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Lewis, CS - Narnia 5

Lewis, CS - Narnia 5

Titel: Lewis, CS - Narnia 5
Autoren: Die Reise auf der Morgenroete
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mich vorhin benommen habe. Mein Zorn und meine Prahlerei haben zu nichts geführt. Aslan hat zu mir gesprochen. Nein–ich meine damit nicht, daß er wirklich hier war. Er würde ja gar nicht in die Kabine passen. Aber dieser goldene Löwenkopf an der Wand ist zum Leben erwacht und sprach zu mir. Es war schrecklich–seine Augen! Nicht, daß er böse zu mir gewesen wäre–nur am Anfang ein wenig streng. Trotzdem war es schrecklich. Und er sagte … er sagte … oh, ich kann es nicht ertragen. Das Schlimmste, was er sagen konnte. Ihr müßt weiterrudern–Riep und Edmund und Lucy und Eustachius; und ich muß zurück. Allein. Und sofort. Wozu soll das bloß gut sein?«
    »Kaspian, mein Lieber«, sagte Lucy. »Du wußtest doch, daß wir früher oder später in unsere Welt zurückmüssen!«
    »Ja«, sagte Kaspian. »Aber dies ist früher!«
    »Du wirst dich besser fühlen, wenn du zum Lande Ramandus zurückkehrst«, sagte Lucy.
    Ein Weilchen später wurde er wieder etwas fröhlicher, aber auf beiden Seiten war es ein kummervoller Abschied, und ich will nicht viel darüber sagen. Gut ausgerüstet mit Lebensmitteln und Wasser (obwohl sie der Ansicht waren, sie brauchten weder zu essen noch zu trinken) und mit Riepischieps Weidenboot an Bord, legte das Boot etwa um zwei Uhr nachmittags von der »Morgenröte« ab, um durch den endlosen Lilienteppich zu rudern. Als letzten Gruß zeigte die »Morgenröte« all ihre Flaggen, und die Schilde der Männer wurden hinausgehängt. Von ihrem kleinen Boot aus, umgeben von all den Lilien, erschien ihnen die »Morgenröte« hoch und breit und heimelig. Sie waren noch recht nah, als sie sahen, wie das Schiff wendete und langsam nach Westen gerudert wurde. Aber obwohl Lucy ein paar Tränen vergoß, war sie noch nicht so traurig, wie man vielleicht erwartet hätte. Das Licht, die Stille, der prickelnde Duft des Silbermeeres und (eigenartigerweise) sogar die Einsamkeit selbst war zu aufregend.
    Sie mußten nicht rudern, denn die Strömung trieb sie stetig nach Osten. Keiner von ihnen aß oder schlief. Die ganze Nacht und den ganzen nächsten Tag über bewegten sie sich in Richtung Osten, und als der dritte Tag anbrach–mit einer Helligkeit, die weder ihr noch ich ertragen könnten, selbst wenn wir eine dunkle Brille aufhätten–, sahen sie vor sich ein Wunder. Es war, als stünde eine Mauer zwischen ihnen und dem Himmel, eine grüngraue, zitternde, schimmernde Wand. Dann stieg die Sonne auf, und schon beim ersten Auftauchen sahen die vier sie durch die Wand hindurch, und die Wand leuchtete in herrlichen Regenbogenfarben auf. Da wußten sie, daß die Wand in Wirklichkeit eine lange und hohe Welle war–eine Welle, die für immeran einer Stelle steht, so, wie man es oft an der Kante eines Wasserfalls sieht. Sie schien etwa zehn Meter hoch zu sein, und Edmund, Lucy, Eustachius und Riepischiep wurden von der Strömung rasch darauf zugetrieben. Man sollte meinen, sie dächten daran, wie gefährlich das werden konnte. Aber das taten sie nicht. Ich glaube nicht, daß dies irgend jemand in ihrer Lage getan hätte. Denn nicht nur hinter der Welle, sondern auch hinter der Sonne sahen sie jetzt etwas. Wenn das Wasser des letzten Meeres nicht ihre Augen gestärkt hätte, dann hätten sie nicht einmal die Sonne gesehen. Aber jetzt konnten sie die aufgehende Sonne betrachten, und gleichzeitig die Dinge dahinter erkennen. Was sie erblickten–im Osten, hinter der Sonne–, war ein Bergzug. Er war so hoch, daß sie seinen Gipfel entweder nie gesehen haben oder es später vergaßen. Keiner von ihnen erinnerte sich, darüber den Himmel gesehen zu haben. Und die Berge müssen wirklich außerhalb dieser Welt gewesen sein. Denn jeder Berg, der auch nur ein Viertel oder ein Zwanzigstel dieser Höhe hat, müßte eigentlich von Schnee und Eis bedeckt sein. Aber diese Berge waren warm und grün und bedeckt mit Wäldern und Wasserfällen, wie hoch man auch schauen mochte. Und plötzlich kam ein Wind von Osten, verwarf die Kante der Wand vor ihnen zu schaumigen Formen und wirbelte das ruhige Wasser um sie herum auf. Er dauerte nur eine Sekunde oder so, aber was der Wind in dieser Sekunde mit sich gebracht hatte, das vergaß keines der drei Kinder. Er brachte einen Duft und einen Klang–eine Musik. Edmund und Lucy sprachen später nie darüber. Lucy sagte nur: »Es brach einem das Herz.«–»Warum?« fragte ich. »War es so traurig?«–»Traurig? Nein!!« sagte Lucy.
    Niemand im Boot bezweifelte, daß sie über
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