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Lewis, Michael

Lewis, Michael

Titel: Lewis, Michael
Autoren: The Big Short
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geführten Wall-Street-Unternehmen automatisch staatliche Garantien
gebe. Als aber die Hölle losbrach, der Markt zum Erliegen kam und Stimmen laut
wurden, die es als Dummheit einstuften, den Zusammenbruch von Lehman Brothers
zuzulassen, änderten sie ihre Darstellung und behaupteten, ihnen hätte die
rechtliche Handhabe gefehlt, die Bank zu retten. Als einige Tage später AIG
Insolvenz anmeldete oder es versuchte, gewährte das US-Finanzministerium dem
Versicherungskonzern einen Kredit über 86 Milliarden US-Dollar, um dessen
Verluste aus Spekulationen mit Subprime-Hypothekenanleihen abzudecken. Dieses
Mal stellte das Finanzministerium hohe Forderungen für den Kredit und übernahm
einen Großteil der Aktienanteile. Als Washington Mutual folgte, verstaatlichte
das Finanzministerium das Finanzunternehmen ohne große Umschweife und ließ
Gläubiger wie Aktionäre leer ausgehen. Beim Zusammenbruch von Wachovia
drängten Finanzministerium und der US-Einlagensicherungsfonds FDIC die
Citigroup, die Bank zu kaufen — wieder zu einem Ramschpreis und mit einer
staatlichen Garantie auf faule Papiere.
    Für
die Lösung der Finanzkrise waren selbstverständlich dieselben Leute zuständig,
die sie nicht hatten kommen sehen: US-Finanzminister Henry Paulson, der
zukünftige US-Finanzminister Timothy Geithner, US-Notenbankpräsident Ben
Bernanke, Goldman-Sachs-Chef Lloyd Blankfein, Morgan-Stanley-Chef John Mack,
Citigroup-Chef Vikram Pandit und so weiter. Manche Chefs von Wall-Street-Unternehmen
wurden wegen ihrer Rolle bei der Subprime-Hypothekenkatastrophe gefeuert, aber
die meisten behielten ihren Posten. Und ausgerechnet sie waren maßgeblich an
den Beratungen hinter verschlossenen Türen darüber beteiligt, was als Nächstes
geschehen sollte, und zwar gemeinsam mit einigen Staatsbediensteten, die wesentlich
besser über die Machenschaften der Wall-Street-Unternehmen hätten Bescheid
wissen müssen, als sie es getan hatten. Ihnen allen war eines gemeinsam: Sie
hatten sich als erheblich weniger fähig erwiesen, zentrale Grundwahrheiten des
US-Finanzsystems zu erkennen, als ein einäugiger Finanzmanager mit
Asperger-Syndrom.
    Ende
September 2008 überzeugte der US-Finanzminister Henry Paulson den Kongress,
dass er 700 Milliarden US-Dollar brauchte, um Banken Subprime-Hypothekenpapiere
abzukaufen. So entstand das US-Bankenrettungspaket Troubled Asset Relief
Program, kurz TARP. Sobald das Geld bewilligt war, gab Paulson seine
abgesegnete Strategie auf und begann im Grunde, Milliarden US-Dollar an
Citigroup, Morgan Stanley, Goldman Sachs und einige andere zu verteilen, die
durch unnatürliche Auswahl ausersehen wurden, zu überleben. So zahlte die
US-Regierung die 13 Milliarden US-Dollar, die AIG Goldman Sachs aufgrund der
Spekulationen auf Subprime-Hypothekenkredite schuldete, in vollem Umfang aus:
100 Cent pro US-Dollar. Diese fantastischen Geschenke - und die implizit damit
verbundenen staatlichen Garantien - verhinderten nicht nur den Zusammenbruch
von Wall-Street-Unternehmen, sondern ersparten es ihnen auch, die Verluste
ihrer Subprime-Hypothekenportfolios offenzulegen. Dennoch musste die Citigroup
sich nur wenige Wochen, nachdem sie die ersten 25 Milliarden US-Dollar an
Steuergeldern erhalten hatte, wieder an das US-Finanzministerium wenden und
eingestehen, dass die Märkte leider noch immer kein Vertrauen in den Bestand
der Citigroup hatten. Als Reaktion darauf bewilligte das Finanzministerium am
24. November weitere 20 Milliarden US-Dollar aus dem TARP-Etat und gab
schlichtweg Garantien für Citigroup-Aktiva von 306 Milliarden US-Dollar. Dafür
verlangte es keinen Anteil an den Entscheidungen, keine Veränderungen im
Management oder irgendetwas, außer einigen wenigen aus dem Geld befindlichen
Optionen und Vorzugsaktien. Die 306 Milliarden US-Dollar an Garantien -
annähernd 2 Prozent des Bruttoinlandsprodukts der USA oder die Etats für
Landwirtschaft, Bildung, Energie, Innere Sicherheit, Wohnungsbau und
Stadtentwicklung und Verkehr im US-Bundeshaushalt - wurden unverhohlen als
Geschenk deklariert. Das Finanzministerium erklärte nicht einmal, worin die
Krise bestand, sondern sagte einfach, die Maßnahme erfolge als Reaktion auf
den »fallenden Aktienkurs« der Citigroup.
    Mittlerweile
war klar, dass die 700 Milliarden US-Dollar nicht ausreichen würden, um die
notleidenden Wertpapiere in den Griff zu bekommen, die Bondhändler der Wall
Street in den vorangegangenen Jahren angehäuft hatten. Nun entschloss sich
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