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0835 - Geheimnis eines Toten

0835 - Geheimnis eines Toten

Titel: 0835 - Geheimnis eines Toten
Autoren: Christian Montillon
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»Audrey. Einfach nur Audrey.« Die schwarzhaarige Frau mit den tiefblauen Augen und den Brüsten, die ihr schon so manche Tür geöffnet hatten, stützte das Kinn auf die Handflächen und lächelte.
    »Einfach nur Audrey«, wiederholte ihr Gegenüber. Er war der seltsamste Mann, dem sie jemals begegnet war. Zumindest nahm sie an, dass es sich um einen Mann handelte. Denn sie sah ihn nicht - oder genauer gesagt, sie sah nichts von seinem Leib oder seinem Gesicht. Weite Kleidung kaschierte seine Körperformen, und er trug einen Hut, der seine Gesichtszüge beschattete.
    Doch konnte das überhaupt sein? Bei den Lichtverhältnissen hier in der Kneipe war es doch unmöglich, dass er derart im Dunkeln saß… Selbst wenn sich die Lampe direkt über ihm befunden hätte - was nun einmal nicht der Fall war - und die Krempe des Hutes deshalb vollen Schatten nach unten geworfen hätte, müsste sie ihn doch erkennen können!
    »Was wollen Sie von mir?«, fragte sie, und es war ihr leicht unbehaglich zumute. Sie setzte sich aufrecht; die lässige Körperhaltung erschien ihr nicht mehr angemessen.
    »Audrey«, sagte er leise - ja, eindeutig, es war eine Männerstimme. Ein tiefes, wohlklingendes Timbre. »Audrey, Audrey«, wiederholte er dann. »Dies ist nicht die richtige Umgebung, das zu besprechen.«
    Sie versteifte sich. »Man hat Ihnen vielleicht nicht gesagt, dass ich für… nennen wir es beim Namen… für Sexjobs nicht zur Verfügung stehe. Ich diene der Unterhaltung der Gäste. Nichts weiter.«
    Ein Lachen antwortete ihr. Eigenartig, jetzt hätte Audrey geschworen, es handele sich um das Lachen einer Frau.
    Zumindest war die Stimme heller als noch vor wenigen Sekunden. Sie stellte sich vor, dass er weiche, weiblich anmutende Gesichtszüge besaß, eine kleine Nase, sanft geschwungene Wangenknochen - und feine, glänzende Haare, womöglich weißblond, passend zu heller Haut, die von Sonnensprossen übersät war. Der softe Typ Mann, obwohl sein geheimnisvolles Auftreten gar nicht dazu passte.
    Ihr Gegenüber bewegte sich, und es schien ihr, als wandere der Schatten mit dem Gesicht, als flimmere die Dunkelheit für eine Sekunde, ehe sie sich wieder intensivierte.
    »Was ist das für ein Trick?«, fragte sie.
    »Trick? Wovon reden Sie?«
    »Ihr Gesicht. Es - es ist nicht zu erkennen. Das gibt es doch nicht. Es ist…«
    »Schätzchen, wovon reden Sie?«, fragte der andere süffisant.
    Audrey rann ein Schauer über den Rücken. Plötzlich sah sie ihr Gegenüber genau. Helles blondes Haar, das bis auf die Schultern fiel. Gesichtszüge so weich, dass sie schon fast wie die Karikatur eines Softies wirkten. Braune Reh äugen, die eher zu einer Frau gepasst hätten.
    Audrey musterte die Mimik, die wei chen Linien der Wangenknochen. Genau wie ich es mir vorgestellt habe, durchzuckte es sie. Ihr Herz begann rascher zu schlagen. Was ging hier vor sich?
    »Dies ist nicht der richtige Ort«, wiederholte der andere, und da war etwas in seiner Stimme… etwas Zwingendes… etwas, das Audreys gesunden Menschenverstand wegspülte… Jedes Misstrauen schwand. Wie hatte sie nur an der reinen Absicht des anderen zweifeln können?
    »Natürlich nicht«, sagte sie und fragte sich in einem kleinen, verborgenen Winkel ihres Verstandes, ob tatsächlich sie es gewesen war, die diese beiden Worte gesprochen hatte.
    »Komm, Audrey«, meinte ihr Gegenüber, dessen Gesicht wieder in der Dunkelheit verschwunden war, und erhob sich. Zielstrebig näherte er sich dem Ausgang der Kneipe.
    »He!«, rief der Wirt von seinem Platz hinter der Theke aus. »Sie können nicht einfach gehen!« Seine Stimme wurde eine Nuance schärfer. »Wie wäre es mit bezahlen? Schon mal davon gehört?«
    Der Geheimnisvolle wandte sich um. »Ich habe längst bezahlt«, sagte er leise und freundlich.
    »Sie haben längst bezahlt«, wiederholte der Wirt.
    Dann folgte Audrey dem Unbekannten…
    ***
    »Darf ich vorstellen: Professor Zamorra, groß, durchtrainiert, dunkelblond, Meister des Übersinnlichen und Bezwinger der Höllenmächte - und ein verschlafener Kerl!«
    Zamorra schlug die Augen auf. Er erkannte die zynische Stimme sofort. Er liebte sie.
    Normalerweise.
    Jetzt nicht, denn jetzt wollte er weiterschlafen. Er war hundemüde. Dennoch blieb ihm nichts anderes übrig, als die Augen auf zuquälen und die Frau anzublicken, die er ebenso liebte wie ihre Stimme.
    Nicole Duval, Geliebte und stete Begleiterin bei der Dämonenjagd in einer Person. Sie besaß die schönsten braunen
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