dem Schlamm des Flussbodens schlüpfen. Bis weit in die Neuzeit hinein waren nicht wesentlich weniger absurde Theorien im Umlauf; so wurde noch 1858 behauptet, dass sich Aale bei der Fortpflanzung spindelförmig um einen Schilfhalm legen und sich durch dessen Schwingungen anregen lassen. Immerhin wusste man frühzeitig von der Aalwanderung: Erwachsene Aale schwimmen flussabwärts ins Meer, und junge kommen aus dem Meer nach, was den Schluss nahelegt, dass die Fortpflanzung im Meer stattfindet. Wo, wann und wie das geschieht, das sind die Fragen, die alle Aalinteressierten seitdem beschäftigen.
    Mühsam kam die Aalforschung in den letzten dreihundert Jahren voran. Im Jahr 1777 entdeckte der Italiener Carlo Mondini die Eierstöcke des Aals und wies damit nach, dass das Aalweibchen wie jeder andere vernünftige Fisch zur Arterhaltung Eier legt. Knapp hundert Jahre dauerte es, bis die männlichen Geschlechtsorgane gefunden wurden. Der Triester Biologe Simon von Syrski spürte zwei dünne Lappenorgane auf und identifizierte sie korrekt als die Hoden des Aals. Rätselhaft jedoch für die damalige Forschung: Sie enthielten keinerlei Sperma. Mit den Hoden der Aale befasste sich in derselben Zeit auch Sigmund Freud, damals noch Student der Zoologie. Praktisch in Akkordarbeit zerschnitt Freud etwa 400 Aale auf der Suche nach dem männlichen Geschlechtsorgan. Manche glauben, dass er damit seine sexuellen Probleme bewältigte: Mit der Tötung des phallusförmigen Aals kastrierte Freud symbolisch nicht nur seine Konkurrenten, sondern auch (400-mal) den eigenen Vater – der unschuldige Aal als Opfer des Ödipuskomplexes. Für die Zoologie jedoch brachte Freuds Aalmassaker keine neuen Erkenntnisse.
    Gegen Ende des 19. Jahrhunderts kam man einen Schritt weiter. Die Biologen Yves Delage und Giovanni Batista Grassi zeigten schlüssig, dass es sich bei einem durchsichtigen, flachen Meereslebewesen namens Leptocephalus brevirostris , bis dahin als eigenständige Art geführt, um die Larve des Flussaals handelt. Vor allem dem Dänen Johannes Schmidt ist die Aufklärung der Herkunft dieser Larven zu verdanken. In den ersten drei Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts unternahm er aufwendige Expeditionen, die ihn hinaus in den Atlantik führten. Schmidt verfolgte die kleinen Aale rückwärts; er fuhr immer weiter Richtung Amerika und fand immer kleinere Larven, die allerkleinsten schließlich in der Sargassosee, südlich der Bermudainseln. Diese Tiefseegegend, auch als Bermudadreieck bekannt und berüchtigt für rätselhafte Schiffsuntergänge und Flugzeugabstürze, gilt seitdem als Geburtsort der Europäischen Flussaale. Seltsam genug, dass niemand je versucht hat, einen Zusammenhang zwischen Schiffsunglücken und Aalfortpflanzung
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