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Leute, das Leben ist wild

Titel: Leute, das Leben ist wild
Autoren: Alexa Hennig Lange
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gemacht. Warum bist du überhaupt zu mir zurückgekommen?«
    »Weil ich ein schlechtes Gewissen hatte. Ich dachte, du bist traurig, wenn ich dich verlasse.«
    Arthur starrt mich mit offenem Mund an. »Wow! Danke, sehr schmeichelhaft!«
    Leute, ich weiß! Gerade bin ich definitiv zu weit gegangen. Ganz so ist es ja auch nicht gewesen, wie ich gerade behauptet habe. Ich bin bei Arthur geblieben, weil ich mir ein Leben ohne ihn nicht vorstellen kann, auch, wenn mich alles, fast alles, was er tut, überfordert. Ich ziehe eine entschuldigende Grimasse, weil ich mich echt schäme, und hebe hilflos die Arme. »Tut mir leid. Ich will doch gar keinen anderen Freund als dich.«
    Arthur nickt vor sich hin und lehnt sich mit vor der Brust verschränkten Armen an meinen Schreibtisch. Er
sieht wirklich gut aus. Seine Unterarme sind ziemlich muskulös und sein Gesicht ist so schön geschnitten - mit der schmalen Nase, den grünen Augen und der gebräunten Haut. Nie soll er ein anderes Mädchen küssen. Er seufzt und sieht mich mit hochgezogenen Augenbrauen an. »Lelle, am Ende musst du wissen, ob du mit meinem Leben, so, wie ich es führe, zurechtkommst. Denn ich werde es nicht ändern.«
    »Das heißt: Entweder ich lebe nach deinen Vorgaben oder ich trenne mich besser von dir?«
    »Jep.«
    Jetzt muss ich aber doch schlucken. »Liebst du mich nicht?«
    Arthur stößt sich vom Tisch ab und kommt langsam auf mich zu. Dicht vor mir bleibt er stehen und nimmt mein Gesicht in seine warmen Hände. Mit seinen Daumen streicht er sanft über meine Augenbrauen und sieht mich durchdringend an. Er flüstert: »Mehr als mein Leben. Aber nicht mehr als unseren Planeten.«
    Großartig! Jetzt muss ich es sogar schon mit unserem Planeten aufnehmen. Faszinierend! Ich halte seinem Blick stand, und es ist, als würden wir in diesem Moment miteinander verschmelzen, so nah waren wir uns noch nie. Und doch war das, was Arthur eben gesagt hat, eindeutig. Es ist aus. Wir wissen zwar, dass wir zusammengehören, und weil das eben so ist, will Arthur alle Freiheit dieser Welt, weil wir sowieso immer wieder zueinanderfinden, ohne es zu erzwingen, ohne es abzusprechen, weil wir einfach miteinander verbunden sind, auf einer Ebene, die sich nicht benennen lässt. Aber im Gegensatz zu Arthur vertraue ich dieser Ebene nicht. Ich möchte gerne wissen, woran ich bin. Arthur würde sagen:
»Aber das weißt du doch.« Und ich würde sagen: »Nee, weiß ich nicht. Du läufst ja ständig weg.« Und er würde sagen: »So bin ich eben. Ein Einzelgänger.«
    Im Grunde genommen ist Arthur auf seine Art ziemlich autoritär. Der will, dass die Sachen so laufen, wie er sich das vorstellt. Er hat einen hohen moralischen Anspruch. Und er lässt sich nicht einfangen. Wenn ich damit klarkomme, okay. Aber ich glaube, ich wünsche mir was anderes, obwohl ich Arthur liebe. Ich liebe ihn mehr als mein Leben. Aber nicht mehr als die Gleichberechtigung. Obwohl Arthur behaupten würde, dass er die auch liebt. Sie hat für ihn bloß eine völlig andere Bedeutung: vollkommen frei zu sein.
    Ich räuspere mich und sage: »Ich muss los.«
    Arthur lässt seine Arme sinken. »Wohin?«
    »Ich bin noch verabredet.«
    »Kannst du das nicht absagen? Ich fahre morgen.«
    Ha! Genau das meine ich. Er fährt morgen, also soll ich mich nicht verabreden. Ich schüttele bockig den Kopf. Wenn ich eins bei Arthur gelernt habe, dann das Loslassen. Auch wenn ich jetzt gerne bei ihm wäre, sage ich nichts mehr wegen ihm ab, das würde mich in eine schwächere Position bringen. Ich schiebe mich tapfer an ihm vorbei, raus in den Flur.
    Meine Mutter und Samuel kommen mit betretenen Gesichtern aus dem Garten ins Wohnzimmer. Ich hebe meine Hand. »Hallo.«
    Meine Mutter hat wieder eins von ihren Sommerkleidern an und ruft etwas zu fröhlich: »Hallo, mein Kätzchen. Hast du Hunger?« Die obligatorische Frage meiner besorgten Mutter. Offenbar kommt sie langsam wieder zu sich und findet zurück zum Mutterinstinkt.

    »Nein, danke!«
    Bloß schnell weg, bevor sie mich noch fragt, was ich heute schon alles gegessen habe. Ich müsste lügen. Ehrlich gesagt: Ich habe noch gar nichts gegessen. Außerdem will ich mich nicht noch in deren Angelegenheiten verwickeln lassen. Samuel sieht nicht gerade frisch aus. Ich darf nur nicht vergessen, nachher meiner Mutter die welterschütternde Neuigkeit von Papa auszurichten. Alles zu seiner Zeit. Jetzt bin erst mal ich dran. Eilig öffne ich die Haustür, Arthur kommt mir hinterher
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