Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Leuchtfeuer Der Liebe

Leuchtfeuer Der Liebe

Titel: Leuchtfeuer Der Liebe
Autoren: authors_sort
Vom Netzwerk:
Weg genau studiert hatte, den ein Schiff nehmen musste. Er wusste, wo die Untiefen lagen und welchen Verlauf die Fahrrinne nahm.
    Er musste es tun.
    Er blieb noch einen Moment am Geländer stehen in Regen und Sturm, die ihm ins Gesicht peitschten, überwältigt von der Tragweite seiner Entscheidung.
    Dann trat er in den Lampenraum, betrachtete die rotierende Linse, die vielen Schichten geschliffener Gläser, die ihn so lange gefangen gehalten hatten, so wie sie das Licht im Inneren ihres Facettenkäfigs gefangen hielten. Dann streckte er die Hand aus, griff ruhig in die Lampe und löschte das Licht.

23. KAPITEL
     
    I n einer Kabine des Schoners Trident hielten Mary und Annabelle einander umklammert, während die aufgewühlte See das Schiff gnadenlos hin und her schleuderte. Nur Davy nahm das Abenteuer gelassen und schlief selig in seine Decken gewickelt auf einer Koje.
    „Es tut mir Leid", wiederholte Annabelle immer wieder. „Es tut mir so Leid."
    „Schweigen Sie", befahl Mary. „Ich weiß, wozu Granger eine Frau bringen kann. Ich mache Ihnen keinen Vorwurf, und Jesse wird Ihnen verzeihen."
    Der Schoner wurde immer heftiger durch die Wellenberge und Täler geworfen, und Mary fragte sich bang, ob sie Jesse jemals wiedersehen würde. Die vier Männer der Besatzung bemühten sich nach besten Kräften, die schlingernde und ächzende Trident zu manövrieren, doch allmählich wurden ihre Rufe heiser vor Verzweiflung.
    „Ich muss verrückt gewesen sein, auf ihn zu hören." Annabelle verzog schmerzlich das Gesicht, als das Schiff in gefährliche Schräglage ging. Die Messingbeschläge in der Kabine klirrten. „Er klang so überzeugend. Er sagte, wir hätten Anspruch auf das Kind, weil er der Vater sei. Er sagte: ,Wir nehmen sie mit, bis das Baby entwöhnt ist, und dann schicken wir sie einfach wieder weg.'"
    Damit hat er gemeint, er schafft mich beiseite, dachte Mary, ohne den Gedanken laut auszusprechen.
    „Ich sehnte mich so verzweifelt nach einem Baby, dass ich gar nicht auf den Gedanken kam, was eine Mutter durchmacht, der man ihr Kind entreißt."
    „Und sein Vater", fügte Mary hinzu. „Jesse - und kein anderer - ist Davys Vater."
    Durch die Wucht einer Woge, die seitlich gegen den Schiffsrumpf schlug, fielen ein kleiner Tisch und eine Holzkiste um. Mary sah nach dem Baby, das immer noch schlief. Mit einem Schrei klammerte Annabelle sich an ihr fest, als der Inhalt der Kiste sich auf die Schiffsplanken ergoss. Gebündelte Banknoten lagen auf dem Boden verstreut. Ein metallisch glänzender Gegenstand schlitterte über die Planken.
    Annabelle hob ihn hoch. „Eine Pistole."
    Mary erkannte die Smith & Wesson am Perlmuttgriff. Eine lähmende Starre hatte sie ergriffen, als der kalte Lauf der Waffe sich in ihre Schläfe gebohrt hatte, in jener Nacht, als Granger ihr gedroht hatte, was ihr bevorstehe, wenn sie versuchen würde zu fliehen.
    An Deck wurde die Schiffsglocke geläutet. Mary, die fürchtete, ein Feuer sei ausgebrochen, hastete zur Tür. Oben vom Mitschiffsdeck schrie der Skipper.
    „Sir, das Leuchtfeuer am Cape Disappointment ist ausgegangen!"
    Mary schlug die Hand vor den Mund, um ihren Schrei zu ersticken. Jesse würde niemals das Leuchtfeuer ausgehen lassen.
    „Dann segeln wir im Dunkeln weiter", brüllte Granger.
    „Aber Sir, das ist unmöglich. Wir haben keinen Anhaltspunkt, um die Sandbank zu orten, und werden sicher auf Grund laufen."
    Mary schlug die Tür zu. Annabelle sollte besser nichts von der Gefahr erfahren, sie war ohnehin am Rande eines Zusammenbruchs. Sie schloss die Augen zum Gebet, konnte aber nur an Jesse denken. Hätte sie nur auf ihn gehört. Er hatte immer versucht, ihr begreiflich zu machen, dass das Leben ein Kampf ist, den zu meistern ein schlagfertiges Mundwerk und ein sonniges Gemüt nun mal nicht ausreichten. Wenn sie weniger verträumt, weniger leichtfertig gewesen wäre, hätte sie rechtzeitig erkannt, wie gefährlich Granger wirklich war.
    „Du hattest Recht, Liebster", flüsterte sie. „Ich habe es nur zu spät begriffen."
    Sekunden später stürmte Granger in die Kabine. „Dein idiotischer Ehemann treibt ein böses Spiel mit mir", schrie er völlig aufgebracht.
    Sie blickte ihm unverwandt in die Augen, wie in jener Nacht, bevor sie aus San Francisco geflohen war. „Du bist ein toter Mann", sagte sie eisig.
    Seine Hand schnellte vor und schob sich in ihr Haar. „Wenn das so ist, wirst du mit mir zur Hölle fahren."
    Die Sturmlampe im Bug des Lotsenbootes
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher